Botschafter Seibert in Israel "Nur militärisch ist Frieden nicht herzustellen"
Der deutsche Botschafter Seibert hat den 7. Oktober in Israel miterlebt. Im tagesthemen-Interview spricht er über die Eskalation, die Freilassung der Geiseln und Deutschlands Position zu einer Zweistaatenlösung.
Am 7. Oktober jährt sich der Terrorangriff der Hamas auf Israel. Vor dem Jahrestag hat der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, die Situation im Nahen Osten im Interview mit den tagesthemen als "sehr brenzlig" beschrieben.
Israel müsse auf die zahlreichen Angriffe reagieren, sagte Seibert, auf die der Hamas in Gaza, der Hisbollah im Libanon, der Huthi aus dem Jemen sowie auf die Angriffe des Iran. "Und gleichzeitig haben wir das Interesse, dass am Ende nicht der eine große regionale Krieg daraus wird", sagte Seibert. Es müsse "Raum für politische und diplomatische Lösungen" geben.
Eine "Abschreckungslogik" spiele im Nahen Osten immer eine Rolle, so der Botschafter. Aber: "Nur militärisch ist der Frieden nicht herzustellen, das ist völlig klar."
"Die Geiseln müssen freikommen"
Auf die vielen toten Zivilisten im Gazastreifen angesprochen, sagte Seibert, das sei "ein unerträglicher Zustand." Es müsse immer klar sein, "dass ein Leben eines palästinensischen Kindes genauso viel wert ist wie das Leben eines israelischen Kindes". Der Gaza-Krieg, "der so dahingeht", wie Seibert weiter sagte, "der muss enden, und ganz besonders muss er enden, weil die Geiseln freikommen müssen."
Es sei "ein riesiger Skandal", dass es überhaupt keine Versuche mehr zu geben scheine, "die über 100 Menschen in die Freiheit zu holen". Unter den Geiseln seien auch deutsche Staatsbürger. "Dass davon im Moment keiner spricht, das macht mich sehr unglücklich."
"Wir stehen an der Seite Israels"
Wichtig sei, so der deutsche Botschafter, dass Israel in dieser enormen Katastrophe, die der 7. Oktober bedeute, trotzdem die Gelegenheit erkenne, um seine Politik gegenüber den moderaten Kräften in Palästina und in der arabischen Welt zu verändern. Man müsse konstruktiv auf einen besseren Weg kommen.
Zur Möglichkeit einer Zweistaatenlösung sagte Seibert: "Heute scheint sie weit entfernt und trotzdem kann man sich keinen anderen Weg zu einem Frieden vorstellen." Die Position Deutschlands sei dahin gehend sehr klar. "Wir stehen an der Seite Israels und darin besteht überhaupt kein Widerspruch dazu, dass wir genauso kraftvoll fordern, dass die Palästinenser in Würde und Souveränität in ihrem eigenen Staat leben müssen."