UNIFIL-Mission im Libanon Was machen die UN-Soldaten im Libanon?
Eigentlich soll die UNIFIL-Mission im Libanon den Frieden wahren - doch die Blauhelme geraten zunehmend zwischen die Fronten. Wie stark ist die Truppe? Wer ist daran beteiligt? Und was dürfen und können die Soldaten tun?
Warum gibt es UNIFIL?
Die Abkürzung UNIFIL steht für: United Nations Interim Force in Lebanon. Seit 1978 sind Blauhelmsoldaten im Südlibanon stationiert - also bereits eine sehr lange "Interimszeit". Damals war Israel kurzzeitig in die Region einmarschiert, um palästinensische Terroristen zu vertreiben, die zuvor mehrere Anschläge mit Dutzenden Toten verübt hatten.
Um den Rückzug der Israelis zu bestätigen - die Armee zog sich noch im selben Jahr zurück - und der libanesischen Regierung zu helfen, die Kontrolle über die Region zu erlangen, wurde UNIFIL eingerichtet. Die Mission ist damit einer der ältesten UN-Einsätze und wird jedes Jahr vom UN-Sicherheitsrat erneuert.
Was sind die Aufgaben?
Seit der nach dem Libanon-Krieg von 2006 vom UN-Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution 1701 wurden die Aufgaben der Blauhelmtruppe deutlich erweitert. Sie soll laut UN-Website "die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität im gesamten Südlibanon durch umfassende Verbindungs- und Koordinierungsvereinbarungen" gewährleisten. Es geht also darum, die Einhaltung der Waffenruhe nach dem Libanon-Krieg 2006 zu überwachen.
In der Resolution ist auch das Einsatzgebiet der Friedenstruppen festgelegt: Es wird im Norden durch den Fluss Litani und im Süden durch die Blaue Linie begrenzt. Dies ist eine im Jahr 2000 von den UN festgezogene Demarkationslinie und die de-facto-Grenze zwischen den Ländern.
Die UN-Truppe unterstützt die politisch eher schwache libanesische Regierung dabei, ihre Autorität im Süden des Landes durchzusetzen. Die Region soll als Pufferzone zwischen Israel und der Hisbollah dienen - es soll also keine Kämpfer außer denen der libanesischen Armee und der Blauhelmen dort geben. Außerdem soll UNIFIL helfen, die Seegrenzen zu sichern und den Waffenschmuggel zu verhindern.
Dennoch konnte die Terrormiliz Hisbollah in den vergangenen Jahren ein enormes Arsenal von bis zu 150.000 Raketen anhäufen. Ein Großteil dieser Waffen kommt mutmaßlich aus dem Iran, der die Miliz nach Kräften unterstützt. Auch soll die Hisbollah ein großes Tunnelsystem aufgebaut haben, ähnlich dem der Hamas im Gazastreifen. Kritiker monieren daher, dass die UN-Truppe trotz ihrer großen Zahl das Erstarken der Terrororganisation nicht verhindern konnte.
Wer ist daran beteiligt?
Laut UNIFIL-Website sind mehr als 10.000 Soldaten und etwa 800 zivile Mitarbeiter aus 50 Ländern im Einsatz. Unter den europäischen Truppenstellern stellten Italien (1.068), Spanien (676) und Frankreich (673) die meisten Soldaten. Mehr Personal stellte Indonesien (1.231). Auch die Bundeswehr beteiligt sich mit etwa 150 Personen. Gut 40 halten sich im Hauptquartier in Nakura auf, weitere in Jounieh und auf Zypern, so das Einsatzführungskommando Bundeswehr.
Vor allem aber beteiligt sich Deutschland am Marineeinsatz der Mission. Diese umfasst laut Bundeswehr etwa fünf bis acht Kriegsschiffe, unter anderem aus Bangladesch, Griechenland, der Türkei oder Indonesien. Für Deutschland ist die Korvette "Ludwigshafen am Rhein" mit etwa 60 Besatzungsmitgliedern vor Ort. Der gesamte Verband wird von einem deutschen Admiral geführt.
