Ein Jahr vor der Bundestagswahl Welche Themen braucht die SPD?
Der SPD-Vorstand berät bei einer Klausur über den Zustand der Partei. Welche Inhalte will sie nach vorne stellen, wenn es in Richtung Bundestagswahlkampf geht? Und was erwartet die Partei von ihrem Kanzler?
"Wir haben verstanden" - so könnte man die Aussagen von SPD-Politikern diese Woche deuten, allen voran Ministerpräsidentin Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern. "Wir, gerade als Sozialdemokraten, müssen ganz stark aufpassen. Wir müssen an die denken, die jeden Tag hart arbeiten, die morgens aufstehen, zur Produktion fahren, alleinerziehend arbeiten. Arbeit muss belohnt werden."
Passend dazu veröffentlichte am Dienstag der Seeheimer Kreis, der konservative Flügel der SPD, ein Papier. Titel: "Die arbeitende Mitte stärken". "Wir müssen uns wieder mehr fokussieren als SPD auf die arbeitende Mitte", so Dirk Wiese, Sprecher des Seeheimer Kreises. "Ich würde es sogar die berufstätige Familie nennen, die jeden Tag unterwegs ist, aufsteht, die Kinder in die Schule bringt, die Sorgen hat wegen dem Kita-Platz, die vielleicht auch Sorge hat wegen der Pflege der Eltern."
Er will zurück zu den tatsächlichen Problemen, die die Leute am Abendbrottisch besprechen. Wie sicher ist mein Arbeitsplatz? Wie sieht die Zukunft meiner Kinder aus? Wer kümmert sich um die alten Eltern? Auf der Klausur des Parteivorstands sollen genau diese Themen besprochen werden.
Fokus auf Wirtschaft und innere Sicherheit
Nach den mauen Konjunkturzahlen dieser Woche steht natürlich die Lage der Wirtschaft und damit verbunden die Arbeitsplätze ganz oben auf der Liste. Für viele in der SPD ist klar, der Strompreis für die deutsche Industrie ist zu hoch.
Zweiter Schwerpunkt der Klausur könnte das Thema innere Sicherheit werden, hier hat die SPD in den vergangenen Wochen schon kräftig beigesteuert. Grenzen geschlossen, Abschiebeflüge organisiert, schärfere Gesetze formuliert. Eigentlich ist das kein Kernthema der SPD, aber die politische Konkurrenz, sowohl die Union als auch Rechts- und Linksaußen, versuchen mit dem Thema zu punkten.
Die SPD muss reagieren, aber sie muss sich auch auf einem eigenen Feld profilieren, und da kommt das dritte Thema ins Spiel: die Rente. Der Koalitionspartner FDP bockt und will das Rentenpaket nicht wie vereinbart mittragen. Die Partei will diesmal aber Kante zeigen, sagt Fraktionschef Rolf Mützenich. "Wir sollten uns darauf konzentrieren, die Rente zu stabilisieren. Stabile Renten sind auch wichtig für nachkommende Generationen, das Grundkonzept bleibt, und das verlange ich."
Forderungen aus der Partei an Scholz
Zum Kante zeigen gehört aber auch ein SPD-Kanzler, der nicht nur zwischen den Ampel-Partnern moderiert, sondern klar macht, was die Linie seiner Partei ist, meint Manuela Schwesig. "Deswegen, glaube ich, ist jetzt die Zeit gekommen, dass Olaf Scholz stärker vorangeht und ganz klar zu den großen gesellschaftlichen Themen sagt, wie er sich das vorstellt: bei Wirtschaft, aber auch beim Thema, zum Beispiel, Migration - da hat er das jetzt auch gemacht - aber auch beim Thema Soziales."
Dirk Wiese hat immerhin schon Fortschritte festgestellt, wenn der Kanzler in die Fraktion im Bundestag kommt. "Das ist ein anders auftretender Kanzler, entschlossener, auch in den Debatten im Deutschen Bundestag. Aber natürlich: Sie machen aus dem Kanzler, ich komme aus Nordrhein-Westfalen, keinen Rheinländer mehr, aber ich glaub, wir haben auch gute Erfahrungen mit hanseatischen Kanzlern gemacht."
Wobei der letzte hanseatische Kanzler, Helmut Schmidt, über ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt ist. Das wünscht sich im Moment wohl niemand in der SPD.