Robert Habeck
analyse

Habecks Wirtschaftspläne Wenig Beifall und viel Gegenwind

Stand: 23.10.2024 19:27 Uhr

Konkreter Lösungsvorschlag oder Auftakt für den Bundestagswahlkampf? Die Reaktionen auf Robert Habecks Vorschläge fallen unterschiedlich aus. Klar ist: In der Ampelregierung dürften die Pläne schwer durchsetzbar sein.

Eine Analyse von Alexander Budweg, ARD Berlin

Als Robert Habeck am Mittag vor die Mikrofone tritt, da wird sein neuester Vorstoß schon heiß diskutiert. Der Wirtschaftsminister selbst nennt es einen "Beitrag zu einer Debatte". Überschrieben ist das 14-seitige Papier, das bereits am Vorabend die Runde machte, mit den Worten "Update für die Wirtschaft". Darin beschreibt der Grünen-Politiker, wie die deutsche Wirtschaft seiner Meinung nach wieder aus der Krise zu führen ist.

Vor allem aber beschreibt er, warum sie dort steckt und wer dafür verantwortlich sei: Putins Angriff auf die deutsche Energieversorgung, ein US-amerikanischer Wirtschaftsprotektionismus, eine aggressive chinesische Industriepolitik und deutsche Vorgängerregierungen, die gegen all das über Jahre zu wenig gemacht hätten. So ist Habecks Beitrag vor allem eine Zustandsbeschreibung, die um einige wenige Ideen für Maßnahmen ergänzt wird.

Andreas Audretsch, stellv. Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, zu Habecks Plan für einen Investitionsfonds

Morgenmagazin, 24.10.2024 05:30 Uhr

"Win-Win-Win"?

Kernstück ist eine Investitionsprämie, die in dem Papier auch "Deutschlandfonds" genannt wird. Diese sollen alle Unternehmen erhalten, also egal ob Handwerker oder Industriegigant. Sie alle sollen für neue Investitionen eine Förderung in Höhe von zehn Prozent erhalten. Damit greift Habeck eine Erkenntnis aus der jüngsten Konjukturprognose auf, wonach im ersten Halbjahr dieses Jahres vor allem die Investitionen in Anlagen und Ausrüstungen zurückgegangen sind.

Während die bislang von der Opposition vorgelegten Vorschläge alle nicht gegenfinanziert seien, würde sein Vorschlag sich am Ende rechnen, so Habeck. Der Staat müsse zwar finanziell in Vorleistung gehen, doch dadurch werde investiert, wodurch die Steuereinnahmen steigen würden und der Staat wieder Einnahmen bekomme, um andere Projekte zu finanzieren. Eine "Win-Win-Win-Situation", so der Wirtschaftsminister.

Wie viele Milliarden fehlen?

Zudem soll das Ganze auf fünf Jahre angelegt und "unbürokratisch" sein. Was genau er mit Letzterem meint, verrät Habeck aber nicht. Auch über das Volumen ist in dem Papier nichts zu lesen. Auf seiner Pressekonferenz am Mittag verweist der Wirtschaftsminister lediglich auf Berechnungen des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Der hatte vor einigen Monate eine Summe von 400 Milliarden Euro errechnet, die der öffentlichen Hand in den nächsten zehn Jahren für Investitionen und Förderprogramme fehlen würden. 

Ob diese Summe allein ausreichen würde, bei all dem, was Habeck in seinem Papier an Aufgaben beschreibt, ist offen. Schließlich sollen mit dem Deutschlandfonds nicht nur Investitionen in der Wirtschaft gefördert werden. Ohne sich die Zahlen zu eigen zu machen, schreibt Habeck von 100 Milliarden Euro, die für Schiene und Straße fehlen würden. Hinzu kämen 70 Milliarden Euro für Kitas, Schulen und Hochschulen und 60 Milliarden Euro für die Digitalisierung.

Die FDP winkt ab

Weil die Spielräume im Haushalt viel zu klein seien, um eine solche Fülle an Investitionen zu bewerkstelligen, schlägt Habeck die Schaffung eines neuen Sondervermögens vor. Daran sollen sich neben dem Bund auch die Länder beteiligen. Damit will er einen Ausweg aus der vor allem wegen der FDP in der Ampel nicht auflösbaren Debatte um die Schuldenbremse bieten. Doch die Liberalen winken prompt ab. FDP-Fraktionschef Christian Dürr plädiert stattdessen dafür, Unternehmen steuerlich zu entlasten, statt den Steuerzahler mit neuen Subventionstöpfen zu belasten.

Davon hält aber der Wirtschaftsminister nichts. Der Ruf nach allgemeinen Steuersenkungen sei zwar laut und vernehmlich. "Aber allgemeine Steuersenkungen sind keine Garantie dafür, dass wirklich investiert wird", so Habeck. Ampelintern dürfte man sich an dieser Stelle also einmal mehr im Kreis drehen.

CDU: "Vorgezogenes Wahlkampfmanöver"

Das führt die Union zu der Vermutung, dass es sich eher um ein "vorgezogenes Wahlkampfmanöver" handelt. "Es wird wieder Stress und Streit in der Ampel geben", prognostiziert Mathias Middelberg. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag ist aber nicht nur deshalb skeptisch, ob Habecks Idee eine Chance auf Umsetzung hat. Schließlich bringe eine Investitionsprämie keine nachhaltige Verbesserung für den Industriestandort Deutschland. Was es stattdessen brauche, sei eine Unternehmenssteuerreform, eine Absenkung der Stromsteuer und weniger Bürokratie.

Also wenig Beifall und viel Gegenwind für den Beitrag des Wirtschaftsministers, den er kurz vor seiner Dienstreise nach Indien veröffentlichen ließ.

Dort nimmt der gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz an den deutsch-indischen Regierungskonsultationen teil. Dass sich beide am Rande über Habecks Papier austauschen werden, ist eher unwahrscheinlich. Schließlich kennen er, Scholz und Lindner sich nach drei Jahren in der Ampel gut genug, um zu wissen, wie der jeweils andere dazu steht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 23. Oktober 2024 um 18:00 Uhr.