Verstoß gegen EU-Recht EuGH kippt feste Architektenhonorare
Bisher galt in Deutschland eine feste Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Jetzt hat der EuGH entschieden: Die Regeln verstoßen gegen EU-Recht. Das Urteil hat Folgen für die gesamte Baubranche.
Die Baubranche wird sich ändern. Zwar nicht in den Zeiten des Baubooms - da kann jeder Architekt weiterhin gute Honorare verlangen, denn die Bauherren suchen ja händeringend nach jemandem, der ihren Bau betreut. Doch wenn der Andrang nachlässt, werden die Architekten das neue Urteil des obersten EU-Gerichts spüren.
Denn dann wird es einen verschärften Preiskampf geben: Wer bauen will, wird viel mehr über die Architektenkosten verhandeln. Bislang war das nicht so. In Deutschland galt die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Zwar änderten sich die Abrechnungsmodalitäten und auch die Höhe des Honorars immer mal wieder, aber eines stand fest: Alle Architekten und Ingenieure, die Bauten planen, hatten dieselbe Ausgangsbasis. Ob Architektin X oder Architekt Y - die Honorare unterschieden sich nicht all zu sehr.
Die Richter am Europäischen Gerichtshof sehen in der deutschen Honorarordnung die Dienstleistungsrichtlinie verletzt.
Honorarordnung nicht logisch
Das wird jetzt anders. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat entschieden: Deutschland verstößt gegen die Dienstleistungsrichtlinie. Danach dürfen Mindest- oder Höchstpreise nur vorgeschrieben werden, wenn sie nicht diskriminieren, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig sind.
Es sei durchaus möglich, dass die HOAI geeignet ist, die Qualität beim Bauen zu sichern, sagen die Richter. Denn ein ruinöser Preiskampf zwischen Architekten wird vermieden, und die Planer haben mehr finanziellen Spielraum, sich um ihre Baustellen wirklich zu kümmern.
Die Richter stören sich aber daran, dass das System nicht logisch sei: Es könnten ja in Deutschland nicht nur Architekten und Ingenieure Bauten planen, sondern auch andere, die ihre fachliche Eignung nicht nachgewiesen hätten. Das Gericht hat offensichtlich Bauträger und Generalplaner im Sinn - also andere Unternehmen, die Bauten planen.
Wenn man die Qualität sichern wolle, dann reiche es nicht aus, den Preis vorzuschreiben, sagen die Richter. Dann müsse man andere Maßnahmen ergreifen und dafür sorgen, dass alle, die einen Bau planen, einen bestimmten garantierten Wissensstandard vorweisen können.
Architekten wollen mit Bundesregierung reden
Im Hinblick auf den Verbraucherschutz sagen die Richter: Wer Verbrauchern eine Orientierung geben wolle, müsse nicht unbedingt die Preise deckeln. Es würde ausreichen, wenn die Behörden Preislisten veröffentlichen, was die üblichen Preise für bestimmte Leistungen sind, damit die Kunden nachlesen können, was auf dem Markt üblich ist.
Die Architektenkammern, die offensichtlich schon mit einer solchen Entscheidung gerechnet haben, wollen jetzt mit der Bundesregierung sprechen. Sie wollen, dass die Honorarordnung erhalten bleibt, zumindest als Bezugsgröße, damit alle wissen, was eine gute Architektenleistung wert ist.
Ob sich die Bauherren daran halten, ist allerdings offen. Denn die wissen, dass sie ab heute ganz neu über das Honorar ihres Architekten verhandeln können.