Migrationspolitik Faeser drückt beim EU-Asylpaket aufs Tempo
Bundesinnenministerin Faeser drängt darauf, die geplanten neuen EU-Asylregeln schneller umzusetzen. Menschen aus Ländern mit geringer Anerkennungsquote sollen direkt abgeschoben werden.
Kontrollen an allen deutschen Landesgrenzen, dabei bleibt es erst einmal. "Wir wollen deutlich machen, dass nicht alle Asylbewerber, die in die EU kommen, nur bei uns in Deutschland aufgenommen werden können", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei einem EU-Innenministertreffen in Luxemburg.
Und das Signal scheint gesetzt: 20 bis 25 Prozent weniger Asylanträge wurden in diesem Jahr in Deutschland gestellt. Damit suchen immer noch rund ein Drittel aller Antragsteller in Europa den Schutz in Deutschland.
Die Grenzkontrollen blieben daher, bis die europäischen Lösungen greifen, so die SPD-Politikerin. "Deshalb ist es für mich das Wichtigste, schnellstmöglich das gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspaket umzusetzen. Wir sind im engen Austausch mit der EU-Kommission darüber, ob wir einige Regelungen des Pakts vorziehen können."
Beschleunigtes Flughafen-Verfahren
Auch weitere große EU-Mitgliedsstaaten - wie Spanien, Italien und Frankreich - wollen früher starten, indem sie einige Inhalte des im Mai verabschiedeten Pakts schon mit ihrer aktuellen Rechtslage kompatibel machen. Faeser wird in den kommenden Tagen ihren Gesetzentwurf dazu vorlegen.
Ein Aspekt zielt auf die deutschen Flughäfen: "Wir wollen an unseren Außengrenzen - das ist in der Regel der Flughafen, wo Menschen ankommen - die 20-Prozent-Regel anwenden", sagt Faeser.
All diejenigen, die geringe Aussicht auf Asyl haben, weil sie aus einem Land kommen mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent, kämen demnach künftig in ein beschleunigtes Flughafenverfahren. Dabei werde innerhalb von 21 Tagen geschaut, ob Aussicht auf Asyl besteht oder nicht. "Und da wären auch die Fälle aus der Türkei mit drin", so Faeser.
Geringe Anerkennungsquote für Türken
Die Türkei ist an Nummer drei der Länder, aus der die meisten Asylantragsteller in Deutschland kommen. Allerdings hat in diesem Jahr nur knapp jeder zehnte einen positiven Bescheid bekommen. Rund 14.500 Türken waren zuletzt ausreisepflichtig. Im gesamten Jahr 2023 wurden aber nur 1.300 abgeschoben - beispielhaft für das gesamte europäische Problem mit der Abschiebepraxis.
Die scheidende EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sieht jedoch eine Trendwende: "In diesem Jahr sind bisher 40 Prozent weniger Menschen ohne Einreiseerlaubnis in die EU gekommen. Und gleichzeitig haben wir die Zahl der Rückführungen gesteigert, auf jetzt 18 Prozent."
18 Prozent - das heißt auch: Weniger als jeder Fünfte der knapp 500.000 Ausreisepflichtigen verlässt aktuell die EU auch wirklich. Man müsse ran an die sechs Jahre alte EU-Rückführungsrichtlinie, fordern deshalb beinahe alle EU-Innenminister.
Nur gemeinsam ergebe das Sinn, sagt Nicole de Moor, die in Belgien die Verantwortung für Migration trägt. Sonst habe man 27 verschiedene Rückführungssysteme. "Und wir brauchen Verpflichtungen, damit ausreisepflichtigen Personen mit unseren Behörden zusammenarbeiten."
Einheitliche Regeln für Abschiebehaft gefordert
Konkret geht es um Sanktionen und Leistungskürzungen, so Österreichs Innenminister Gerhard Karner. "Österreich hat es gerade geschafft, 10.000 Menschen abzuschieben und wir alle müssen da noch kompromissloser werden." Man wolle die Abschiebehaft erleichtern und Sozialleistungen deutlich früher streichen.
In einem gemeinsamen Schreiben fordern 17 EU-Staaten - darunter auch Deutschland - die EU-Kommission zudem auf, eine Liste mit eindeutigen Gründen zu erstellen, die EU-weit eine Abschiebehaft rechtfertigen.
Drittstaaten-Modelle
Dazu kommt die Idee von sogenannten Rückführzentren in Drittstaaten, etwa auf dem Westbalkan. Nach dem Beispiel Italiens: Das Land errichtet in Albanien zwei Aufnahmezentren, um dort Asylanträge von Migranten zu prüfen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden. Wer Schutz erhält, darf nach Italien einreisen, wer abgelehnt wird, soll von Albanien zurückgeführt werden.
Die deutsche Innenministerin verweist auf eine laufende rechtliche Prüfung dazu. Bisher gebe es bei dem Versuch, das in Großbritannien gescheiterte "Ruanda-Modell" anderswo umsetzbar zu machen aber ganz praktische Probleme, so Faeser. "Bei solchen Drittstaaten-Verfahren brauchen sie erstmal einen geeigneten Partner-Staat. Das ist das Entscheidende."
Aber eben auch das Schwierigste.