Weltenergieausblick der IEA Krisen und Klimawandel gefährden Energiesicherheit
Die Internationale Energieagentur warnt vor weiteren Energiekrisen. Beim Ausbau der Erneuerbarer Energien gebe es zwar weltweit Fortschritte, aber auch enormen Handlungsbedarf.
Trotz enormer Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sieht die Internationale Energieagentur (IEA) enormen Handlungsbedarf, um Klimaziele zu erreichen und einen gerechten Zugang zu sauberer Energie auch in Entwicklungsländern zu gewährleisten. In ihrem in Paris vorgelegten Weltenergieausblick warnt die IEA zudem vor den immer gravierenderen Auswirkungen, die der Klimawandel mit Hitzewellen, Stürmen und Überflutungen auf die Energiesicherheit hat. Gefährdet sei diese zusätzlich durch Krisen.
Erneuerbare Energien wachsen, Stromnachfrage aber auch
So unterstreichen der sich zuspitzende Konflikt im Nahen Osten sowie Russlands anhaltender Krieg in der Ukraine der IEA zufolge die Risiken für die Energiesicherheit, mit denen die Welt konfrontiert ist. Zwar seien einige der unmittelbaren Auswirkungen der globalen Energiekrise bereits abgeklungen, das Risiko neuer Erschütterungen aber weiter hoch. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeige, wie schnell sich Abhängigkeiten in Schwachstellen verwandeln könnten. Das gelte auch für saubere Energieversorgungsketten, bei denen es hinsichtlich Rohstoffen und Technik eine hohe Abhängigkeit von einzelnen Ländern gebe.
Beim Ausbau der Erneuerbaren Energie sieht die IEA eine positive Entwicklung. Die Forscher erwarten, dass sich die Kapazität bis 2030 verdreifacht und damit mehr als die Hälfte des weltweiten Stroms aus emissionsarmen Quellen erzeugt wird. Gleichzeitig werde die Nachfrage nach allen drei fossilen Brennstoffen - Kohle, Öl und Gas - bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen. Denn die weltweite Stromnachfrage steige stark. Der Stromverbrauch sei in den vergangenen zehn Jahren doppelt so schnell gewachsen wie die Gesamtenergienachfrage. Zwei Drittel des weltweiten Anstiegs der Stromnachfrage seien dabei auf China entfallen.
Verbreitung von Technologien in einigen Regionen erschwert
Saubere Energien wachsen laut der Energieagentur zwar in einem nie dagewesenen Tempo, aber der Einsatz sei bei weitem nicht gleichmäßig über alle Technologien und Märkte verteilt. Für einen anhaltend schnellen Ausbau seien außerdem wesentlich höhere Investitionen insbesondere in Stromnetze und Energiespeicher erforderlich. Eine sichere Dekarbonisierung des Stromsektors erfordere, dass Investitionen in Netze und Speicher schneller steigen als die saubere Stromerzeugung selbst. Viele Versorgungssysteme seien derzeit anfällig für die Zunahme extremer Wetterereignisse, was die Bemühungen um mehr Widerstandsfähigkeit und digitale Sicherheit wichtiger mache.
Die Internationale Energieagentur (IEA) ist die weltweit bedeutendste Kooperationsplattform für Regierungen und Experten zu Forschung, Entwicklung und Nutzung von Energieträgern und energetischen Technologien. Die IEA ist eine selbständige Organisation innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Sie unterstützt ihre 31 Mitgliedsländer, inklusive der EU, bei der Bereitstellung einer sicheren, nachhaltigen sowie wirtschaftlichen Energieversorgung.
Gegründet wurde die IEA im Jahr 1974 als Reaktion auf die globale Ölkrise. Zu Beginn stand die Sicherstellung der Erdölversorgung im Fokus. Später haben sich die Arbeitsschwerpunkte erweitert: nachhaltige Energiepolitik, Erarbeitung von Marktreformen, Entwicklung innovativer Technologien und Einbindung von Schwellenländern. Sitz der IEA ist Paris.
Darüber hinaus behindern hohe Finanzierungskosten und Projektrisiken die Verbreitung kostengünstiger sauberer Energietechnologien in einigen Regionen der Welt, wo sie am dringendsten benötigt würden, wie es im Ausblick heißt. Dies sei vor allem in Entwicklungsländern der Fall, wo die Technologien den größten Nutzen für die nachhaltige Entwicklung und die Verringerung der Emissionen bringen könnten. Der fehlende Zugang zu Energie ist laut IEA-Bericht weiterhin die größte Ungerechtigkeit im heutigen Energiesystem: 750 Millionen Menschen - vor allem in Afrika südlich der Sahara - haben keinen Zugang zu Elektrizität und über zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberen Brennstoffen zum Kochen.
Trotz der zunehmenden Dynamik bei der Umstellung auf saubere Energien sei die Welt unter anderem aus diesen Gründen noch weit entfernt vom Erreichen der Klimaneutralität. Entscheidungen von Regierungen, Investoren sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern verfestigten allzu oft die Mängel des heutigen Energiesystems, anstatt es auf einen saubereren und sichereren Weg zu bringen, so die IEA-Forscher. Dazu kämen zunehmende Hitzewellen mit einer verstärkten Nutzung von Klimaanlagen, der Vormarsch der auf Rechenzentren angewiesenen Künstlichen Intelligenz, aber auch Effizienzmaßnahmen, die sich auf die künftige Stromnachfrage auswirken könnten.
Erderwärmung um 2,4 Grad mit gravierenden Folgen
Ausgehend von den heutigen politischen Rahmenbedingungen werden die weltweiten Kohlendioxidemissionen der IEA-Prognose zufolge ihren Höhepunkt bald erreichen. Da danach kein starker Rückgang erwartet werde, sei mit einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um 2,4 Grad zu rechnen. Dies wäre deutlich mehr als das angestrebte 1,5-Grad-Ziel.
Der Klimawandel bringt die Energiesicherheit laut IEA in Gefahr. In vielen Regionen der Welt stellten extreme Wetterereignisse, die durch jahrzehntelange hohe Emissionen verschärft worden seien, bereits jetzt eine große Herausforderung für den sicheren und zuverlässigen Betrieb der Energiesysteme dar. Das betreffe immer heftigere Hitzewellen, Dürreperioden, Überschwemmungen und Stürme.
In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnt sind laut der IEA-Analyse eine stärkere Versorgung mit Erdöl und Erdgas und damit sinkende Preise für Verbraucher möglich. Der Politik verschaffe dies Spielraum, sich auf mehr Investitionen in saubere Energien und auf die Abschaffung ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe zu konzentrieren.