Herzi Halevi
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Krieg in Nahost ++ Halevi nennt 7. Oktober "Tag des Versagens" ++

Stand: 06.10.2024 23:24 Uhr

Israels Generalstabschef Halevi hat in Bezug auf den 7. Oktober von einer "gescheiterten Mission, die Bürger des Staates Israel zu schützen" gesprochen. Der Iran setzt erneut alle Flüge bis Montagmorgen aus. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

06.10.2024 • 23:23 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit beenden wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse!

Der Iran nimmt den zivilen Flugverkehr am internationalen Flughafen von Teheran wieder auf. "Die Lage ist wieder normal, und der Flugverkehr läuft wieder", sagte ein Sprecher des Imam Khomeini Airport (IKA) der Nachrichtenagentur Ilna. Zuvor hatte die zivile Luftfahrtbehörde kurzfristig ein landesweites Flugverbot im Land verhängt.

Die libanesische Hisbollah-Miliz stellt sich nach dem Tod ihres Chefs Hassan Nasrallah einem Sprecher zufolge bis auf weiteres ohne einen zentralen Anführer auf. "Das Verfahren zur Auswahl eines Nachfolgers für den Generalsekretär braucht Zeit und erfordert entsprechende Umstände", sagte der hochrangige politische Hisbollah-Vertreter Mahmud Kmati im irakischen Staatsfernsehen. "Aus diesem Grund begnügen wir uns derzeit mit einem vorübergehenden gemeinsamen Kommando." Der langjährige Hisbollah-Chef Sajjed Hassan Nasrallah war am 27. September bei einem israelischen Luftangriff auf die libanesische Hauptstadt Beirut ums Leben gekommen. Darüber hinaus hat das israelische Militär zahlreiche weitere Hisbollah-Kommandeure getötet.

Die UN-Beobachtermission Unifil im Libanon hat sich "zutiefst besorgt" über "kürzliche Aktivitäten des israelischen Militärs in unmittelbarer Nähe" eines ihrer Posten gezeigt. Der Angriff nahe dem Ort Marun ar-Ras im Südlibanon sei eine "gefährliche Entwicklung", erklärte Unifil. Es sei inakzeptabel, die UN-Friedenstruppen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Auftrag des Sicherheitsrats zu gefährden. Unfil forderte alle Akteure auf, Personal und Eigentum der Vereinten Nationen (UN) zu schützen.

In der ARD-Sendung Bericht aus Berlin hat Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bekräftigt, dass Israels Sicherheit "unverhandelbar" und Teil der deutschen Staatsräson ist. Die israelische Regierung höre der deutschen zu, treffe ihre Entscheidungen aber am Ende "autonom".

Tobias Lindner, Staatsminister Auswärtiges Amt, über die Eskalation im Nahen Osten

Bericht aus Berlin, 06.10.2024 18:00 Uhr

Israels Generalstabschef Herzi Halevi hat in einem Schreiben an die israelischen Soldaten den 7. Oktober 2023 als den Tag bezeichnet, "an dem wir bei unserer Mission gescheitert sind, die Bürger des Staates Israel zu schützen." Der 7. Oktober sei "nicht nur ein Tag des Gedenkens, sondern auch ein Aufruf zu tiefer Selbstbesinnung", schrieb Halevi über das "Eingeständnis unserer Fehler und die Verpflichtung, daraus zu lernen."

Der militärische Flügel der Hamas sei besiegt, der Kampf gegen die terroristischen Strukturen der Organisation werde fortgesetzt, so Halevi. Mit Blick auf die Kämpfe gegen die Hisbollah im Libanon sagte er, der Miliz sei ein schwerer Schlag versetzt worden. "Wir hören nicht auf", betonte Halevi. "Wir zerstören die Fähigkeiten unserer Feinde und werden sicherstellen, dass diese Fähigkeiten nicht wieder aufgebaut werden, damit sich der 7. Oktober nie wiederholt."