Wo sind sie stationiert?
Das Hauptquartier von UNIFIL befindet sich in der Stadt Nakura. Daneben gibt es mehr als 50 Außenposten zwischen dem Litani-Fluss und der Blauen Linie. Oft befinden sich diese Posten strategisch günstig auf Anhöhen mit guter Sicht - und sind damit interessant für alle kriegführenden Parteien.
Dürfen die Blauhelme auch kämpfen?
Die Truppe ist bewaffnet, kann ihre Waffen im Wesentlichen aber nur zur Selbstverteidigung einsetzen. Das Mandat erlaubt es, in dem Operationsgebiet Patrouillen durchzuführen, sowohl unabhängig als auch gemeinsam mit den libanesischen Streitkräften.
Zudem dürfen die Soldaten auf "Gewalt zurückgreifen, um sicherzustellen, dass ihr Operationsgebiet nicht für feindliche Aktivitäten genutzt wird" - so steht auf der UN-Homepage.
Allerdings kontrollierte die Hisbollah bis vor Kurzem de facto den Süden des Libanons - trotz der Anwesenheit der libanesischen Armee und der UN-Truppen. Auch meldet Israel seit Monaten Raketenbeschuss aus dem Gebiet. Bereits 2022 hieß es in einem Bericht an den Sicherheitsrat, dass die Hisbollah und andere bewaffnete Gruppen fortgesetzt nicht genehmigte Waffen außerhalb der staatlichen Kontrolle behalten haben. Dies wurde als anhaltender, schwerer Verstoß gegen die Resolution gewertet.
Welche Probleme gibt es aktuell?
Israel hatte zuletzt mehrfach UNIFIL-Stellungen beschossen. Dabei wurden auch Blauhelmsoldaten verletzt. Das sorgte international für Empörung. Auch die Bundesregierung kritisierte den Beschuss der UN-Friedenstruppe am Montag scharf und forderte Israel auf, die Hintergründe solcher Vorgänge aufzuklären.
Das israelische Militär erklärte, es habe die UNIFIL-Soldaten in der Gegend von Nakura angewiesen, sich an sichere Orte zu begeben. Dann habe man das Feuer eröffnet, denn Hisbollah-Kämpfer agierten auch von Gebieten, die bei UNIFIL-Stützpunkten lägen. "Unsere Empfehlung lautet, dass die UNIFIL sich fünf Kilometer nach Norden verlegt", erklärte Israels UN-Botschafter Danny Danon am Donnerstag. Damit könnten angesichts der sich intensivierenden Kämpfe "Gefahren vermieden werden". Ministerpräsident Benjamin Netanyahu forderte die UN-Truppe auf, das Gebiet vorübergehend zu verlassen.
Was wirft Israel UNIFIL vor?
Der israelische Ministerpräsident Netanyahu kritisiert, die Terrororganisation Hisbollah nutze die die UN-Truppen als Deckung. Das Militär veröffentlichte zahlreiche Videos und Karten, die belegen sollen, dass die Miliz Raketen nur wenige Meter von UN-Posten entfernt auf Israel abfeuere. Auch seien Waffenlager und Tunnel in der Nähe der UN-Truppen entdeckt worden. Offenbar sei UNIFIL entweder nicht in der Lage oder nicht willens, gegen die terroristische Infrastruktur vorzugehen, hieß es.
Auch Experten gehen davon aus, dass die Hisbollah eigene militärische Infrastruktur in räumlicher Nähe zu UNIFIL-Einrichtungen positioniert - und die UN-Mission keine Handhabe dagegen gefunden hat. Weil die UN-Truppen ihrem Auftrag nicht nachkommen, die Hisbollah in dem Gebiet zu entwaffnen und Angriffe von dort zu verhindern, nimmt Israel das Heft nun selber in die Hand - so sieht es die Netanyahu-Regierung.