EU-Gipfel in Brüssel Selenskyjs "Siegesplan" im Schatten der Asylpolitik
Der EU-Gipfel hat mit dem ukrainischen "Siegesplan" begonnen. Die Reaktionen waren allerdings verhalten. Beim Thema Migration ist weiterhin keine gemeinsame Linie in Sicht - stattdessen Alleingänge.
In Brüssel läuft der Gipfel der 27 EU-Staats- und Regierungschefs. Wichtige Themen auf der Tagesordnung sind die Migration und einmal mehr die Ukraine. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj nahm persönlich an dem Treffen teil.
Der ukrainische Präsident wollte vor allem für seinen sogenannten Siegesplan werben. Dieser sieht unter anderem die kurzfristige Aufnahme in die NATO vor, die Aufhebung der Reichweitenbeschränkung westlicher Waffen sowie den Aufbau eines nicht nuklearen, strategischen Abschreckungsarsenals auf ukrainischem Gebiet.
Zurückhaltende Reaktion auf "Siegesplan"
Es gehe darum, die Ukraine zu stärken und so den Weg für eine diplomatische Lösung zu ebnen, argumentierte Selenskyj. Trotz der eher zurückhaltenden Reaktionen glaubt er an die Umsetzbarkeit seines Plans, weil der nicht vom Willen Russlands abhänge, sondern nur vom Willen der westlichen Partner.
Seit dem Nachmittag geht es bei dem Treffen um das vor fünf Monaten verabschiedete gemeinsame europäische Asylsystem. Nicht alle EU-Länder sind mit dem Regelwerk zufrieden. Einigen, wie Frankreich, geht es nicht weit genug. Andere, wie Ungarn oder die Niederlande, lehnen es komplett ab.
Gleichzeitig entschließen sich immer mehr Länder zu nationalen Alleingängen, wie Grenzkontrollen und Zurückweisungen. Ein Grund ist, dass die Implementierung des Migrationspaktes erst im Sommer 2026 erfolgen soll. Nicht nur Bundeskanzler Olaf Scholz plädiert deshalb für eine schnellere Umsetzung der Reform.
Scholz: "Es wäre gut, wenn es früher eingeführt werden kann"
Maßnahmen einzelner Länder, wie zum Beispiel die verstärkten Grenzkontrollen in Deutschland, hätten zu einem Rückgang der irregulären Migration geführt, erklärte Scholz. "Und da gilt es jetzt weiter zu arbeiten." Es sei ihm wichtig, dass ein gemeinsames europäisches Asylsystem nicht allmählich umgesetzt, sondern forciert werde. "Es wäre gut, wenn es überall in Europa früher eingeführt werden kann", sagte Scholz.
Daneben stehen Rückführungen und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Mittelpunkt der Diskussion. So werden die Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission darin bestärken, möglichst schnell einen neuen Gesetzentwurf zur Rückführung illegal eingereister Migranten vorzulegen. Außerdem hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits im Vorfeld des Gipfels angekündigt, Abkommen mit Ländern außerhalb der EU über Rücknahmezentren prüfen.
"Zeigen, dass Ordnungsmacht funktioniert"
Es sei gut, dass jetzt Bewegung in die EU-Migrationspolitik komme, sagte Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer. Die Politik müsse zeigen, dass sie bei diesem Thema handlungsfähig sei: "Dass wir das Problem ernst nehmen, dass die Ordnungsmacht der Demokratie auch tatsächlich funktioniert, wenn es darum geht, die Menschen, die sich hier nicht aufhalten dürfen, zurückzubringen."
Auch beim Schutz der Außengrenzen und der Schnelligkeit sowie Transparenz von Asylverfahren müsse eine funktionierende Ordnung gefunden werden, so Nehammer. Zudem müssten neue Möglichkeiten in Betracht gezogen werden - wie es beispielsweise Italien mit dem Aufnahmezentrum in Albanien tue.
Dort waren am Mittwoch die ersten Migranten eingetroffen. Am Rande dieses Gipfels hat Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni eine Art Workshop angeboten, an dem zehn Ländern teilnahmen - darunter Österreich, Ungarn und Polen - um über die Erfahrungen mit den ausgelagerten Abschiebezentren zu berichten.