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat nach seiner Forderung nach einem Stopp von Waffenlieferungen an Israel mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu telefoniert. Sie hätten ein offenes Gespräch über die Lage im Nahen Osten geführt und akzeptiert, dass sie verschiedener Meinung seien, teilte Macrons Büro am Sonntag mit. Sie wollten sich einander aber verständlich machen. Macron bekräftigte den Angaben zufolge die Solidarität seines Landes mit dem israelischen Volk, insbesondere mit den Opfern, den in den Gazastreifen verschleppten Geiseln und ihren Familien. "Frankreichs Engagement für Israels Sicherheit ist unerschütterlich", versicherte Macron Netanyahu. Doch Waffenlieferungen, die Verlängerung des Krieges im Gazastreifen und seine Ausweitung auf den Libanon brächten weder für Israelis noch für andere Menschen in der Region Sicherheit. Netanyahu hatte Macrons Forderung zuvor als Schande bezeichnet.

Unmittelbar vor dem Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel und dem darauf folgenden Gaza-Krieg sind in mehreren deutschen Städten Tausende Menschen auf die Straße gegangen.

In München kamen mehrere tausend Menschen Menschen zur Gedenkveranstaltung "365 Tage - München gegen Antisemitismus" zusammen. In Düsseldorf beteiligten sich an einem Gedenkmarsch der weltweiten Bewegung "Run for their lives" laut Polizei knapp 1.000 Menschen, in Hamburg waren es rund 400 Teilnehmer bei einem Protestmarsch. Die Bewegung erinnert die regelmäßig mit Gedenkspaziergängen an die Geiseln und die Opfer des Hamas-Überfalls.

In Berlin-Kreuzberg versammelten sich zu einem propalästinensischen Protestzug mit dem Titel "Demo gegen Genozid in Gaza" nach Angaben einer Polizeisprecherin rund 3.500 Menschen. Zu Beginn der Versammlung sei es "sehr turbulent", später sei die Situation "im Großen und Ganzen gesittet" gewesen, sagte eine Polizeisprecherin.

Die israelische Polizei hat schwere Schäden durch Raketenbeschuss aus dem Libanon in der nordisraelischen Stadt Ma’alot Tarschiha gemeldet. Israelische Medien zeigten Bilder eines behelfsmäßigen Gebäudes vor einem Wohnhaus in der Stadt, das in Flammen stand. Berichte über Verletzte lagen nicht vor. Nach Angaben des israelischen Militärs wurden am Sonntag Dutzende Raketen und zahlreiche Drohnen vom Libanon aus auf israelisches Gebiet abgefeuert. Die meisten wurden abgefangen oder schlugen in offenen Gebieten ein.

06.10.2024 • 19:44 Uhr

Sperrgebiete in Israel

Das israelische Militär erklärt mehrere Regionen im Norden des Landes zum militärischen Sperrgebiet. Dies betreffe die Gebiete Manara, Jifta und Malkia.

Der israelische Präsident Izchak Herzog hat die Menschen im Nahen Osten aufgerufen, auf Veränderungen der Machtverhältnisse in ihren Ländern zu dringen. In einem Interview mit dem Sender Al-Arabia sagte Herzog: "Ich rufe das libanesische Volk, das iranische Volk, die Menschen aller unterdrückten Nationen in der Region auf, aufzustehen und zu verstehen, dass wir, wenn wir dieses Reich des Bösen bewegen, wenn wir ihm entgegentreten, sicherlich auf eine bessere Zukunft hoffen können."

Herzog sprach von der Möglichkeit einer NATO-ähnlichen Struktur in der Region, "die den Radikalismus blockiert." Im gegenwärtigen Krieg versuche Israel, "die Gleichung zu ändern und den Menschen im Nahen Osten Hoffnung zu bringen", sagte Herzog und betonte: "Wir alle sind Kinder Abrahams."

Auf die CDU-Parteizentrale in Berlin ist eine Farbattacke verübt worden. Nach Angaben der Polizei soll einem Sicherheitsmitarbeiter in der Nacht gegen 3.30 Uhr eine komplett vermummte Person aufgefallen sein. Diese habe einen roten Schriftzug an das Gebäude in Berlin-Tiergarten geschmiert, der im Kontext zum Nahostkonflikt stehen soll. Der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz hat die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung übernommen. Der Täter konnte unerkannt entkommen, wie es hieß.

Im Iran werden Flüge von den Flughäfen des Landes in der Nacht zum Montag gestrichen. Dies betreffe den Zeitraum von Sonntag 21 Uhr Ortszeit (19.30 Uhr MESZ) heute Abend bis 6 Uhr (4.30 Uhr MESZ), meldet die iranische Nachrichtenagentur Mehr unter Berufung auf die Luftfahrtbehörde. Bereits in der vergangenen Woche hatte der Iran nach den Raketenangriffen auf Israel für fast 48 Stunden seinen Luftraum gesperrt.

