Krieg in Nahost Verhandlungen über Geiseln sollen wieder beginnen
In Katar sollen nach langem Stillstand die Gespräche über eine Waffenruhe in Gaza und die Freilassung der Geiseln wieder in Gang kommen. Derweil geht Israel weiter gegen die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon vor.
Nach Israels Vergeltungsschlag gegen den Iran sollen heute in Katar die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg wieder aufgenommen werden. Der Iran dürfe nicht "den Fehler machen", auf die israelischen Angriffe zu reagieren, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin nach Angaben des Pentagons in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Joav Gallant. Jetzt böten sich Möglichkeiten, "die Spannungen in der Region auf diplomatischem Wege" abzubauen.
Dazu gehöre ein Deal im Gaza-Krieg und eine Übereinkunft mit der Hisbollah im Libanon, die es Zivilisten auf beiden Seiten der Grenze zu Israel ermögliche, sicher in ihre Häuser zurückzukehren.
Vertreter Israels wollen heute in der katarischen Hauptstadt Doha mit denen der Vermittlerstaaten Katar, Ägypten und USA zusammenkommen, um den seit Monaten stagnierenden Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen einen neuen Impuls zu geben.
Erneut Proteste in Israel
Am Vorabend demonstrierten in Israel erneut Hunderte Menschen für ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln, die sich im Gazastreifen immer noch in der Gewalt der Hamas befinden.
Seit der Tötung von Hamas-Chef Jihia Sinwar Mitte Oktober im Gazastreifen haben die Unterhändler in der Region wieder etwas mehr Hoffnung, die Verhandlungen über eine Waffenruhe neu in Gang zu bringen.
Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, reist dazu heute nach Doha. Israel fordert die Freilassung der noch etwa 100 in Gaza festgehaltenen Geiseln, von denen viele nicht mehr am Leben sein dürften.
Heftige Kritik an Premier Netanyahu
Ein Beamter von Barneas Verhandlungsteam soll israelischen Medienberichten zufolge den Angehörigen der Entführten gesagt haben, ein Geiselabkommen setze ein - derzeit nicht absehbares - Ende des Kriegs gegen die Hamas im Gazastreifen voraus. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu habe der eigenen Verhandlungsdelegation bislang kein ausreichendes Mandat erteilt, um die heutigen Gespräche in Doha zu einem substanziellen Ergebnis zu führen.
Bei einer Kundgebung in Tel Aviv griffen Redner Netanyahu scharf an und warfen ihm vor, die indirekten Verhandlungen zu verschleppen. "Wem willst du jetzt die Schuld geben, nachdem Sinwar tot ist? Den Geiseln?", zitierte die Times of Israel die Kritik des Bruders einer Hamas-Geisel.
Der Tod Sinwars "erzeugt vielleicht eine Gelegenheit, um tatsächlich voranzukommen und eine Einigung zu beschließen", hatte US-Außenminister Antony Blinken bei seinem jüngsten Besuch im Nahen Osten gesagt.
Seit Monaten keine Fortschritte bei Verhandlungen
Bei den Gesprächen hat es seit Monaten keine Fortschritte gegeben. In Israel gab es Hoffnung, nach der Tötung von Sinwar könnte sich dies ändern. Die Hamas beharrt aber auf ihren bisherigen Positionen, darunter die Forderung nach einem vollständigen Abzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen und einer Beendigung des Kriegs.
Derweil geht Israel Armee im Gazastreifen weiter gegen die islamistische Terrororganisation vor. Bei einem Angriff im Norden Gazas sollen örtlichen Berichten zufolge mindestens 30 Palästinenser getötet worden sein. Demnach wurden fünf Häuser in einem Wohnviertel der grenznahen Stadt Beit Lahia angegriffen. Israels Militär äußerte sich bislang nicht dazu, unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben beider Seiten in der Regel nicht.
Drei Wochen Offensive im nördlichen Gaza
Die israelische Luftwaffe griff nach eigenen Angaben zudem in der nördlichen Stadt Gaza erneut eine Kommandozentrale der Hamas an. Sie habe sich in einem früher als Schule genutzten Gebäude befunden, hieß es in der Nacht. Vor dem "präzisen Angriff" seien zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden, um die Gefahr für Zivilisten zu mindern, hieß es. Auch diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Israels Streitkräfte führen seit drei Wochen offensive Einsätze im nördlichen Abschnitt des Gazastreifens durch. Palästinensischen Angaben zufolge wurden dabei auch Hunderte Zivilisten getötet.
Hisbollah beschießt Israel weiter
In der Nacht setzte Israels Luftwaffe außerdem die Angriffe gegen die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon fort. Libanons staatliche Nachrichtenagentur NNA meldete, Israel habe erneut südliche Vororte der Hauptstadt Beirut ins Visier genommen.
Ein israelischer Armeesprecher hatte zuvor die Bewohner von zwei Vierteln über die Plattform X aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Sie befänden sich nahe Einrichtungen der Hisbollah, gegen die man zeitnah vorgehen werde. Die Hisbollah-Miliz gehört wie die islamistische Hamas zu der vom Iran angeführten "Achse des Widerstands" gegen Israel.
Trotz Israels harter Militärschläge gegen die Hisbollah beschießt die Miliz den jüdischen Staat weiter. Im Verlauf des Samstags seien etwa 190 Geschosse auf Israel abgefeuert worden, teilte die israelische Armee am späten Abend mit. Kurz danach heulten im Norden Israels erneut die Warnsirenen. Zwei vom Libanon aus nach Israel eingedrungene Drohnen seien über offenem Gelände abgefangen worden, teilte die Armee in der Nacht mit.
Iran meldet tote Soldaten nach Angriff
Israel hatte in der Nacht zum Samstag den seit Wochen erwarteten Vergeltungsschlag auf Iran ausgeführt. Es war die Antwort auf eine iranische Attacke am 1. Oktober, bei der Israel mit rund 200 ballistischen Raketen beschossen worden war. Bei dem israelischen Gegenschlag wurden nach Angaben des iranischen Militärs vier Soldaten getötet.