Wie hart trifft das Embargo den Iran? Sanktionen mit Risiken und Nebenwirkungen
Das EU-Embargo gegen iranisches Öl trifft ausgerechnet Griechenland hart, denn das Land muss derzeit für Lieferungen nicht zahlen - Teheran stundet Athen die Schulden. Der Iran dürfte nun versuchen, sein Öl in Asien loszuwerden. Das aber versuchen die EU und die USA zu verhindern.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Der Iran exportiert täglich rund 2,5 Millionen Fass Öl. Mehr als drei Viertel der iranischen Deviseneinnahmen kommen aus dem Verkauf von Öl und Gas. "Wenn du mit allen Mitteln verhinderst, dass der Iran diese Einnahmen hat, dann hast du dem Iran den Krieg erklärt. Du zerstörst damit die Existenz des islamischen Regimes", meint Politikprofessor Zibakaram von der Universität Teheran.
Gut 75 Milliarden Dollar hat der Iran letztes Jahr durch den Verkauf von Öl und Gas eingenommen. Wie viel Geld ins Nuklearprogramm geflossen ist, ist völlig unklar. Klar ist, dass vor allem westliche Länder davon überzeugt sind, dass Teheran Ölgeld nutzt, um Nuklearwaffen zu entwickeln.
"Wir wollen die Verbreitung von Nuklearwaffen im Nahen Osten verhindern", sagt Londons Außenminister William Hague. "Denn dadurch könnte ein Wettrüsten in der Region ausgelöst und das Überleben des Nichtverbreitungsvertrags [für Atomwaffen] in Frage gestellt werden."
Frankreich, so versichert Präsident Nicolas Sarkozy, werde alles tun, um eine militärische Intervention zu verhindern. Es gebe nur eine Lösung: "Wir brauchen strengere, entschlossenere Sanktionen, die den Verkauf iranischen Öls unterbinden und die Guthaben der iranischen Zentralbank einfrieren."
Etwa 20 Prozent der iranischen Ölausfuhren gehen in die EU. Vor allem nach Spanien, Italien und Griechenland. Für die Griechen ist iranisches Öl fast unentbehrlich: Athen zahlt nicht für iranisches Öl, Teheran stundet Athens Ölschulden. Wer wird die hochverschuldeten Griechen künftig mit bezahlbarem Öl versorgen? Deutschland, Frankreich, die EU-Kommission? Sie alle drängen auf eine wirtschaftliche Gesundung Griechenlands.
USA werben bei asiatischen Staaten für Ölboykott
Der Iran könne den Wegfall des europäischen Marktes verkraften, glaubt Professor. Zibakaram. Dramatischer wäre ein Embargo durch die asiatischen Großkunden. Über 60 Prozent des ausgeführten iranischen Öls gehen nach China, Japan, Indien und Südkorea. Die USA haben in den vergangen Tagen in allen vier Ländern heftig für ein umfassendes Ölembargo gegen den Iran geworben. Tokio und Seoul werden Washington zähneknirschend folgen. Indiens Außenminister Rajan Mathai aber hat unlängst erklärt, sein Land fühle sich nur an UN-Sanktionen gebunden. Indien werde deshalb weiterhin Öl im Iran kaufen.
Chinas Außenamtssprecher Liu Weimin drückt es diplomatischer aus: Die Probleme mit Iran könnten nicht durch Sanktionen gelöst werden. Sein Land sei sehr besorgt. Gleichzeitig schließt Peking mit Saudi-Arabien neue Lieferverträge ab.
Sollte es mittelfristig zu einem vollständigen Boykott iranischen Öls kommen, könnte schon allein Saudi-Arabien den Ausfall der 2,5 Millionen Fass auf dem Weltmarkt durch eine Produktionssteigerung wettmachen. Teheran warnt die Golf-Araber aber eindringlich vor einem solchen Schritt.
Droht die Blockade der Straße von Hormus?
Im Iran leben rund 75 Millionen Menschen. Die Wirtschaft lahmt, die Inflation ist hoch, die heimische Währung verliert gegenwärtig dramatisch an Wert - in den vergangenen zwölf Monaten um fast die Hälfte gegenüber Dollar und Euro. "Damit das Regime überleben kann, wird es zurückschlagen. Die einzige logische, die einzige natürliche Waffe, die Iran hat, ist, die Straße von Hormus zu blockieren", sagt der Politologe Zibarakam.
Damit, so hat Washington unmissverständlich erklärt, würde der Iran die rote Linie überschreiten. Im Klartext: es käme zum Krieg.