Bei Beschuss im Gazastreifen ist nach Informationen der Nachrichtenagentur AP ein Journalist getötet worden. Der freiberufliche Fernsehreporter Hassan Hamd sei bei Artilleriebeschuss in seinem Haus in Dschabalia im Nordosten des Küstenstreifens ums Leben gekommen, bestätigte dessen Kollege Anas al-Scharif vom Fernsehsender Al-Jazeera. Hamd hatte ebenfalls für Al-Jazeera gearbeitet, aber auch für andere Sender. Zu den genauen Umständen liegen bislang keine weiteren Informationen vor.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat die Kriegsparteien im Nahen Osten dazu aufgerufen, "unverzüglich ihre Verantwortung gemäß dem humanitären Völkerrecht" wahrzunehmen. Die von dem Konflikt Betroffenen seien "mit Rechten ausgestattet" und hätten "Anspruch auf Schutz, humanitäre Hilfe und die Möglichkeit, in Sicherheit ein neues Leben aufzubauen", erklärte die Organisation. Die beteiligten Seiten sollten zudem "die Würde aller von diesem Konflikt betroffenen Menschen achten", forderte das IKRK. 

Das israelische Militär hat der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur zufolge in Homs drei Fahrzeuge mit medizinischen Artikeln und Hilfsgütern angegriffen. Es sei Sachschaden entstanden. Industrieanlagen in der im Westen Syriens gelegenen Stadt seien Behörden zufolge nicht beschossen worden. Es habe mehrere Explosionen gegeben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben aus Syrien nicht. Vom israelischen Militär liegt bislang keine Stellungnahme vor.

Israels Militär fliegt schon seit Jahren Angriffe auf Ziele in Syrien, die nach seinen Angaben mit dem Iran verbunden sind. Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor einem Jahr hat Israel den Beschuss verstärkt.

Kurz vor dem Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel haben in der Türkei zahlreiche Menschen gegen das militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen demonstriert. An einer Kundgebung in der Hauptstadt Ankara unter dem Motto: "Widerstand gegen den Völkermord - Protestmarsch zur Unterstützung Palästinas" nahm auch Bilal Erdogan, der Sohn des türkischen Präsidenten, teil.

Nach Angaben des Senders CNN Türk gab es Demonstrationen in mehr als 60 Städten.  Auf Bildern des Senders war zu sehen, wie Menschen auf dem Protestzug in Ankara auch Fahnen der militant-islamistischen Hamas schwenkten, die für den Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 verantwortlich ist. Auch Bilder des getöteten Hamas-Auslandschefs Ismail Hanija wurden demnach gezeigt.

Menschen protestieren in Istanbul bei einer propalästinensischen Demo.

Menschen protestieren in Istanbul bei einer propalästinensischen Demo.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hat dem Iran im Falle einer Attacke mit israelischen Gegenangriffen wie denen im Gazastreifen und Beirut gedroht. "Die Iraner haben die Fähigkeiten der Luftwaffe nicht beeinträchtigt - kein Flugzeug wurde beschädigt, keine Staffel wurde außer Dienst gestellt", erklärte Gallant. Er bezog sich damit auf den iranischen Raketenangriff auf Israel am Dienstagabend, bei dem zwei Stützpunkte der israelischen Luftwaffe getroffen worden waren.

"Wer glaubt, dass ein bloßer Versuch, uns zu schaden, uns von Maßnahmen abhalten wird, sollte einen Blick auf (unsere Erfolge) in Gaza und Beirut werfen", erklärte Gallant weiter.

Yoav Gallant

"Die Iraner haben die Fähigkeiten der Luftwaffe nicht beeinträchtigt", sagte Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant.

Die libanesische Regierung hat nach eigenen Angaben eine Hilfslieferung von 25 Tonnen Medikamenten und medizinischen Hilfsgütern von den Vereinten Nationen in Empfang genommen. Die Lieferung vom UN-Kinderhilfswerk UNICEF sei sehr wichtig und ermögliche es den Krankenhäusern, weiterhin zu funktionieren, sagte der geschäftsführende Gesundheitsminister Firas Abiad. Zuvor hatten bereits andere UN-Einrichtungen medizinische Hilfsgüter in den Libanon geschickt.

