Migration, Ukraine, Nahost Scholz trifft Erdogan zu Gesprächen in Istanbul
Kanzler Scholz ist nach Istanbul gereist, um sich mit dem türkischen Staatschef Erdogan zu treffen. Beide kommen mit Wünschen und Erwartungen. Kontrovers könnte es beim Thema Nahost werden - die Türkei nennt Israel einen "Terrorstaat".
Bundeskanzler Olaf Scholz ist zu Gesprächen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach Istanbul gereist. Nach Angaben von Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner wird es bei dem Treffen voraussichtlich um den Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Lage im Nahen Osten sowie das Thema Migration gehen.
Der Kanzler will verstärkt abgelehnte Asylbewerber in die Türkei abschieben. Fast 16.000 türkische Staatsbürger in Deutschland waren Ende September ausreisepflichtig. Dem stehen 441 Abschiebungen in der ersten Jahreshälfte gegenüber. Die Türkei zählt neben Syrien und Afghanistan zu den Ländern, bei denen es um die größten Zahlen geht. Jetzt soll mehr Tempo bei den Abschiebungen gemacht werden.
Zudem will die Bundesregierung nicht nur nach Afghanistan, sondern auch nach Syrien wieder Straftäter abschieben. Dafür sucht sie Kooperationspartner in der Nachbarschaft - etwa die Türkei.
Türkei will Zustimmung zu Rüstungsimporten
Auch Erdogan geht mit Wünschen in das Gespräch. Er will unter anderem die deutsche Zustimmung zur Lieferung von 40 Eurofighter-Kampfjets. Derzeit verhandeln die Türkei und Großbritannien über deren Lieferung. Deutschland ist an der Produktion beteiligt und müsste seine Zustimmung erteilen.
Beim EU-Gipfel in Brüssel zeigte sich Scholz zumindest damit einverstanden, dass verhandelt wird. Eine Zustimmung ist das aber noch nicht. "Wir sind aber natürlich auch klar in der Frage, ob wir das aufhalten würden oder nicht", sagte der Kanzler. "Das ist aber ganz früh am Anfang, und deshalb haben wir gesagt: Verhandelt einmal."
Beileidsbekundung an Hamas
Konfrontativ könnte es beim Thema Nahost werden. Während Deutschland fest an der Seite Israels steht, nennt Erdogan das Land einen "Terrorstaat". Die Hamas betitelt er dagegen als "Befreiungsorganisation". Die Türkei hat zudem der Hamas ihr Beileid über die Tötung ihres bisherigen Anführers, Jihia Sinwar, bekundet.
Erdogan warf Deutschland zuletzt Doppelmoral vor. Die Forderung nach einer Feuerpause und die gleichzeitige Lieferung von Waffen an Israel sei nicht miteinander vereinbar. Scholz hat angekündigt, Israel weiter Waffen bereitstellen zu wollen. Zwischen März und August hat es aber keine Kriegswaffenexporte aus Deutschland gegeben.
Türkische Rolle für Ukraine
Hilfreich könnte Erdogan aus deutscher Sicht in Sachen Ukraine sein. Scholz wirbt seit einigen Wochen verstärkt für eine weitere Friedenskonferenz, an der dann auch Russland teilnehmen soll. Erdogan führt regelmäßig Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und war auch in der Vergangenheit Ausrichter indirekter Verhandlungen der Ukraine und Russlands.
Die Türkei hat auch bei dem nun aufgegebenen Korridor zur Ausfuhr ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer vermittelt. Medienberichten zufolge könnte die Türkei auch Mitglied einer neuen Kontaktgruppe zur Ukraine werden.
Auch über bilaterale und wirtschaftspolitische Themen dürfte gesprochen werden. Nach den Gesprächen ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant.