Nach Parteiaustritten Grüne Jugend und Linke vereint?
Es war der zweite Paukenschlag bei den Grünen: Nach der Ankündigung des Rückzugs der Parteispitze verkündet der Vorstand der Grünen Jugend, dass sich ihre Wege mit den Grünen trennen. Führt der Weg nun zur Linken?
In dem Austritts-Statement stehen Sätze wie "Die Grünen sind nicht dazu bereit, sich mit den Reichen und Mächtigen anzulegen", oder "Wir wollen dazu beitragen, dass es bald eine starke linke Partei in Deutschland geben kann" und "Wir hören nicht auf, Politik zu machen. Wir fangen jetzt erst richtig an". Das klingt nach Neuorientierung. Und die Richtung ist auch schon klar: Nach links soll es gehen.
Dort befindet sich im parteipolitischen Spektrum die Linkspartei, um die es bekanntlich zurzeit nicht besonders gut steht. Nach dem Weggang von Sahra Wagenknecht sind zwar etwa 8.000 Menschen neu in die Partei eingetreten, aber die Wahlergebnisse sind desaströs.
Zusammenarbeit "ausloten"
Die Linke steht zunehmend für Migrationsfreundlichkeit, für Feminismus und Klimaschutz. Themen, die zwar bei den Wählerinnen und Wählern bei den letzten Wahlen nicht gut ankamen, die aber deutliche Schnittmengen zu den Überzeugungen der Grünen Jugend aufweisen.
Nachfrage bei der Bundessprecherin der Grünen Jugend Katharina Stolla. Sie sagt: "Es ist klar, dass die Linkspartei gerade nicht besonders stark aufgestellt ist. Und trotzdem beobachten wir natürlich mit Interesse, dass sich die Linkspartei gerade auch auf einem Erneuerungsprozess befindet. Uns geht es darum, dass es wieder eine starke linke Kraft in Deutschland gibt, und ich glaube, dass da auch kein Weg daran vorbeiführt auszuloten, wie die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei sind."
Wissler begrüßt Grünen-Austritt
In der Politik, die die Grüne Jugend in Zukunft machen will, geht es um "Krankenhauskonzerne, die Gewinne auf dem Rücken von Beschäftigten und Patienten machen" und um "Energiekonzerne, die weiterhin Milliardengeschäfte mit der Zerstörung der Natur machen". Außerdem wolle man etwas tun gegen den Rechtsruck in der deutschen Gesellschaft, dem die Grünen - aus Sicht der Grünen Jugend - zu wenig entgegengesetzt haben.
All das hört sich an wie aus dem Parteiprogramm der Linken. Insofern überrascht es auch nicht, wenn die Noch-Parteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, zum Austritt der Grünen Jugend sagt: "In einer Zeit, in der viele Parteien eine Rechtsverschiebung erleben und Forderungen von Rechtsaußen übernehmen, ist es ermutigend, dass sich links etwas bewegt und der Vorstand der Grünen Jugend deutlich macht, dass sie die Politik der Ampel ablehnt (…) Dass die Grüne Jugend sich auf den Weg macht, um sich für eine starke linke Alternative einzusetzen, ist zu begrüßen."
Vorbild KPÖ?
Für die Abkoppelung von den Grünen und die Annäherung an die Linke gibt es sogar ein Vorbild, und zwar in Österreich: Die Junge Linke hat sich dort 2018 gebildet. Sie ist heute die Jugendorganisation der KPÖ, also der Kommunistischen Partei Österreichs, ist aber die Folgeorganisation der Grünen Jugend. Genau diesen Weg könnten sich einige in Deutschland auch vorstellen.
Übrigens: der Bundeskongress der Grünen Jugend und der Bundesparteitag der Linken sind zeitgleich vom 18. bis 20. Oktober dieses Jahres. Der eine in Leipzig, der andere in Halle. Dazwischen fährt die S-Bahn.