Bei einem israelischen Luftangriff auf eine als Notunterkunft genutzte Moschee im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben 26 Menschen getötet worden. Zudem seien bei dem Angriff in Deir al-Balah im Zentrum des Palästinensergebietes viele weitere Menschen verletzt worden, erklärte das Gesundheitsministerium im Gazastreifen. Zuvor war von mehr als 20 Toten die Rede gewesen.

In der Ibn-Ruschd-Schule und der Al-Aksa-Märtyrer-Moschee hatten demnach Geflüchtete Unterkunft gefunden. Das israelische Militär erklärte hingegen, es habe "einen präzisen Schlag gegen Hamas-Terroristen ausgeführt, die in einem Kommando- und Kontrollzentrum" in der Moschee tätig seien. Unabhängig überprüfen lassen sich die israelischen Angaben derzeit nicht.

Jugendliche blicken auf die bei einem israelischen Angriff zerstörte Moschee in Deir al-Balah.

Jugendliche blicken auf die bei einem israelischen Angriff zerstörte Moschee in Deir al-Balah.

Eine bei einem Angriff in Beerscheba im Süden Israels schwer verletzte Frau ist Medienberichten zufolge gestorben. Die Polizei spricht von einem mutmaßlichen Schusswaffenangriff. Dabei wurden nach Angaben des Rettungsdienstes mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt. Der mutmaßliche Angreifer sei getötet worden.

Karte: Deir al-Balah im Gazastreifen und Beerscheba in Israel

Ein Jahr nach dem Ausbruch des Nahost-Krieges sind die Folgen auch in Deutschland unübersehbar. Seit dem 7. Oktober 2023 haben sich Statistiken zufolge antisemitische Vorfälle hierzulande vervierfacht; auch die Islamfeindlichkeit nahm stark zu. Wie geht es Menschen, die zunehmend mit Anfeindungen leben müssen?

In der ARD-Mediathek ist die BR-Dokumentation "Wie der Nahostkrieg Deutschland spaltet" vom Rechercheformat "Y-Kollektiv" abrufbar.

In Beerscheba im Süden Israels sind nach Angaben der Polizei bei einem mutmaßlichen Schusswaffenangriff mehrere Menschen verletzt worden. Der Angreifer sei getötet worden, teilte der Rettungsdienst mit. Eine schwer verletzte Frau werde vor Ort behandelt. Acht weitere Verletzte seien in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht worden. Nähere Angaben sind bislang nicht bekannt.

Kurz vor dem ersten Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel hat die israelische Armee eine Verstärkung ihrer Truppen in der Nähe zum Gazastreifen bekanntgegeben. "Die Gaza-Division der IDF (israelische Armee) wurde mit mehreren Zügen verstärkt", erklärte die israelische Armee. Kräfte sowohl zur Verteidigung der israelischen Gemeinden als auch des Grenzgebiets seien stationiert worden. "Die Soldaten sind voll ausgerüstet, um die Region in Abstimmung mit den örtlichen Sicherheitskräften zu verteidigen." Im Gazastreifen seien drei Divisionen im Einsatz, um "terroristische Infrastruktur zu zerschlagen und die Fähigkeiten der Hamas zu schwächen". Das Südkommando bleibe in den kommenden Tagen in erhöhter Wachsamkeit und Bereitschaft, wurde Generalmajor Jaron Finkelman zitiert.

Kurz vor dem Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas hat das israelische Militär Tausende Waffen zur Schau gestellt, die es bei seinem Feldzug gegen die militant-islamistische Palästinenser-Organisation erbeutet hat. Außerdem zeigte die Armee auf einem Militärgelände südlich von Tel Aviv selbstgebaute Sprengsätze, wie sie die Hamas am 7. Oktober 2023 für das Durchbrechen des Grenzzauns eingesetzt haben soll. Diese seien nach jahrelangen Studien der israelischen Grenze während der von der Hamas organisierten gewalttätigen Proteste dort gebaut worden, hieß es. Unabhängig überprüfen lässt sich diese Aussage des israelischen Militärs derzeit nicht.

