Arbeitskampf bei US-Flugzeugbauer Boeing-Arbeiter lehnen 35 Prozent mehr Lohn ab
Die streikenden Boeing-Arbeiter haben auch das verbesserte Angebot mit einem Einkommensplus von 35 Prozent in vier Jahren ausgeschlagen. Der Streik geht weiter - und der finanzielle Druck auf Boeing nimmt zu.
35 Prozent mehr Lohn in vier Jahren - den streikenden Boeing-Arbeitern ist auch das noch zu wenig. In einer Abstimmung am Mittwoch sprachen sich 64 Prozent von ihnen gegen das Angebot aus, wie die Gewerkschaft IAM mitteilte. Das neue Angebot sah außerdem eine Einmalzahlung von 7.000 Dollar vor - sowie den Erhalt von Bonuszahlungen, die ursprünglich abgeschafft werden sollten. Allerdings fehlte die Wiedereinführung eines von vielen Beschäftigten gewünschten Pensionsplans.
"Nach zehn Jahren der Entbehrungen haben wir noch einiges aufzuholen, und wir hoffen, dass wir dies durch eine rasche Wiederaufnahme der Verhandlungen tun können", erklärte der IAM-Bezirksvorsitzende Jon Holden. "Dies ist Demokratie am Arbeitsplatz - und auch ein klarer Beweis dafür, dass es Konsequenzen hat, wenn ein Unternehmen seine Beschäftigten Jahr für Jahr schlecht behandelt."
Streik verursacht Milliardenkosten bei Boeing
Damit geht der bereits seit Mitte September laufende Streik weiter. Die Unternehmensberatung Anderson Economic Group schätzte die gesamten durch den Streik verursachten ökonomischen Kosten in der vergangenen Woche auf 7,6 Milliarden Dollar - davon entfielen allein auf Boeing 4,35 Milliarden Dollar und fast 2 Milliarden Dollar auf seine Zulieferer. Wegen des Streiks war die Montage der Boeing-Maschinen 737 Max und 777 praktisch zum Erliegen gekommen.
Mit dem Fortgang des Streiks dürfte sich die finanzielle Lage bei Boeing nun weiter verschärfen. Dabei war das Unternehmen bereits vor dem Streik schon finanziell angeschlagen. Zahlreiche Probleme vor allem bezüglich der Sicherheit ihrer Maschinen machten der US-Firma zu schaffen.
Milliardenverlust im dritten Quartal
Der US-Konzern hatte vor Kurzem angekündigt, zehn Prozent der Arbeitsplätze zu streichen. Boeing-Chef Kelly Ortberg nannte keine genaue Stellenzahl - aber nach Angaben vom Jahreswechsel hatte der Flugzeugbauer gut 170.000 Beschäftigte. Das Unternehmen müsse die Belegschaft an die finanzielle Realität anpassen, erklärte Ortberg.
Im vergangenen Quartal verzeichnete Boeing einen Milliardenverlust: Das Minus von Juli bis September belief sich auf 6,17 Milliarden Dollar, wie der Konzern gestern mitteilte. Der Umsatz sank in den drei Monaten um ein Prozent auf 17,84 Milliarden Dollar. Die Boeing-Aktie gab daraufhin an der New Yorker Börse um 1,8 Prozent auf 157,06 Dollar nach. Allein in den vergangenen drei Monaten hat der Titel bereits rund 15 Prozent eingebüßt.
Spirit AeroSystems in finanzieller Schieflage
Unterdessen gerät wegen des anhaltenden Streiks bei Boeing auch dessen wichtigster Zulieferer, Spirit AeroSystems, in finanzielle Schwierigkeiten. Spirit Aero verzeichnete im dritten Quartal einen Nettoverlust von 217 Millionen Dollar und musste seine gesamte Kreditlinie von 350 Millionen Dollar ausschöpfen, wie das Unternehmen Mittwochabend nach US-Börsenschluss mitteilte. Die Barreserven seien daher auf nur noch 218 Millionen Dollar zusammengeschrumpft. Spirit-Aktien fielen im nachbörslichen Handel um vier Prozent.
Das Unternehmen kündigte an, 700 Beschäftigte für 21 Tage in Zwangsurlaub zu schicken und warnte vor möglichen Entlassungen, sollte der Streik bei Boeing andauern. Spirit machte den Streik der Boeing-Werksarbeiter für die Verschlechterung der Finanzlage verantwortlich. Boeing äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.