Mehrwertsteuer in der Gastronomie Weniger Gäste, weniger Umsatz
Die Klagen waren laut, als vor drei Monaten die Mehrwertsteuer in der Gastrobranche wieder auf 19 Prozent angehoben wurde. Wie fällt die Bilanz drei Monate später aus?
"Fünf Gäste, die sich was zu essen bestellen, von denen vier nichts trinken. Zwei, die sich eine Portion teilen - was okay ist, wir sind bekannt für volle Teller. Einer, der zwischendurch immer wieder zu seinem Auto läuft, um aus einer Wasserflasche zu trinken. Als Gastgeber schüttelst du da den Kopf", seufzt Gastronom Adrian Valdes. Dem durstigen Gast habe er dann "Kranwasser" - Leitungswasser - angeboten, "selbstverständlich umsonst".
Valdes führt in dritter Generation das "Mexico Lindo" in der Mainzer Innenstadt. Tex-Mex-Küche, familienfreundliches Ambiente, große Tische, an denen die Gäste zusammenrücken können. Vor allem an Wochenenden sei das Restaurant noch gut besucht, unter der Woche merke er die Konsumzurückhaltung deutlich - auf Vor-Corona-Niveau sei das Geschäft noch lange nicht wieder.
"Natürlich mussten wir die Preise erhöhen, alles ist teurer geworden. Ich will ja auch mein Personal anständig bezahlen und nicht ausbeuten", betont Valdes. Die Mehrwertsteueranpassung ärgert den Gastronomen besonders. "Wir sind da hilflos, haben null Kontrolle über die äußeren Umstände. Und das Versprechen, die Senkung beizubehalten, wurde einfach gebrochen."
Wer Geld hat, gibt es noch aus - aber vorsichtiger
Nicht alle Gastwirte reden so offen wie Valdes. Ein großes Anwesen im Rheinhessischen, gehobenes Restaurant und Location für Festlichkeiten und Tagungen, bestätigt auf Anfrage, dass man eine gewisse Zurückhaltung der Gäste durchaus registriere, möchte aber nicht namentlich erwähnt werden.
Auch hier habe man die Preise erhöht - aber nicht nur wegen der Mehrwertsteuer. "Wir mussten schon immer genau kalkulieren, aber wir wissen auch, dass wir mit den Speisekosten an die Grenzen stoßen." Zu Ostern sei das Lokal hervorragend ausgelastet gewesen.
"Unser Eindruck ist, dass die Leute vielleicht etwas seltener essen gehen, sich dann zu bestimmten Anlässen aber richtig was gönnen." Zugegebenermaßen handele es sich hier um gehobene Gastronomie mit einer Klientel, die aus finanziellen Gründen eher nicht komplett aufs Ausgehen verzichten müsse.
Weniger Gäste, weniger Umsatz, weniger Gewinn
Drei Viertel aller gastronomischen Betriebe haben nach einer bundesweiten Umfrage des Branchenverbandes DEHOGA zum Jahreswechsel die Preise erhöht, weitere 17 Prozent wollen nachziehen. Für den Gast bedeutet das im Schnitt 3,5 Prozent höhere Preise für das Essen im Restaurant - das verdirbt manchem den Appetit. Eine Umfrage unter 100 Gastronomiebetrieben in Rheinland-Pfalz bestätigt das.
Gereon Haumann, DEHOGA-Vorsitzender in Rheinland-Pfalz: "44 Prozent geben an, weniger Gäste als vor einem Jahr zu haben, auch der Umsatz pro Gast ist gesunken. Allein im Februar haben unsere Betriebe fast 15 Prozent weniger verdient als im Vorjahresmonat." Darauf reagierten die Lokale mit verkürzten Öffnungszeiten und verschlankten Speisekarten.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
"Januar, Februar: Das sind immer schwierige Monate. Das Geschäft läuft jetzt wieder an - aber natürlich mussten auch wir die Preise erhöhen. Das haben wir ewig geschoben, Mitte März war es dann so weit." Frank Karrenbauers Landgasthof "Hochwaldhof" ist ein alteingesessenes Ausflugsziel am Rande des Nationalparks Hunsrück-Hochwald. "Unsere Gäste gehen da mit, wir haben versucht, es so zu machen, dass die Leute zufrieden sind."
Dabei profitiert das Lokal von den benachbarten Campingplätzen, auch bei Busreisen sei es ein beliebter Anlaufpunkt. "Man muss aber auch sagen, dass es weniger Lokale in der Umgebung gibt als früher. Und die Gäste kommen jetzt eben zu uns." Sein Rezept, auch in der Krise gute Laune zu behalten? "Wir machen uns nicht verrückt. Wir haben das 33 Jahre durchgezogen, mal gibt es schlechte Zeiten, dann kommen wieder gute."
"Das Glas ist immer halb voll"
So lautet auch die Devise von Adrian Valdes. Wenn Kunden sich über Preiserhöhungen ärgern, geht ihm das schon nahe, er versucht, seine Gründe zu erklären. Sein Lokal ist für ihn und seine Gäste weit mehr als ein Platz, um gut zu essen. "Wir haben viele Stammgäste, die fühlen sich hier wie zu Hause, die halten uns aufrecht, die sind der Grund, morgens mit einem Lächeln aufzustehen."
Wie er die Zukunft für seinen gastronomischen Betrieb sieht? "Das Glas ist immer halb voll. Wenn man im Stress denkt, es sei doch halb leer, hofft man, dass es doch wieder halb voll wird."