Israel zeigt Waffen, die Angaben des Militärs zufolge, von der Hamas erbeutet wurden.

Israel zeigt Waffen, die Angaben des Militärs zufolge, von der Hamas erbeutet wurden.

Die Führung in Teheran hat iranischen Medienberichten zufolge für den Fall eines israelischen Gegenangriffs bereits Vorbereitungen für einen weiteren iranischen Angriff auf Israel getroffen. Der "Plan für die notwendige Antwort auf eine mögliche Aktion" Israels sei "komplett fertig", berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim unter Berufung auf Militärkreise. "Wenn Israel handelt, wird der iranische Gegenangriff ausgeführt", zitierte das Medium Militärkreise. Demnach verfügt der Iran über "eine Liste mit vielen israelischen Zielen".

Der iranische Großangriff vom vergangenen Dienstag habe "gezeigt, dass wir jeden Punkt, den wir wollen, dem Erdboden gleichmachen können", hieß es in Militärkreisen laut Tasnim weiter. Der Iran hatte Israel am Dienstagabend zum zweiten Mal binnen sechs Monaten direkt angegriffen. Nach Angaben der israelischen Armee konnte ein großer Teil der rund 200 iranischen Raketen abgefangen werden. Teheran reagierte damit nach eigenen Angaben auf die israelische Militäroffensive im Südlibanon gegen die proiranische Hisbollah-Miliz und die Tötung von deren Anführer Hassan Nasrallah. 

Mit weiteren Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen wird in Berlin an das Hamas-Massaker in Israel und den Gaza-Krieg erinnert. Etwa 600 Polizeibeamte seien im Einsatz, wie eine Polizeisprecherin mitteilte. Schwerpunkt des Einsatzes wird ein propalästinensischer Protestzug mit dem Titel "Demo gegen Genozid in Gaza" sein, der am Kottbusser Tor in Kreuzberg startet und zur Sonnenallee in Neukölln führen soll. Dazu werden 1.000 Menschen erwartet.

Menschen protestieren bei einer propalästinensischen Demo in Berlin.

Menschen protestieren bei einer propalästinensischen Demo in Berlin.

Wegen des Beschusses zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah-Miliz wird der Schulanfang im Libanon auf den 4. November verschoben. Bildungsminister Abbas al-Halabi erklärte, sein Ministerium wolle "nicht die Verantwortung angesichts der Gefahr" für Schüler und Lehrer übernehmen. Daher werde der Schulbeginn nach den Sommerferien von Oktober auf Anfang November verschoben.

Seit Oktober 2023 wurden nach libanesischen Angaben über 2.000 Menschen im Libanon getötet, darunter über 1.000 seit dem Beginn der massiven israelischen Angriffe am 23. September. Etwa 1,2 Millionen Menschen mussten flüchten.

Kinder sitzen in einem Camp für Geflüchtete im Libanon auf dem Boden.

Geflüchtete Kinder sitzen in einem improvisierten Camp im Libanon.

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel hat die bundesweite Antisemitismus-Beratungsstelle Ofek fünfmal so viele Beratungsanfragen bekommen wie im Jahr davor. Seit dem 7. Oktober 2023 habe es 1.858 Anfragen gegeben, teilte die Organisation mit und sprach von einer "Opferberatung im Ausnahmezustand". Zwischen der Gründung des Vereins im Juli 2017 und Anfang Oktober 2023 habe man insgesamt bundesweit 1.240 Fälle verzeichnet.

"Die Beratungsstatistik spiegelt den Ausnahmezustand, in dem die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sich befindet", so Ofek weiter: "90 Beratungsfälle beziehen sich auf die Kategorie extreme Gewalt, 194 Beratungsfälle handeln von sonstigen Formen tätlicher Gewalt einschließlich Nötigung und Drohung. Bei 1.427 Fällen geht es um verletzendes Verhalten als Teil des Alltags von Betroffenen."

Die Kommunikationsgeräte, bei deren Explosion im September vor allem Mitglieder der Schiitenmiliz Hisbollah getötet oder verletzt wurden, stammten einem Medienbericht zufolge aus Israel.

Die Pager und Funkgeräte, die wie Geräte von Firmen aus Fernost aussahen, seien vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad entwickelt und heimlich in Israel hergestellt worden. Das berichtet die Washington Post. Die Zeitung beruft sich dabei auf nicht genannte israelische, arabische und US-Sicherheitsdienste. Eine offizielle Bestätigung gibt es für den Bericht bislang nicht. 

