"Deutschlandfonds" Habecks Pläne spalten Politik und Wirtschaft
Dass Deutschlands Wirtschaft dringend Investitionen braucht, darüber sind sich alle einig - nicht aber über den richtigen Ansatz. Das zeigen Kritik und Lob für den Vorstoß des Wirtschaftsministers für einen Investitionsfonds.
Der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgeschlagene "Deutschlandfonds" stößt in der Politik und bei führenden Ökonomen auf ein geteiltes Echo. Der Grünen-Politiker schlägt vor, der Staat solle Investitionen von Unternehmen mit einer Prämie von zehn Prozent fördern. Habeck erhofft sich davon eine Belebung der lahmenden deutschen Wirtschaft.
Bei SPD-Generalsekretär Matthias Miersch stießen Habecks Pläne auf Zustimmung. "Ich habe selbst schon länger einen solchen Fonds gefordert, um Investitionen in Deutschland anzukurbeln und Unternehmen gezielt zu unterstützen", sagte Miersch der Rheinischen Post. Entscheidend sei, dass jetzt alle konstruktiv an guten Lösungen arbeiten, um die Wirtschaft zu stärken.
Uneinigkeit bei den Ampelparteien
Beim dritten Koalitionspartner in der Ampel, der FDP, stieß der Vorstoß hingegen auf Kritik. FDP-Vize Wolfgang Kubicki bezeichnete die Pläne in der Rheinischen Post als "einfältig". Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sagte: "Innovation statt Subvention ist das Gebot der Stunde."
"Es ist kein überzeugendes Konzept, der deutschen Wirtschaft über beispiellos hohe Steuern und Abgaben Geld zu entziehen und es dann über einen Staatsfonds umzuverteilen", so die FDP-Politikerin.
Nicht innerhalb der Regierung abgesprochen
Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit waren die Vorschläge innerhalb der Bundesregierung nicht abgesprochen. "Das ist mit dem Kanzler nicht abgestimmt, aber das muss es ja auch gar nicht", sagte Hebestreit und verwies auf die Ressortverantwortung. Habeck räumte ein, dass seine Pläne über die Verabredungen im Koalitionsvertrag hinausgingen. Die Wirklichkeit halte sich aber nicht an Verträge, sagte Habeck.
"Ich finde, diese Fondsidee ist auch für diejenigen, die auf einer strikten Einhaltung der Schuldenbremse bestehen - hoffe ich jedenfalls - ein gangbarer Weg, weil es eine begrenzte Verabredung ist", sagte Habeck. Finanzminister Christian Lindner hatte schuldenfinanzierte, milliardenschwere Investitionsanreize in der Vergangenheit bereits mehrfach abgelehnt. Änderungen an der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse schließt er kategorisch aus.
Kritik von der Union
Die Union hält wenig von den Plänen des Wirtschaftsministers. Habecks These, die Schuldenbremse sei eine Investitions- und Wachstumsbremse, lässt Unions-Vizefraktionschef Mathias Middelberg nicht gelten. Es gehe vielmehr um die richtige Prioritätensetzung in der Wirtschaftspolitik, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.
"Nötig und sinnvoll wären breit angelegte, langfristig planbare und unbürokratische Entlastungen bei Steuern, Energiepreisen und Sozialabgaben", forderte der CDU-Politiker. "Das würde den Standort nachhaltig wieder attraktiv machen. Dazu aber fehlt der Ampel die Kraft." Die mit Bürokratie verbundene Prämie, die Habeck vorschlägt, hält die Union für den falschen Ansatz.
Wirtschaftsexperten uneins
Bei Ökonomen herrscht Uneinigkeit, ob ein "Deutschlandfonds" die Wirtschaft ankurbeln könnte. Als wichtige Knackpunkte sehen sie die Finanzierung des Vorhabens und die bürokratische Umsetzung. Ifo-Präsident Clemens Fuest hält zusätzliche steuerliche Investitionsanreize angesichts der niedrigen und weiter sinkenden Investitionen für gut begründet. "Es sollte allerdings ein Instrument mit möglichst wenig Bürokratie sein", sagte Fuest.
Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft zufolge bringt das Konzept "dringend benötigten Schwung in die Debatte um die notwendigen Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft", wie dessen Präsident Moritz Schularick betonte. Schuldig bleibe Habeck allerdings bei der Frage nach der Finanzierung im aktuellen politischen Umfeld.
Die vorgeschlagene Steuerprämie richte sich gezielt an Unternehmen, die tatsächlich investieren, betonte der Wettbewerbsökonom Jens Südekum. "Gegenüber einer nominalen Senkung der Unternehmenssteuersätze hat es den Vorteil einer höheren Treffsicherheit", sagte Südekum. "So werden nicht alle Unternehmen pauschal mit der Gießkanne entlastet, was für den Staat sehr teuer wäre."
"Einfallstor für Subventionswettlauf"
Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Achim Wambach, sieht in dem Vorschlag hingegen "keine systematische Verbesserung des Standorts". Wambach argumentierte ähnlich wie FDP-Politikerin Stark-Watzinger: "Hohe Steuern von den Unternehmen verlangen, aber gleichzeitig Subventionen für Investitionen zu geben, ist keine nachhaltige Wirtschaftspolitik."
Hinzu komme die europäische Dimension: Subventionen verzerrten den Wettbewerb in Europa und wären ein Einfallstor für einen innereuropäischen Subventionswettlauf, so Wambach.
Auch Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sieht die Pläne Habecks sehr kritisch. "Den meisten Unternehmen mangelt es nicht an Geld, sondern an Vertrauen, Zuversicht und Projekten, in die sie lohnenswert investieren können", sagte er im SWR.
Milliardenschwerer Investitionsfonds
Mit seiner heute vorgestellten "Modernisierungsagenda" will Habeck Investitionen etwa in Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung fördern. Ein zentraler Teil des Vorhabens wäre ein sogenannter Deutschlandfonds, der Unternehmen eine Prämie für ihre Investitionen zahlt.
Zum finanziellen Umfang eines solchen Fonds wollte sich Habeck nicht festlegen. Es gebe aber Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, die eine "mittlere dreistellige Milliardenzahl" für die nächsten Jahre vorsähen.