Im Zentrum der Stadt Tote nach israelischen Luftangriffen in Beirut
Erneut hat die israelische Armee Ziele im Zentrum Beiruts angegriffen. Nach libanesischen Angaben wurden dabei mindestens 22 Menschen getötet. Nach dem Beschuss von UN-Blauhelmen gab es scharfe Kritik an Israel.
Bei israelischen Angriffen im Zentrum der libanesischen Hauptstadt Beirut sind nach Behördenangaben mindestens 22 Menschen getötet worden. Mindestens 117 weitere Personen wurden verletzt, wie das libanesische Gesundheitsministerium mitteilte.
Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete von zwei Angriffen. Getroffen wurden demnach die dicht besiedelten Wohngebiete Nueira und Basta im Zentrum der Stadt. NNA berichtete, dass mindestens zwei Gebäude zerstört worden seien. Hilfskräfte und Anwohner versuchten, Verschüttete zu bergen. Auf Bildern in der Nähe der Gebäude sind zahlreiche Krankenwagen zu sehen.
Kein Evakuierungsaufruf vor dem Angriff
Medienberichten zufolge soll der Angriff dem hochrangigen Hisbollah-Mitglied Wafik Safa gegolten haben. Safa ist für die externe und interne Kommunikation der Hisbollah zuständig. Das israelische Militär hat sich bislang nicht geäußert.
Israels Armee hatte vor dem Angriff keinen Evakuierungsaufruf für die getroffene Gegend veröffentlicht. Israel ruft Zivilisten im Libanon manchmal dazu auf, sich vor bevorstehenden Angriffen auf bestimmte Gebiete in Sicherheit zu bringen. In den vergangenen Wochen hatte Israel häufig die Hochburgen der Hisbollah in den südlichen Vororten von Beirut angegriffen, aber nur selten das Zentrum der Stadt.
UN-Hauptquartier im Südlibanon beschossen
Zuvor hatte es bei einem Beschuss des Hauptquartiers der UN-Mission UNIFIL durch israelische Truppen die ersten Verletzten in den Reihen der Blauhelm-Soldaten seit Beginn von Israels Bodenoffensive im Libanon gegen die Hisbollah-Terrormiliz Anfang Oktober gegeben.
Nach Darstellung der Vereinten Nationen schoss ein Panzer der israelischen Armee auf einen UN-Beobachtungsposten. Mindestens zwei Soldaten seien dabei verletzt worden, teilte ein Sprecher mit.
Israel will Abzug der UN-Mission
Israels Armee beschuldigte die Hisbollah, Gegenden in der Nähe von UNIFIL-Stützpunkten für ihre Zwecke zu missbrauchen. Das Militär sei deshalb im Gebiet von Nakura im Einsatz gewesen. Am Morgen hätten israelische Soldaten UN-Truppen zunächst angewiesen, in geschützten Bereichen zu bleiben und dann in der Gegend das Feuer eröffnet, teilte das Militär mit.
Israels UN-Botschafter, Danny Danon, legte der Mission einen Abzug aus dem Kampfgebiet nahe. "Unsere Empfehlung lautet, dass die UNIFIL sich fünf Kilometer nach Norden verlegt", teilte er mit. Damit könnten angesichts der sich intensivierenden Kämpfe "Gefahren vermieden werden".
Die UN-Mission überwacht das israelisch-libanesische Grenzgebiet seit Jahrzehnten. Daran sind mehr als 10.000 UN-Soldaten aus mehr als 50 Ländern beteiligt, darunter auch Deutsche. Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, es seien keine deutschen UN-Soldaten getroffen worden.
Kritik an Israel
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, jeder vorsätzliche Angriff auf Friedenstruppen sei ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht und die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates. Die Täter müssten vollständig zur Rechenschaft gezogen werden.
Italiens Verteidigungsminister, Guido Crosetto, verurteilte den Vorfall als mögliches Kriegsverbrechen. "Das war kein Versehen und kein Unfall", sagte er. Italien, das eines der größten UNIFIL-Kontingente stellt, habe offiziell um eine Erklärung gebeten. Auch das französische Außenministerium forderte eine Erklärung von der israelischen Regierung. Diese sei, genauso wie alle Kriegsparteien, für den Schutz der Friedensmission verantwortlich.
In Washington zeigte sich ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats "tief besorgt". Bei den Einsätzen der israelischen Streitkräfte im Südlibanon sei es "von entscheidender Bedeutung, dass sie die Sicherheit der UN-Friedenstruppen nicht gefährden", sagte er.
Tausende Tote und Verletzte
Israel hat seine Angriffe auf die Hisbollah, die mit der Hamas und dem Iran verbündet ist, in den vergangenen Wochen massiv ausgeweitet. Bei Luftangriffen wurden dabei unter anderen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und weitere hochrangige Kommandeure der Terrormiliz getötet. Anfang Oktober begann die Armee dann eine Bodenoffensive im Südlibanon, bei der sie nach eigenen Angaben Hisbollah-Stellungen zerstören will.
Seit der Eskalation der Kämpfe sind im Libanon nach Regierungsangaben mehr als 2.000 Menschen ums Leben gekommen. Mehrere Tausend wurden demnach verletzt. Die von der Regierung veröffentlichten Zahlen unterscheiden dabei nicht zwischen Zivilisten und Milizionären.