Die Batterien der Pager seien mit hochexplosivem Sprengstoff präpariert gewesen, der so gut wie nicht zu erkennen gewesen sei, schrieb die Zeitung weiter. Sie seien durch eine verschlüsselte Nachricht zur Explosion gebracht worden. Für die Entschlüsselung der Nachricht habe man zwei Knöpfe zugleich drücken müssen - um möglichst beide Hände zu verletzen und den Empfänger damit kampfunfähig zu machen.

Das israelische Militär hat zur Evakuierung weiterer Gebiete im Süden des Libanons aufgerufen. Die Menschen in etwa 25 Gebieten seien aufgefordert, umgehend ihre Häuser zu verlassen, erklärte ein Sprecher des Militärs. Sie sollten sich in die Gegend nördlich des Flusses Awali begeben.

Solchen Aufrufen folgt in der Regel rasch heftiger Beschuss durch das israelische Militär.

Der israelische Historiker Moshe Zimmermann hat die Kriegspolitik der israelischen Regierung nach dem Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas vor einem Jahr kritisiert. Statt sich um die Befreiung der israelischen Geiseln im Gazastreifen zu bemühen, habe Israels Führung Rache und Vergeltung gegen die Hamas zur obersten Priorität erhoben, sagte Zimmermann im Deutschlandfunk.

Auch wenn die israelische Regierung immer wieder zwei Ziele beteuere, nämlich die militärische Antwort auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 und die Rettung der Geiseln, "war es klar: Das eine geht auf Kosten des anderen." Die Sicherheit Israels hätte man schon vor der Katastrophe des Hamas-Überfalls garantieren sollen, so Zimmermann: "Inwieweit diese militärische Operation gegen Hamas, gegen Hisbollah, gegen Iran uns voranbringt, das ist eine offene Frage."

Den 7. Oktober 2023 sieht der Historiker auch als Zeichen für eine Krise des Zionismus in Israel. Der Hamas-Angriff habe gezeigt, dass der Zionismus sein Versprechen nicht eingehalten habe, Juden in Israel mehr Sicherheit zu ermöglichen als in der Diaspora, also in anderen Ländern, wo sie in der Minderheit sind. "Es war ein Schock. Es war ein Trauma. Es war ein Massaker", sagte Zimmermann. Der Zionismus sei in der Gegenwart "eine sehr nationalistische, nationale Bewegung, nicht eine liberale Nationalbewegung". Sie sei auf den Kampf gegen die Araber, mindestens gegen die Palästinenser eingestellt.

06.10.2024 • 11:11 Uhr

Eine Chronologie des Nahost-Krieges

Morgen, am 7. Oktober, jährt sich der Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel zum ersten Mal. Es war der Beginn des Kriegs in Nahost. Eine Chronologie im Video.

Ein Jahr nach dem Hamas-Überfall - Eine Chronologie des Nahost-Krieges

S. Kilb, B. Wode, M. Niewiadomski, ARD-aktuell, tagesschau24, 06.10.2024 09:00 Uhr

Die israelische Armee hat erneut eine Bodenoffensive im Norden des Gazastreifens begonnen. Panzerverbände seien in das Gebiet von Dschabalia im Nordosten des Küstenstreifens vorgerückt, teilte die Armee mit. Vor und während des Einsatzes habe die israelische Luftwaffe Dutzende militärische Ziele in dem Gebiet angegriffen, um die Bodentruppen zu unterstützen. Bei den getroffenen Zielen handele es sich um Waffenlager, unterirdische Infrastrukturanlagen und andere militärische Infrastrukturanlagen. Die Angaben Israels lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Die Hamas habe versucht, sich im Gebiet von Dschabalia neu zu gruppieren, betonte die Armee. Das Gebiet sei von israelischen Verbänden eingekesselt worden. Auch diese Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen. Vonseiten der Hamas gibt es bislang keine Stellungnahme.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Anlässlich des morgigen Jahrestags des Terrorangriffs der Hamas auf Israel hat Bundeskanzler Olaf Scholz den Opfern und Angehörigen seine Anteilnahme ausgedrückt. Die Hamas habe mit ihrem Angriff zudem eine Katastrophe für das palästinensische Volk ausgelöst.

