Bündnis Sahra Wagenknecht Will das BSW in den Bundesländern regieren?
Das BSW hat bisher nicht viele Mitglieder. Doch bald muss die Partei vielleicht Minister und Staatssekretäre stellen. Das sei kein Problem, sagt Gründerin Wagenknecht. Doch ist eine Landesregierung für sie attraktiv?
Amira Mohamed Ali, die Co-Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), musste Anfang der Woche kurz überlegen. Wie viele Mitglieder hat ihre Partei zurzeit? "Ungefähr 900" lautete ihre Antwort, dazu kämen "deutlich mehr" Anträge auf Mitgliedschaft in der jungen Partei, die es erst seit Januar gibt.
Das BSW setzt ganz bewusst auf ein langsames, kontrolliertes Wachstum. Jeder einzelne Antrag wird genau geprüft, der Vorstand entscheidet über die Aufnahme neuer Mitglieder. Die Sorge ist groß, dass Rechtsextremisten das BSW unterwandern könnten oder dass "Spinner" die Partei kapern.
Sahra Wagenknecht verteidigt den Kurs. Wenn "jeder" in das BSW dürfe, bestehe das Risiko, dass sich einzelne Landesverbände "vielleicht relativ schnell zerlegen, so wie es bei anderen Parteien geschehen ist", warnt die Gründerin, Namensgeberin und Co-Vorsitzende des BSW.
Mit Wagenknecht getroffen
Nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stellt sich die Frage, ob eine frisch gegründete Mini-Partei mit ungefähr 900 Mitgliedern überhaupt in der Lage wäre, Regierungsverantwortung zu übernehmen. In allen drei Bundesländern führt am BSW kein Weg vorbei, wenn man eine Mehrheit ohne die AfD hinbekommen will.
Der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer und Thüringens CDU-Chef Mario Voigt, der Regierungschef in Erfurt werden will, haben sich bereits mit Wagenknecht in Berlin zu Gesprächen über eine mögliche Zusammenarbeit getroffen. Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke mittlerweile auch.
In Woidkes Bundesland hat das BSW derzeit nur rund 40 Mitglieder. In der 14-köpfigen Landtagsfraktion hat niemand Erfahrung als Abgeordneter im Landtag oder Bundestag, als Minister oder Staatssekretär. Für Robert Crumbach, den BSW-Landesvorsitzenden und frischgewählten Fraktionschef, ist das kein Problem.
"Wir wissen, was wir tun. Wir können das und wir haben ausreichend geeignetes Personal", sagte Crumbach am Montag bei der gemeinsamen Wahlnachlese mit Co-Parteichefin Mohamed Ali. Sahra Wagenknecht fehlte krankheitsbedingt.
"Großer Unterstützerkreis"
Wagenknecht beschreibt die Situation ihrer Partei nach den Wahlerfolgen als "herausfordernd". Scheitert eine Regierungsbeteiligung - beispielsweise in Brandenburg - am fehlenden Personal? Minister, Staatssekretäre, Büroleiter, andere wichtige Mitarbeiter im Apparat: Dutzende Positionen müsste die junge Partei schnell besetzen.
Könnte sie das? Man schöpfe ja nicht nur aus dem Reservoir der Mitglieder, entgegnete Wagenknecht am Dienstag auf entsprechende Fragen von Journalisten. Das BSW habe einen großen Unterstützerkreis. "Wir werden da natürlich sehr, sehr offen dann auch gucken, wo sind die entsprechenden Kompetenzen", so Wagenknecht. Sie sei "aber zuversichtlich, dass dieses Problem lösbar ist".
Aber will sich Wagenknecht mit ihrer Partei überhaupt an Landesregierungen beteiligen? Das lässt sie weiterhin offen. Ihre Partei mache nur mit, wenn sich das Leben der Menschen im Land spürbar verbessere. Da sei sie sich völlig einig mit den Vertretern in den Ländern, betont sie: "Wir sind nicht angetreten, um im Schnellverfahren Minister und Staatssekretäre zu küren." Ihr Mantra: Das BSW dürfe die Hoffnungen, die viele Wähler in sie gesetzt hätten, nicht enttäuschen. Das würde der Partei schaden.
Wagenknechts Blick ist nämlich bereits auf das kommende Jahr gerichtet - auf die Bundestagswahl. Dann will das BSW mit einem möglichst starken Ergebnis in Fraktionsstärke in das Parlament einziehen.
Ein Eintritt in die Landesregierung wäre ein Wagnis
Zurzeit bildet Wagenknecht mit den neun anderen Abgeordneten, die mit ihr von der Linkspartei in das BSW gewechselt sind, dort "nur" eine Gruppe. Das bedeutet, sie haben deutlich weniger Rechte, weniger Redezeit, weniger finanzielle Ausstattung als die Fraktionen im Bundestag. Die Bühne der Bundespolitik ist für Wagenknecht wichtig. Wichtiger als eine Regierungsbeteiligung in vergleichsweise kleinen Bundesländern wie Sachsen, Thüringen oder Brandenburg.
Ein solcher Eintritt in eine Landesregierung wäre für eine so junge Partei wie das Bündnis Sahra Wagenknecht ein Wagnis, sagt der Politikwissenschaftler Jan Philipp Thomeczek von der Universität Potsdam. "Wenn man das wagt, ist das ein hohes Risko, was sich auszahlen und ein großer Schritt in Richtung Etablierung sein könnte", sagt Thomeczek, der sich seit Längerem mit dem BSW und der Person Wagenknecht beschäftigt.
Gehe das Wagnis schief, könnte das "dieses komplette Experiment zerstören". Und das will Sahra Wagenknecht, die Frau im Zentrum des Politik-Experimentes BSW, unbedingt vermeiden.