Gerichtsurteil Italien muss Migranten aus Albanien holen
Italien hat zwei Aufnahmezentren in Albanien errichtet, in denen Asylanträge bearbeitet werden sollen. Ein Gericht in Rom entschied nun, dass zwölf Migranten nach Italien gebracht werden müssen, weil ihre Herkunftsländer nicht sicher seien.
Italiens rechtsgerichtete Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat bei der Aufnahme einer ersten Gruppe von Migranten in einem Lager außerhalb der Europäischen Union eine empfindliche Niederlage erlitten. Auf Beschluss eines Gerichts in Rom müssen zwölf Männer aus Ägypten und Bangladesch, die seit Mittwoch in Albanien untergebracht waren, nun doch nach Italien gebracht werden. Italien war bei ihrer Flucht mit einem Boot aus Libyen übers Mittelmeer auch ihr eigentliches Ziel.
Das Gericht erklärte die Unterbringung der zwölf Migranten außerhalb der EU für unzulässig. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass weder Ägypten noch Bangladesch sichere Herkunftsländer seien. Das Gericht bezog sich bei seiner Entscheidung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Bezug auf als sicher eingestufte Herkunftsländer.
An Bord des Schiffs waren insgesamt 16 Migranten. Vier von ihnen waren sofort nach Italien gebracht worden. Zwei von ihnen gaben an, sie seien minderjährig. Zwei weitere benötigten laut eigenen Angaben medizinische Versorgung.
Nun werden die übrigen zwölf Männer an diesem Samstag mit einem Schiff der italienischen Marine nach Italien gebracht, vermutlich in den Hafen Bari. Dort soll dann endgültig über ihre Asylanträge entschieden werden.
Regierung will in Berufung gehen
Die Parteien der in Teilen rechtsextremen Koalition sprachen von einem politischen Urteil einer linken Justiz. Innenminister Matteo Piantedosi kündigte an, in Berufung zu gehen - notfalls bis zur obersten Instanz.
Melonis Regierung hatte die Liste der ihrer Darstellung nach sicheren Herkunftsländer, in denen weder Strafverfolgung noch Folter oder diskriminierende Gewalt drohen, kürzlich auf Staaten erweitert, in denen diese Bedingungen in einigen Landesteilen nicht erfüllt sind. Dem EuGH zufolge ist es jedoch nicht möglich, nur einzelne Landesteile als sichere Herkunftsgebiete einzustufen, sondern nur ganze Staaten.
Die Opposition sieht Melonis Vorhaben, künftig über Asylanträge außerhalb Italiens und der EU entscheiden zu lassen, bereits gescheitert. Die sozialdemokratische Oppositionsführerin Elly Schlein sprach von einer "Schande", die Italien 800 Millionen Euro kosten werde. So hoch werden die Kosten für den Bau der Lager veranschlagt.
Italien ist der erste Staat der EU, der Flüchtlinge in Lagern außerhalb des Landes unterbringt. In Albanien sollen ihre Anträge von italienischen Beamten im Schnellverfahren geprüft werden: Wer Anspruch auf Asyl hat, darf weiter nach Italien. Alle anderen müssen eigentlich zurück in ihre Herkunftsländer. Aufgenommen werden sollen aber nur erwachsene Männer aus als sicher eingestuften Herkunftsländern. Für Kinder, Frauen, Kranke und Folteropfer gilt die Regelung nicht - sie können gleich weiter nach Italien.