Jahrestag des Hamas-Überfalls Polizeigewerkschaft befürchtet Ausschreitungen
Der Hamas-Angriff auf Israel jährt sich in Kürze zum ersten Mal. Die Polizei rüstet sich rund um den 7. Oktober für Großeinsätze. Der Verfassungsschutz warnt vor "gewalttätigen Aktionen" - besonders Berlin steht im Fokus.
Polizeigewerkschafter warnen zum Jahrestag des Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober vor gewalttätigen Protesten und Ausschreitungen. Der Schutz jüdischer Einrichtungen solle verstärkt werden. "Wir erwarten von allen Menschen in Deutschland am Jahrestag des 7. Oktober Anstand", sagte etwa der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Man gehe robust und konsequent gegen Gewalttäter und Krawallmacher vor. An dem Tag hätten alle Sicherheitsbehörden in Deutschland einen "enormen Personalbedarf". Den einzelnen Polizistinnen und Polizisten werde viel abverlangt. Besonders in Berlin, aber auch in anderen Großstädten werde bereits in den kommenden Tagen mit Protesten propalästinensischer und israelfeindlicher Gruppen gerechnet.
GdP: Gewaltbereitschaft wieder verstärkt
In der Hauptstadt erwarte man eine "stadtweite, dynamische Lage", sagte Berlins GdP-Sprecher Benjamin Jendro dem RND. Er führte aus: "Wir blicken mit großer Sorge auf die kommenden Tage. Man konnte bereits in den vergangenen Tagen sehen, dass sich die Gewaltbereitschaft der propalästinensischen Szene auf unseren Straßen wieder verstärkt in Hass, Antisemitismus und Gewaltexzessen entlädt."
Die Lage in Nahost habe durch den israelischen Einsatz von Bodentruppen im Südlibanon sowie den massiven Raketenangriff durch den Iran auf Israel nochmals an Dynamik gewonnen und werde Auswirkungen auf das Versammlungsgeschehen in der Hauptstadt haben.
Verfassungsschutz warnt vor "Trigger-Ereignis"
Dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zufolge hat sich das Gefahrenpotenzial möglicher Terroranschläge gegen jüdische und israelische Personen und Einrichtungen im vergangenen halben Jahr deutlich erhöht. "Der Jahrestag könnte ein Trigger-Ereignis für weite Teile des Protestspektrums sein", erklärte der BfV-Präsident Thomas Haldenwang.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu gewalttätigen Aktionen von Einzelpersonen oder Kleinstgruppen aus Demonstrationen heraus oder separat gegen israelische oder jüdische Ziele komme. Israel- und judenfeindliche Narrative bildeten "die Basis für das antiisraelische und antijüdische Gift, das sich insbesondere durch die sozialen Netzwerke ungehindert einen Weg in die Köpfe vieler Menschen bahnt", so Haldenwang.
Nach dem 7. Oktober 2023 sei die Zahl antisemitischer Straftaten auf ein Allzeithoch gestiegen. Das sei ein "Gefahrenquell für unsere Demokratie". "Wir müssen den Krisenprofiteuren, die Konflikte herbeiführen, anheizen und propagieren, entschlossen entgegentreten", sagte Haldenwang.
Proteste in Berlin
Am Samstagnachmittag wollen in Berlin propalästinensische Demonstranten von Tempelhof durch Kreuzberg zum Brandenburger Tor laufen. Am Sonntag demonstrieren erneut propalästinensische Gruppen gegen die Angriffe Israels, diesmal laufen sie von Kreuzberg bis zur Sonnenallee in Neukölln. An beiden Tagen sind Gegenveranstaltung angemeldet. So wollen sich am Sonntag Unterstützer Israels am Brandenburger Tor und am Bebelplatz versammeln.
Zum eigentlichen Jahrestag am 7. Oktober soll eine Friedensdemonstration am Potsdamer Platz beginnen. Am Abend wollen Demonstranten von der Gedächtniskirche zur Jüdischen Gemeinde in der Fasanenstraße ziehen.
Frankfurt untersagt Pro-Palästina-Demo
Bei vielen propalästinensischen Demonstrationen in der Hauptstadt hatte es in den vergangenen zwölf Monaten extremistische Parolen gegen Israel, Böllerwürfe, Angriffe auf Polizisten und Tumulte gegeben. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hatte bereits vor wenigen Tagen betont, der Senat weiter alles tun, damit Demonstrationen sicher und friedlich durchgeführt werden könnten.
"Wir werden diese Eskalation auf unseren Straßen nicht zulassen, erklärte er. In Frankfurt am Main verboten die Behörden bereits im Vorfeld eine propalästinensische Demonstration, die zum Jahrestag des Hamas-Überfalls angemeldet worden war.
Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef und Ordnungsdezernentin Annette Rinn erklärten am Donnerstag, es sei zu befürchten, dass es "Straftaten wie Volksverhetzung, Aufrufe zu Straftaten sowie israelfeindliche und antisemitische Äußerungen geben wird". Nach erkennbaren Umständen sei die öffentliche Ordnung gefährdet.
Jubel in Deutschland über Iran-Angriff
Das Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Grenzgebiet zum Gazastreifen verübt hatten, war Auslöser des Kriegs in Gaza. In Deutschland löste der Konflikt zahlreiche teils gewalttätige propalästinensische Demonstrationen aus.
Nach dem jüngsten Raketenangriff des Irans auf Israel hatte es auf einer solchen Kundgebung in Berlin-Wedding Jubel gegeben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich darüber bestürzt. Faeser sagte, auch in Bonn habe es am Abend Spontankundgebungen gegeben. Die Situation im Nahen Osten bezeichnete Faeser als brandgefährlich, die Raketenangriffe des Irans seien durch nichts zu rechtfertigen.
Faeser: Bedrohungslage ist hoch
Sie habe sich mit den Präsidenten der Sicherheitsbehörden in Deutschland beraten. "Die Bedrohungslage durch islamistische, antisemitische und israelfeindliche Taten ist hoch." Sie sprach von einer "Emotionalisierung und Radikalisierung von Personen in der islamistischen Szene".
Faeser erinnerte daran, dass jede Betätigung für die Terrororganisationen Hamas und Hisbollah in Deutschland verboten ist. "Jede Unterstützung ist damit eine Straftat. Propaganda für diese Terroristen kann konsequent verfolgt werden. Hier braucht es auch aus meiner Sicht glasklare Stoppzeichen." Das gelte auf der Straße wie auch im Internet, weshalb sich die Behörden um die rasche Löschung islamistischer Terrorpropaganda bemühten.