Stimmung in Chefetagen Geschäftsklima hellt sich überraschend stark auf
Erstmals seit fast einem halben Jahr hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft wieder verbessert. Nach vier Rückgängen in Folge ist der Geschäftsklima-Index des ifo-Instituts im Oktober gestiegen.
Die angeschlagene deutsche Wirtschaft sendet wieder positive Signale. Die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen hat sich im Oktober überraschend deutlich aufgehellt. Der ifo-Geschäftsklimaindex als wichtigstes Barometer für die Konjunktur in Deutschland stieg auf 86,5 Zähler von 85,4 Punkten im Vormonat, teilte das Münchner ifo-Institut heute mit.
Zuvor hatte es bei der Umfrage unter 9.000 Führungskräften vier Rückgänge in Folge gegeben. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg auf 85,6 Zähler gerechnet.
Wende für die Wirtschaft?
Die Unternehmen beurteilten sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch die Aussichten für die kommenden Monate optimistischer als zuletzt. Aufgehellt hat sich die Stimmung in der Industrie, bei den Dienstleistern und im Handel. In der kriselnden Baubranche ging es dagegen erneut bergab. "Die deutsche Wirtschaft konnte den Sinkflug vorerst stoppen", kommentierte ifo-Präsident Clemens Fuest.
Eine Trendwende zum Besseren sieht ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe noch nicht. "Dazu ist es noch zu früh", sagte Wohlrabe. "Gewinnt Donald Trump die US-Wahl, kann es im November mit der Stimmungsaufhellung schon wieder vorbei sein."
44 Prozent der Industrieunternehmen in Deutschland erwarten negative Auswirkungen für ihren Betrieb, sollte der Republikaner Trump statt der Demokratin Kamala Harris zum US-Präsidenten gewählt werden. Zudem bleibe der Auftragsmangel ein zentrales Problem, fügte Wohlrabe hinzu.
Stagnation ist das wahrscheinlichste Szenario
Auch Banken-Ökonomen warnen vor zu viel Optimismus. "Das Winterhalbjahr wird für die deutsche Wirtschaft schwierig", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die heutige Erholung beim Ifo-Geschäftsklima spreche aber zumindest gegen eine tiefe Rezession. "Das wahrscheinlichere Szenario bleibt eine Stagnation im Winterhalbjahr, gefolgt von einer blutleeren Erholung ab dem Frühjahr", sagte Krämer. "Mehr ist nicht drin, weil die Bundesregierung nicht entschieden gegen die jahrelange Erosion der Standortqualität vorgeht."
"Es ist ein Silberstreif am Horizont", urteilte Michael Herzum, Marktexperte bei Union Investment. Dies ändere jedoch nichts an der derzeit schwierigen Lage.
So geht beispielsweise auch die Bundesbank nicht davon aus, dass sich Europas größte Volkswirtschaft am Jahresende aus der hartnäckigen Konjunkturflaute befreien kann. "Im vierten Quartal könnte die wirtschaftliche Aktivität aus heutiger Sicht in etwa stagnieren", heißt es im aktuellen Monatsbericht. Im Sommerquartal sei das Bruttoinlandsprodukt wohl "erneut etwas zurückgegangen", nachdem es bereits im Frühjahr um 0,1 Prozent geschrumpft war. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer technischen Rezession gesprochen.