Gleichzeitig mahnte Scholz, dass es endlich zu einem Waffenstillstand kommen müsse. "Damit die Zivilbevölkerung im Gazastreifen besser geschützt wird und natürlich auch besser versorgt werden kann. Und damit endlich die israelischen Geiseln freikommen", sagte Scholz in seiner Videoserie "Kanzler kompakt". "Für eine nachhaltige Befriedung des Konfliktes ist ein glaubwürdiger Weg hin zu einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung unabdingbar", fügte er hinzu.

Scholz betonte auch die "volle Solidarität unseres Staates" mit den Jüdinnen und Juden in Deutschland. "Antisemitismus und blinden Israel-Hass werden wir niemals hinnehmen."

Bei dem israelischen Luftangriff auf eine Moschee im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben mehr als 20 Menschen getötet worden. Die Moschee in Deir al-Balah im Zentrum des Palästinensergebietes sei als Notunterkunft genutzt worden, erklärte ein Sprecher des Zivilschutzes im Gazastreifen. Eine große Zahl von Menschen sei verletzt worden.

In der Moschee vor dem Tor zum Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhaus hatten demnach Geflüchtete Unterkunft gefunden. Das israelische Militär erklärte seinerseits, es habe "einen präzisen Schlag gegen Hamas-Terroristen ausgeführt, die in einem Kommando- und Kontrollzentrum" in der Moschee tätig seien. Die Angaben Israels lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Vor dem Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober hat UN-Generalsekretär António Guterres die radikalislamische Palästinensergruppe verurteilt und zu einem unverzüglichen Ende von "schockierender Gewalt und Blutvergießen" aufgerufen. "Dies ist ein Tag, an dem die Weltgemeinschaft mit lautester Stimme die verabscheuungswürdigen Taten der Hamas, einschließlich der Geiselnahme, aufs Schärfste verurteilen muss", erklärte Guterres in einer Botschaft zum Jahrestag.

Der UN-Generalsekretär rief zur "unverzüglichen und bedingungslosen Freilassung" der aus Israel in den Gazastreifen verschleppten Geiseln auf. Zugleich beschwor er die Hamas, dem Personal des Roten Kreuzes zu erlauben, die Geiseln zu besuchen. Zudem äußerte Guterres Sorgen über die Ausweitung des Konflikts. "Der Krieg, der auf die schrecklichen Angriffe vor einem Jahr folgte, zerstört weiterhin Leben und fügt den Palästinensern im Gazastreifen und nun auch den Menschen im Libanon tiefes menschliches Leid zu", sagte Guterres.

Außenministerin Annalena Baerbock hat das Hamas-Massaker vor einem Jahr als Einschnitt in der jüdischen und in der deutschen Geschichte bezeichnet. Der 7. Oktober 2023 sei für Jüdinnen und Juden eine Zäsur, nach der es nur ein "davor" und "danach" gebe, schrieb die Grünen-Politikerin in einem Gastbeitrag für die Bild am Sonntag. "Auch für uns in Deutschland ist der 7. Oktober eine Zäsur." Es beschäme sie, dass sich seitdem Jüdinnen und Juden auch in Deutschland unsicherer fühlten und dass antisemitische Angriffe zugenommen hätten - und dass iranische Raketen gegen den Staat Israel auf deutschen Straßen gefeiert würden.

"Wir stellen uns dem entgegen. Mit der ganzen Härte des Gesetzes", betonte Baerbock. An die Menschen in Israel gerichtet, sagte sie: "Wir stehen an Eurer Seite. Eure Sicherheit ist Teil unserer Staatsräson. Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Gegen die Gewalt der Hamas genauso wie gegen den Raketen-Terror des Iran und der Hisbollah."

Die israelische Armee setzt nach eigenen Angaben ihre Angriffe gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon fort. Man bombardiere derzeit "Terrorziele" im Raum der Hauptstadt Beirut, gab die Armee in der Nacht ohne Nennung von Einzelheiten bekannt. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben des Militärs derzeit nicht.

Die Explosionen in südlichen Vororten seien über der ganzen Stadt zu hören gewesen, berichtete eine Reporterin der Nachrichtenagentur dpa. Die proiranische Schiiten-Miliz hatte nach Angaben des israelischen Militärs zuvor wieder heftig Israel beschossen. 

