Propalästinensische Demo in Berlin Ermittlungen nach Jubel über Raketenangriff
Nach zwei propalästinensischen Demonstrationen in Berlin ermittelt die Polizei. Auf der einen soll der iranische Angriff auf Israel beklatscht worden sein, auf der anderen wurden laut Polizei verbotene Parolen gerufen.
- Aus der Menge einer Demo in der Müllerstraße heraus wurde der iranische Raketenangriff bejubelt
- Journalisten wurden attackiert, ein Polizeifahrzeug angezündet
- In Kreuzberg wurden verbotene Parolen skandiert
- Die Politik reagiert entsetzt auf Beifall für Angriff auf Israel
Bei einer pro-palästinensischen Demonstration in Berlin-Wedding ist nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel Jubel ausgebrochen. "Raketen auf Israel abgeschossen", rief ein Mann am Dienstagabend, woraufhin zahlreiche Demonstrierende jubelten, klatschten und zum Teil trommelten, wie auf einem Video eines Reporters der Deutschen Presse-Agentur (DPA) zu sehen ist.
Es waren auch die Rufe "Widerstand" und "Allahu Akbar" (Gott ist groß) zu hören. Mehrere Teilnehmer der Kundgebung schwenkten Palästinenser-Tücher sowie die palästinensische und die libanesische Flagge.
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Polizei bestätigt Jubel nach Lautsprecher-Durchsage
Nach Polizeiangaben vom Mittwoch hatte der Versammlungsleiter der Demonstration "Hände weg vom Libanon - Freiheit für Palästina" in der Müllerstraße in Berlin-Wedding gegen 19 Uhr über den iranischen Raketenangriff auf Israel per Lautsprecher informiert. Daraufhin sei aus der Menge heraus kurzzeitig Jubel ausgebrochen. Laut Polizei nahmen an der Demonstration bis zu 400 Personen teil. Am Rande der Demonstration seien Journalisten aus der Menge heraus verbal attackiert worden, körperliche Übergriffe seien durch die Polizei verhindert worden.
Nach Abschluss der Kundgebung gegen 19:30 Uhr habe eine Frau versucht, einen Einsatzwagen der Polizei anzuzünden. Ein Polizist habe eine Flamme am Heck des Fahrzeugs rechtzeitig ersticken können. Die 43-jährige polizeibekannte Tatverdächtige wurde festgenommen, am Mittwoch sollte sie einem Haftrichter vorgeführt werden. Zudem wurde nach dem Ende der Versammlung aus der Menge heraus die Kamera eines Journalisten beschädigt.
Die Polizei nahm insgesamt vier Personen fest und leitete sechs Ermittlungsverfahren ein - wegen des Verdachts der Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung, Volksverhetzung sowie schwerer Brandstiftung.
Polizistin in Kreuzberg verletzt
Zu weiteren Zwischenfällen kam es gegen 20 Uhr bei einer Demonstration mit dem Titel "Bodenoffensive gegen den Libanon" am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg. Aus der Menge von bis zu 120 Teilnehmenden heraus seien verbotene Parolen skandiert worden. Die Versammlung wurde laut Polizei um 21.20 Uhr beendet.
Im Nachgang wurde eine Polizistin im Bereich der Reichenberger Straße aus der Menge heraus mit einer E-Zigarette beworfen und am Kopf verletzt. Der Täter oder die Täterin konnte unerkannt entkommen. Es sei Strafanzeige gestellt worden. Gegen 22 Uhr sei dann Ruhe eingekehrt.
Nach eigenen Angaben war die Polizei am Dienstagabend rund um die Kundgebungen mit 200 Kräften im Einsatz.
"Jede Unterstützung ist damit eine Straftat"
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), kommentierte die Vorgänge auf X: "Ich bin entsetzt über die Bilder der vergangenen Nacht aus Kreuzberg und Wedding. Wer in unserer Stadt Angriffe von Terror-Organisationen und Terror-Staaten bejubelt, wird eine deutliche Antwort des Rechtsstaats spüren."
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich bestürzt. Die Jubelszenen machten sie betroffen und wütend, sagte die SPD-Politikerin in Berlin. Auch in Bonn habe es am Abend Spontankundgebungen gegeben. Die Raketenangriffe des Irans seien durch nichts zu rechtfertigen, so Faeser.
Faeser erinnerte daran, dass jede Betätigung für die Terror-Organisationen Hamas und Hisbollah in Deutschland verboten ist. "Jede Unterstützung ist damit eine Straftat. Propaganda für diese Terroristen kann konsequent verfolgt werden. Hier braucht es auch aus meiner Sicht glasklare Stoppzeichen." Das gelte auf der Straße wie auch im Internet, weshalb sich die Behörden um die rasche Löschung islamistischer Terrorpropaganda bemühten.
Konflikt zwischen Hamas und Israel weitet sich aus
Der Iran hat am Dienstagabend nach eigenen Angaben Dutzende Raketen auf Israel abgefeuert [tagesschau.de]. Aus Teheran hieß es, die Attacken seien eine Vergeltung unter anderem für den Tod von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah. Israel sprach von rund 180 iranischen Raketen. Eine große Zahl sei abgefangen worden, einige aber auch eingeschlagen. Mindestens ein Mensch wurde demnach getötet.
Am 7. Oktober vor einem Jahr hatte die islamistische Terror-Organisation Hamas Israel brutal überfallen. Israel startete daraufhin eine Bodenoffensive im Gazastreifen. Inzwischen weitet sich der Konflikt in der Region aus. Auf Beschuss aus dem Libanon regierte Israel zuletzt mit Luftangriffen und der Tötung von Führungspersönlichkeiten der pro-iranischen Hisbollah-Miliz. Die Hisbollah ist mit der Hamas verbündet und dem Iran.
Sendung: rbb|24, 02.10.2024, 16 Uhr