Kretschmer, Woidke, Voigt Breite Kritik an Ukraine-Appell von Ost-Politikern
Zwei Ministerpräsidenten und einer, der es werden will, melden sich mit einem Appell zur Beendigung des Ukraine-Krieges zu Wort. Kritik daran kommt von vielen Seiten. Einige vermuten dahinter Verhandlungen mit dem BSW.
CDU-Chef Friedrich Merz geht auf Distanz zur Forderung nach stärkeren Bemühungen um eine diplomatische Lösung im Krieg zwischen Russland und der Ukraine. "Die Ukraine kämpft um ihr schieres Überleben. Dabei müssen wir ihr auch in unserem eigenen Interesse weiter helfen. Friedensgespräche wird es nur geben, wenn beide Seiten dazu bereit sind", sagte Merz der Süddeutschen Zeitung. Das sei offenbar von russischer Seite nicht der Fall.
"Russland wird erst zu Gesprächen bereit sein, wenn das Regime von Putin erkennen muss, dass ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die Ukraine aussichtslos erscheint", sagte der Unionsfraktionschef.
Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Brandenburg, Michael Kretschmer (CDU) und Dietmar Woidke (SPD), sowie der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt hatten in einem gemeinsamen Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für ein stärkeres diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine geworben.
"Wir wollen eine aktivere diplomatische Rolle Deutschlands in enger Abstimmung mit seinen europäischen Nachbarn und Partnern", schrieben die drei Politiker. Sie fordern die Bundesregierung auf, Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. "Deutschland und die EU haben diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt", heißt es in dem Text mit Blick auf diplomatische Anstrengungen zur Kriegsbeendigung. Waffenlieferungen an die Ukraine erwähnten sie in ihrem Beitrag nicht.
"Weichspüler" und "Kotau"
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), kritisierte den Beitrag der drei Politiker: "Sollte der Brief der drei designierten Ministerpräsidenten als Weichspüler für Koalitionsverhandlungen mit dem BSW gemeint gewesen sein, rate ich zu großer Skepsis", sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der Rheinischen Post: "Man hat das Gefühl, die freiheitlichen Werte unseres Landes werden gerade für ein bisschen Machterhalt und Wahlkampf auf dem Ramschtisch verscherbelt." Strack-Zimmermann sprach von einem "rückgratlosen Kotau der Ministerpräsidenten aus Brandenburg und Sachsen assistiert von der BSW und CDU in Thüringen".
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann schrieb auf der Plattform X: "Die Botschaft dieses Gastbeitrags von Woidke, Kretschmer und Voigt lautet doch, wie mache ich mich koalitionsfähig für das BSW."
Lob von Wagenknecht
Kretschmer, Woidke und Voigt verhandeln in ihren Ländern derzeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über mögliche Koalitionen.
Die BSW-Chefin lobte den gemeinsamen Appell von Kretschmer, Woidke und Voigt. "Ein kluger und differenzierter Beitrag" sei deren gemeinsamer Aufruf gewesen, sagte Wagenknecht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sie bewertete den Beitrag als einen, "der sich wohltuend abhebt von einer Debatte, die sich mit großer moralischer Attitüde immer nur um die Frage dreht, welche Waffen als nächste geliefert werden sollten, ohne irgendeine Perspektive für ein Ende des Krieges aufzuzeigen".
Das BSW hat als Bedingung für eine Zusammenarbeit ein Bekenntnis gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen gefordert. Wagenknecht hatte kürzlich vorgeschlagen, dies in den Präambeln der Koalitionsverträge zu verankern.