Statt Generationenkapital Hessen fordert die Deutschland-Rente
Bald soll das Rentenpaket im Bundestag diskutiert werden. Darin enthalten: das umstrittene, schuldenfinanzierte Generationenkapital. Das Land Hessen schlägt nun erneut eine Alternative vor: die Deutschland-Rente.
"Einen Menschheitstraum, den erleben wir gerade", sagt der Bundesfinanzminister und schaut ernst in die Kamera. Ein Traum. Damit meint Christian Lindner hier nicht seine eigene Politik, sondern dass die Menschen immer älter werden.
Deswegen brauche es gute Vorsorge, heißt es in dem Werbevideo auf der Seite des Finanzministeriums - und es brauche das Generationenkapital, das Lindner ausgehandelt hat. Eine Rücklage des Staates, die im nächsten Jahrzehnt helfen soll, die staatliche Rente zu finanzieren.
Hessen will Salz in die Wunde streuen
Ein Konzept, das selbst in der Regierungskoalition umstritten ist. Schulden aufnehmen und das Geld in Aktien anlegen? Hinter vorgehaltener Hand werden manche Ampel-Abgeordnete deutlich: Sie halten das für viel zu riskant.
Nun will der hessische Finanzminister Alexander Lorz Salz in diese Wunde streuen. Heute bringt Hessen einen Antrag in den Finanzausschuss des Bundesrates ein. "Ein Kauf auf Pump kann nicht die Lösung sein", sagt der CDU-Politiker Lorz. Er schlägt ein alternatives Konzept vor, das Hessen bereits 2018 schon einmal in den Bundesrat eingebracht hatte: die sogenannte Deutschland-Rente.
Demnach soll ein Deutschlandfonds gegründet werden - ein privatwirtschaftlich geführter Fonds unter öffentlicher Aufsicht, der in Aktien investiert, und zwar zum Selbstkostenpreis. Ein günstiges Produkt mit staatlichem Siegel also, mit dem die Menschen für das Alter vorsorgen können, wenn sie das wollen. Der Staat soll die Sparer dann durch Zulagen oder Steuervorteile unterstützen, so stellt sich der hessische CDU-Mann die Sache vor.
SPD will lieber Betriebsrenten stärken
Am Kabinettstisch in Wiesbaden sitzen neben Lorz mehrere SPD-Minister. Die Sozialdemokraten in Berlin sind über den Vorschlag aus Hessen aber alles andere als begeistert.
Es brauche Rücklagen neben der staatlichen Rente, sagt die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt. Aber das dürfe nicht allein auf den Schultern der Arbeitnehmer abgeladen werden: "Deshalb wollen wir statt einer allein von den Beschäftigten zu finanzierenden Deutschland-Rente die sozialpartnerschaftliche Betriebsrente stärken." Die SPD könne sich auch vorstellen, Arbeitgeber dazu zu verpflichten, eine Betriebsrente anzubieten.
Grüne sehen Vor- und Nachteile
Die Grünen können den Ideen aus Hessen zwar etwas abgewinnen. Das Modell Deutschland-Rente sei zielführend, um die private Altersvorsorge grundlegend neu aufzustellen. "Das entspricht unserem Vorschlag eines öffentlich verwalteten Bürgerfonds, der in Konkurrenz mit privaten Anbietern steht und so für niedrige Kosten und transparente Produkte sorgen würde", sagt Finanzexperte Stefan Schmidt aus der Grünen-Bundestagsfraktion.
Allerdings biete die Deutschland-Rente keine Lösung, um die Beitragssätze der gesetzlichen Rente zu stabilisieren. Genau darum aber gehe es bei Rentenpaket 2 und Generationenkapital: "Das sollte man nicht vermengen."
Die FDP ist gegen den Vorschlag aus Hessen
Die FDP will zwar seit langem die private Altersvorsorge in Aktien staatlich fördern. So arbeitet Finanzminister Lindner zur Zeit an einem "Altersvorsorgedepot". Ginge es nach ihm, könnte das schon im September oder Oktober im Bundestag diskutiert werden. Der Vorschlag aus Hessen kommt da ungelegen.
Und dass der Staat einen Fonds auflegt, den die Bürger kaufen können? "Private Vorsorge muss Privatsache bleiben", sagt Anja Schulz, die rentenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. "Anstatt eines Staatsfonds brauchen wir weniger staatliche Vorgaben. Das Altersvorsorgedepot lässt dem Bürger die Wahl über die Anlageform, egal ob Aktien, Fonds, ETFs oder Versicherungen."
"Enkelfit" müsse die Rente werden, sagt Lindner in seinem Werbevideo, also zukunftssicher. Darauf können sich alle in der Ampel einigen. Streit über das Wie gibt es auch ohne den Vorstoß aus Hessen. Das Generationenkapital soll eigentlich noch diesen Monat erstmals im Bundestag diskutiert werden, aber noch steht es nicht auf der Tagesordnung.