Linkspartei Drogenpolitik "ohne Scheuklappen"
Die geplante Cannabis-Legalisierung der Ampel-Regierung kommt erstmal nicht voran. Die Linke greift das Thema nun auf - und fordert auch die Legalisierung harter Drogen.
Dass Cannabis legalisiert werden soll, steht für die Linke sowieso fest. Aber die Partei geht in einem Beschluss ihres Vorstandes noch deutlich weiter, als es die Ampel-Regierung plant. Gleichzeitig wirft der stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, Ates Gürpinar, der Bundesregierung Verschleppung bei der Drogenpolitik vor.
"Ja, das was die Ampel da in ihrem Eckpunktepapier zur Legalisierung von Cannabis beschlossen hat, ist ja schon mal ganz ordentlich", findet Gürpinar, der als drogenpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion im Bundestag sitzt. Aber es sei eben nicht genug. Die Linke fordert, dass Personen über 18 Jahre 30 Gramm Cannabis besitzen und vier bis sechs Pflanzen in Eigenanbau haben dürfen. Die Ampel will drei zulassen.
Anbau im "Kiffer-Kollektiv"
Gleichzeitig will die Linke aber gegen den Profit mit Cannabis vorgehen und daher eine Alternative zu Fachgeschäften anbieten, in denen man Cannabis-Produkte zukünftig in Deutschland kaufen könnte. Diese, sozusagen antikapitalistische, Lösung für den nächsten Joint heißt Cannabis Social Club (CSC). Eine Art Verein zum gemeinschaftlichen Eigenanbau von Cannabis-Pflanzen. Handel mit Cannabis soll es hier nicht geben, denn die Mitglieder müssen sich verpflichten, kein Cannabis zu verkaufen und auch nicht Dritte, vor allem Minderjährige, zum Konsum zu ermuntern.
Ganz praktisch hieße das, dass sich beispielsweise zehn Menschen zu einem "CSC" zusammenschließen und damit insgesamt 40-60 Cannabis-Pflanzen anbauen könnten. Der Club muss Informationen über seine Mitglieder, ein Konzept zur Lagerung, zum Anbau und zur Ernte vorlegen können und bestenfalls sollten die Produktionsmöglichkeiten auch unter ökologisch nachhaltigen Aspekten überprüft werden, so die Linke.
Im Eckpunktepapier der Ampel kommt diese Art eines gemeinschaftlichen organisierten Anbaus von Cannabis - Kritiker sprechen auch vom "Kiffer-Kollektiv" - nicht vor. Zwar habe man beim Erstellen des Papiers auch über die Clubs geredet, heißt es aus Insiderkreisen, aber zu einem Beschluss sei man nicht gekommen. Das Thema ist heiß diskutiert.
Die Akzeptanz in der Bevölkerung zu Legalisierung von Cannabis ist in letzter Zeit allerdings stark gestiegen. Waren vor acht Jahren, im Oktober 2014, nur 30 Prozent der deutschen Bevölkerung dafür, dass man Cannabis legal in Deutschland kaufen können sollte, steigerte sich dieser Wert laut einer Befragung, die infratest dimap im Auftrag des Deutschen Hanfverbandes 2021 gemacht hat, auf 49 Prozent.
Bei den unter 40-Jährigen befürworten sogar 58 Prozent der Befragten die Legalisierung. Insofern ist es aus politischer Sicht für die Linke sinnvoll, sich für dieses Thema einzusetzen.
Keine "Scheuklappen" auch bei harten Drogen
Doch die Linke geht noch weiter und fordert, dass auch härtere Drogen entkriminalisiert werden sollten. In einem Antrag an den Bundestag fragen mehrere Mitglieder der Fraktion, "warum Drogengebrauch die einzige Selbstschädigung ist, die unter Strafe gestellt wurde". Dadurch, dass sogenannte harte Drogen wie Kokain, Ecstasy und Heroin verboten sind, würde man Folgeschäden verursachen, wie zum Beispiel die Finanzierung der organisierten Kriminalität, gesundheitliche Schäden durch schwankende Produktqualität der Drogen und den sozialen Abstieg der Abhängigen.
Dass es durch die Legalisierung von sogenannten harten Drogen dazu käme, dass der Konsum oder die Zahl von Süchtigen sich erhöht, sei nicht bestätigt. Die Linke spricht von "ideologischen Scheuklappen". Parteichefin Janine Wissler sagt: "Suchtkrankheiten bekämpft man nicht mithilfe des Strafrechts, sondern durch Hilfsangebote und Aufklärung. Anders als bei Cannabis geht es hier nicht um eine "Freigabe", sondern um die regulierte Abgabe an Süchtige".
Kein Thema für die Ampel
Die Ampel-Regierung wird die Entkriminalisierung von harten Drogen wohl nicht als politisches Thema aufgreifen. Man verweist darauf, dass bereits jetzt jede Staatsanwaltschaft in Deutschland das Verfahren gegen Menschen, bei denen sehr geringe Mengen von beispielsweise Kokain gefunden wurden, einstellen könnte. Und diese Regelungen gäbe es ja nicht ohne Grund. Insofern sei die jetzt von der Linken forcierte Debatte keine "realitätsnahe Diskussion".
Gürpinar, der stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, sieht das anders. Er glaubt außerdem, dass die Ampel auf dem besten Weg sei, auch die Cannabislegalisierung zu verschleppen.
"Europa schaut bei der Legalisierung von Cannabis auf Deutschland. Lauterbach hat nun die Verantwortung auf die EU geschoben. Das ist verantwortungslos und ein Ausdruck von Hasenfüßigkeit. Zumindest eine sofortige Entkriminalisierung wäre ohne größere Hürden umsetzbar."
Nachdem insbesondere Grüne und FDP im Wahlkampf 2021 das Thema "Legaler Verkauf von Cannabis" entdeckt hatten und damit insbesondere bei jüngeren Wählerinnen und Wählern Stimmen gewonnen haben, wird es jetzt ruhiger und das ganze Verfahren scheint nicht mehr so dynamisch zu laufen, wie es mal klang.
Eventuell will sich die Ampel im Moment auch nicht - wie beim Bürgergeld - durch die CDU vorführen lassen. Das könnte bedeuten, dass die Cannabis-Legalisierung doch noch deutlich länger dauern wird.