Waffen der Hisbollah "Wenn das einschlägt, ist jeder im Raum tot"
Der Norden Israels ist wegen der Angriffe der Hisbollah praktisch unbewohnt. Die Terrorgruppe ist geschwächt, ihr Arsenal aber nach wie vor groß. Die israelische Armee präsentierte beschlagnahmte Waffen.
Odi Arbel sitzt in der Lobby eines Hotels am See Genezareth. Er hat den Kopf über ein Buch gebeugt. "Ich schreibe Tagebuch. Mit Distanz sieht alles anders aus", sagt der Rentner, der seit Monaten hier im Hotel lebt. Er ist aus dem Kibbuz Yiftah nahe der libanesischen Grenze geflohen. Sein Zuhause, in dem er 57 Jahre lang lebte, wurde zur Sperrzone erklärt. Niemand darf rein.
Israel versucht mit Bodentruppen bewaffnete Hisbollah-Kämpfer zurückzudrängen. Die Gefahr für die Einwohner an der Grenze sei groß, sagt Odi. "Ich habe ganz in der Nähe von Yiftah zwei Eingänge von Tunneln gesehen. Es ist ein Urlaubsgebiet. In Stuhla und Metulla gab es mehrere Tunnel. Was in Israel vor einem Jahr passiert ist, war uns eine Lehre. Das können wir nicht ignorieren."
Armee durchkämmt vermintes Grenzgebiet
Israelische Bodentruppen spürten derzeit Tunnel der Hisbollah auf, Waffenverstecke sowie Bunker mehrere Kilometer hinter der Grenze im Südlibanon, sagt Major G. Der Offizier trägt eine schwarze Maske vor dem Gesicht. Als Leiter einer Einheit, die Waffen entschärft und auseinanderbaut, müsse er unerkannt bleiben. Er steht in einem Hangar einer Armeebasis. Am Boden liegen Dutzende Waffen, Sprengsätze, Handgranaten und Raketenwerfer.
Das ist eine Panzerabwehrwaffe mit Laser und Zieloptik, die aus dem Iran stammt. Sie können damit vier Kilometer weit schießen. Mit einem Joystick können sie die Rakete während des Fluges steuern. Er dauert 30 Sekunden. Meistens schießt die Hisbollah auf Wohnhäuser an der Grenze. Wenn das hier einschlägt, ist jeder im Raum tot.
Das israelische Flugabwehrsystem könne nichts dagegen ausrichten, betont der Soldat. Alle Waffen in dem Hangar - insgesamt mehrere hundert - darunter Landminen und Sprengsätze, die als Steine aus Glasfaserkunststoff getarnt sind, stammten aus einem Gebiet bis zu 1,5 Kilometer hinter der Grenze.
Major G. zeigt auf Schriftzeichen auf einigen Raketen: "Hier steht 'geladen' auf Russisch. Das hier ist eine Boden-Luft-Rakete aus Russland. Da drüben Panzerfäuste - alle in Russland produziert." Das heiße nicht, dass Russland die Hisbollah direkt unterstütze, aber die Hisbollah benutze russische Waffen, so Major G.. "Ich würde sagen, 70 Prozent der Munition hier stammt aus Russland, der Rest aus dem Iran."
Hisbollah soll Überfall vorbereitet haben
Seit Jahrzehnten habe die Hisbollah die Waffen gehortet und sich auf einen Überfall auf Israel nach einem ähnlichen Schema wie am 7. Oktober die Hamas vorbereitet, warnt Jossi Kuperwasser. Der ehemalige Armeegeneral arbeitet für das Zentrum für Sicherheit und Auslandsangelegenheiten in Jerusalem: "Die Radwan-Einheiten der Hisbollah-Miliz haben Tunnel entlang der Grenze zu Israel gebaut. Es war alles bereit, um den Angriff zu starten. Das Ziel war, die Region Galiläa zu überfallen und einzunehmen."
Seitdem Israel Hisbollah Anführer-Nasrallah und seinen Nachfolger getötet hat, sei die Terrormiliz geschwächt, sagt Kuperwasser. Allerdings: "Es ist nicht ganz klar, wer gerade bei der Hisbollah die Befehle erteilt. Aber jemand tut es. Das sagt uns, dass immer noch eine Kommandostruktur in der Hisbollah existiert."
Auch habe die Hisbollah noch zehntausende Raketen, darunter Raketen mit großer Reichweite und zielgenauer Steuerung im Arsenal. Sollte sie sich neu organisieren, glaubt Kuperwasser, könne sie gleichzeitig Tausende Raketen auf Zentralisrael abfeuern.