Nach dem Ertönen der Sirenen nach Mitternacht in der Gegend der Stadt Kiriat Schmona im Norden Israels seien etwa 30 Geschosse identifiziert worden, die vom Libanon aus in israelisches Gebiet eingedrungen seien, teilte die Armee weiter mit. Einige der Geschosse seien abgefangen worden, andere in der Gegend niedergegangen. Die proiranische Schiiten-Miliz habe zuvor bereits rund 130 Flugkörper Richtung Israel gefeuert, teilte das Militär mit. 

Rauch steigt in Beirut auf nach einem israelischen Luftangriff

Die israelische Armee setzte eigenen Angaben zufolge die Angriffe gegen die Hisbollah-Miliz in Beirut fort.

Bei einer nicht genehmigten propalästinensischen Demonstration in Rom ist es zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten gekommen. Mehrere Tausend Menschen versammelten sich zwei Tage vor dem Jahrestag des Hamas-Massakers im Zentrum der italienischen Hauptstadt. Vermummte und schwarz gekleidete Demonstranten warfen Flaschen, Böller sowie Verkehrsschilder auf die Sicherheitskräfte. Diese reagierten mit dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern.

Die Demonstration war von den italienischen Behörden nach deren Angaben wegen Sicherheitsbedenken nicht genehmigt worden. Sie befürchteten zudem, dass der Zeitpunkt des Protests den Hamas-Terrorangriff vom 7. Oktober "verherrlichen" würde.

Die Demonstranten hielten während eines Marsches unweit des Kolosseums Transparente in die Höhe, schwenkten palästinensische Fahnen und skandierten unter anderem "Free Palestine" und "Free Lebanon". Am Rande der Demo rief auch ein Teilnehmer durch ein Megafon: "Am 7. Oktober begann die Revolution."

Der Zentralrat der Juden hat angesichts der angekündigten anti-israelischen Proteste vor dem Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober einen realistischen Blick auf den verfestigten Judenhass in Deutschland gefordert. "Die Jubelszenen auf deutschen Straßen nach dem Raketenangriff des Iran auf Israel sowie die Aufrufe zu offenen Israel-Hass-Protesten rund um den Jahrestag des Hamas-Terrors vom 7. Oktober sind ein neuer Tiefpunkt der Menschlichkeit in unserer Gesellschaft", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. "Wer angesichts des Jahrestags dieses grausamen Anschlages nicht in der Lage ist, wenigstens ein Stück Empathie für Jüdinnen und Juden, für die Menschen Israels, zu empfinden, der wird es nie tun - und der hat ein gewaltiges Problem", betonte Schuster.

"Wenn wir das in Deutschland nicht klar erkennen und benennen, dass es diese Menschen unter uns gibt, dann haben wir alle ein gewaltiges Problem", sagte Schuster. "Dann droht unsere offene Gesellschaft, in der die Würde des Menschen über allem steht, zu fallen." In Deutschland soll auf mehreren Kundgebungen an das Hamas-Massaker in Israel erinnert werden, das sich an diesem Montag zum ersten Mal jährt.

Die israelische Armee hat nach libanesischen Angaben am Samstagabend neue heftige Luftangriffe im Süden von Beirut ausgeführt. Es seien vier "sehr gewaltsame" Angriffe gegen die südlichen Vororte der libanesischen Hauptstadt geflogen worden, meldete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA. Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP hörten mehrere Explosionen im Süden Beiruts und sahen dort Rauchwolken aufsteigen.

Die israelische Armee hatte zuvor Einwohner der südlichen Vororte Beiruts aufgefordert, mehrere dortige Wohngegenden zu verlassen. Dies sei zur "eigenen Sicherheit" der Bewohner und ihrer Familien notwendig, hieß es in dem Aufruf. Bereits am Freitag hatte Israel den Süden Beiruts angegriffen.

06.10.2024 • 01:04 Uhr

Der Liveblog vom Samstag

Israels Premier Netanyahu hat angekündigt, sein Land werde auf den iranischen Raketenangriff reagieren. Frankreichs Staatschef Macron hat einen Stopp von Waffenlieferungen an Israel gefordert. Die Entwicklungen zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 06. Oktober 2024 um 04:40 Uhr.