Parteitag der Linken Ein letztes Aufbäumen?
Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl versucht die Linkspartei den Neuanfang. Auf dem Parteitag in Halle soll ein neues Führungsduo gewählt werden. Auch eine Botschaft für den Wahlkampf fehlt noch.
"Steh auf, wenn du am Boden bist! Steh auf, auch wenn du unten liegst! Steh auf, es wird schon irgendwie weitergehn!" Es ist kein Zufall, dass eine Kandidatin für den linken Parteivorstand in ihrer Bewerbung gerade dieses Lied der "Toten Hosen" zitiert. Es beschreibt gut die Stimmung, die in der Partei herrscht.
Die Rückschläge waren deutlich, der schlimmste sicherlich, dass die Linke in Sachsen und Brandenburg nicht mal die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hat. Die Linke in Ostdeutschland abgewählt - ein politisches Szenario, das noch vor wenigen Jahren unvorstellbar war. Damals, als die Linke noch die Kümmerer-Partei war. Heute kann man insbesondere in den kleineren Ortschaften kaum noch Wahlkampf machen, weil einfach die Mitglieder fehlen oder zu alt sind, um abends noch Plakate aufzuhängen.
Neue Gesichter für eine "neue Phase"
Aus den letzten Misserfolgen haben Janine Wissler und Martin Schirdewan die Konsequenzen gezogen und wollen nicht mehr Parteivorsitzende sein. Wissler sagt heute: "Wir haben die Partei durch eine schwierige Phase geführt und durch harte Auseinandersetzungen. Jetzt beginnt eine neue Phase für die Linke, die auch mit neuen Gesichtern verbunden werden soll."
In der Partei wird mehr oder weniger offen darüber gesprochen, ob dieser Schritt nicht zu spät kam. Jetzt aber sollen zwei neue übernehmen: Ines Schwerdtner und Jan van Aken. Sie sagen selber, dies sei ein wenig tollkühn.
Schwerdtner wohl mit harter Konkurrenz im Wahlkreis
Schwerdtner ist erst vor einem Jahr in die Partei eingetreten, war vorher Journalistin und ist ein politisches Ziehkind von Gesine Lötzsch, die nicht mehr für den Bundestag kandidieren will. Das aber ist entscheidend, denn Lötzsch gewann für die Linke eines der drei Direktmandate, die die Linke nach der letzten Bundestagswahl überhaupt erst in den Bundestag gebracht haben.
Nun will Schwerdtner Gesine Lötzsch folgen und in Berlin-Lichtenberg kandidieren und ebenfalls das Direktmandat gewinnen. Ein schwieriges Unterfangen, denn wahrscheinlich wird ihre härteste Konkurrentin in diesem Bezirk ausgerechnet Sahra Wagenknecht sein.
Jan van Aken, begeisterter Hamburger, bringt deutlich mehr politische Erfahrung mit, er war schon im Bundestag und hat "Kampagne machen" bei Greenpeace gelernt. Van Aken setzt auf eine neue Einigkeit in der Partei, die er glaubt zu spüren. Immerhin sind die Mitgliederzahlen wieder gestiegen. Allerdings auf niedrigem Niveau. 2017 hatte die Linke noch rund 62.000 Mitglieder, jetzt sind es 52.000.
Was kaum jemand mehr kleinredet: Die Abspaltung durch Wagenknecht hat der Linken mehr geschadet, als man glaubte - oder sich schöngeredet hatte.
Zuwachs in den Städten, Austritte auf dem Land
Doch nun zum Parteitag will man nach vorne gucken. Wichtig für die Partei ist, wo sie Zuwächse hat und bei wem. Und da sind die Analysen klar: In den Städten, gerade auch im Westen, gibt es Partei-Eintritte von einem jungen, oft auch akademischen Milieu. Im Osten und insbesondere auf dem Land bröckelt der Mitgliederstamm.
Das wird man im kommenden Wahlkampf bedenken und sich auf die städtische Wählerschaft konzentrieren. Haustürwahlkampf soll die Partei über die Fünf-Prozent-Hürde hieven. Für die Fläche fehlt der Linken die Kraft.
Noch fehlt eine klare Botschaft für den Wahlkampf
Drei Tage werden die Linken nun den Neuanfang versuchen. Die Wahl von Schwerdtner und van Aken gilt als sicher, doch bei der inhaltlichen Auseinandersetzung wird es spannend. So gibt es innerhalb der Linken heftige Auseinandersetzungen zur Position gegenüber Israel.
Und es fehlt eine klare Botschaft für den kommenden Wahlkampf, an den die möglichen Wählerinnen und Wähler sich auch erinnern. Wahrscheinlich ist es das Thema Mieten. Damit soll der Neuanfang klappen. Ein wahrscheinlich letzter Versuch.