Flucht über das Mittelmeer Italiens Asylzentren in Albanien einsatzbereit
Italien will Flüchtlinge während der Prüfung ihrer Asylanträge in Albanien unterbringen. Die Aufnahmelager stehen dem Botschafter zufolge jetzt bereit. Ob sie als Modell für die ganze EU dienen könnten, ist umstritten.
Mit mehreren Monaten Verspätung können die italienischen Aufnahmezentren für Migranten in Albanien nun ihre Arbeit aufnehmen. "Die beiden Zentren sind ab heute bereit und einsatzfähig", sagte Italiens Botschafter in Albanien, Fabrizio Bucci, bei einem Besuch der Einrichtungen. Es ist jedoch unklar, wann die ersten Geflüchteten dort eintreffen werden.
In beide Lager sollen Menschen gebracht werden, die von den italienischen Behörden auf hoher See auf dem Weg übers zentrale Mittelmeer nach Italien an Bord genommen wurden. Pro Jahr können laut der italienischen Regierung Zehntausende Menschen in den Zentren unterkommen.
Abschiebungen direkt aus Albanien
Italien plant, Migranten zunächst in das Lager am Adria-Hafen Shengjin für eine erste Überprüfung zu bringen. Anschließend sollen sie in das Hauptlager in Gjader kommen. Dort will die italienische Regierung ihre Asylanträge prüfen. Als vulnerabel eingestufte Migranten, insbesondere Frauen und Kindern, sollen nicht in den Lagern unterkommen, sondern weiterhin nach Italien gebracht werden.
Nur wenn ein Antrag bewilligt wird, soll die Einreise der Menschen nach Italien möglich sein. Wird ein Antrag abgelehnt, sollen Abschiebungen den Plänen zufolge direkt aus Albanien erfolgen und damit schneller möglich sein. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Einrichtungen scharf.
Eine Lösung für die EU?
Italien ist eines der Länder, die von der Fluchtbewegung aus Afrika nach Europa übers Mittelmeer besonders betroffen sind. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war im Herbst 2022 mit dem Versprechen ins Amt gelangt, die Migration nach Italien einzudämmen. Vor knapp einem Jahr vereinbarten Meloni und ihr albanischer Amtskollege Edi Rama dann die Einrichtung der Zentren - zunächst für fünf Jahre und 670 Millionen Euro.
Italien und Ungarn haben vorgeschlagen, das Prinzip auf die gesamte EU auszuweiten und sogenannte "Rückführungszentren" aufzubauen, in denen Migranten ohne Bleiberecht in Länder außerhalb der EU zurückgeschickt werden sollen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich vergangenes Jahr für das italienisch-albanische Abkommen ausgesprochen. Andere EU-Staaten sehen dieses Modell als nicht geeignet an.
Bundesinnenministerium prüft rechtliche Fragen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat ein solches Verfahren "nicht völlig ausgeschlossen". Das Bundesinnenministerium hatte im Frühjahr zahlreiche Gutachten zur Prüfung der Drittstaaten-Regelung eingeholt und Expertinnen und Experten angehört. Sie kamen überwiegend zu dem Schluss, dass solch ein Modell wegen praktischer und rechtlicher Fragen schwer umsetzbar ist.
Faeser kündigte an, die Erkenntnisse dieser Anhörungen zeitnah vorzustellen. Ihr Ministerium arbeite derzeit an einem Rahmen, in dem aufgezeigt werden soll, "was möglich ist und was nicht". Die "allerschwierigste Frage" sei, einen Staat zu finden, der tatsächlich bereit sei, Asylverfahren und Rückführungen durchzuführen, sagte Faeser gestern. Albanien hat weitere Aufnahmezentren auf seinem Staatsgebiet ausgeschlossen.
Nach EU-Angaben wurden im vergangenen Jahr mehr als 480.000 Drittstaatsangehörige zum Verlassen der EU aufgefordert, nur in jedem fünften Fall kam es jedoch zur Rückkehr.