Krieg im Libanon Beiruts berühmte Skybar wird zum Flüchtlingslager
Die Skybar in Beirut war einer der berühmtesten Clubs des Nahen Ostens. Bis zu 100 Dollar Eintritt musste man hier zahlen. Angesichts des Krieges haben die Betreiber beschlossen, in der Bar jetzt Flüchtlinge zu beherbergen.
Wenn sie die Zeit doch nur zurückdrehen und anhalten könnte, auf den 21. September. Der 21. September, sagt Gyal Arani, war die letzte wilde Nacht hier im Club. "Die Skybar war voller Menschen, alle tanzten, alle waren gut drauf. Es war eine der schönsten Nächte, die wir je hatten. Wir wussten ja nicht, dass das unsere letzte Nacht sein würde. Wir hatten hier noch so viel vor. Wir hatten schon das Programm für den Winter gemacht."
Die Skybar war der angesagteste Club im Nahen Osten. Hier tanzten die Reichen und Schönen Beiruts, die kein Problem damit hatten, auch in Krisenzeiten 100 Dollar Eintritt zu zahlen.
Auf diesem Gebäude befindet sich die Skybar.
Dem Krieg so nah
Dabei war der Krieg schon so nah gekommen. Ende September hatte der israelische Geheimdienst Tausende Pager und Funkgeräte der Hisbollah zum Explodieren gebracht, Führungspersonal und Kommandanten der Schiitenmiliz mit gezielten Drohnenschlägen getötet.
Am 27. September fielen dann plötzlich 90 Tonnen Bomben auf das unterirdische Hauptquartier der Hisbollah in Dahiyeh, das dicht besiedelte, schiitische Wohngebiet im Süden Beirut. Ziel war Hassan Nasrallah, der Anführer der Hisbollah. Nasrallah starb - und mit ihm Dutzende andere.
Dancefloor wird zum Matratzenlager
Unmittelbar nach dem schweren Bombardement flüchteten Tausende Zivilisten aus den südlichen Vororten. "Die Leute saßen auf der Straße", erinnert sich Gyal. "Sie wussten nicht, wohin. Da hat einer der Clubbesitzer gesagt: 'Wir müssen den Leuten helfen, die brauchen jetzt sofort ein Dach über ihrem Kopf.' Also haben wir den Club geschlossen und ein Lager für Vertriebene daraus gemacht."
Über 500 Vertriebene leben nun hier. Hinter der Bar stapeln sich Wasserflaschen und Lebensmittel-Paletten, die Tanzflächen sind mit Matratzen belegt. "Na ja, das war halt ein Club", sagt Gyal. "Große offene Räume. Die Leute haben sich mit unserem Club-Mobiliar - Sessel, Sofas, Tische - kleine Wohninseln geschaffen, so haben sie ihre Privatsphäre. Die brauchen sie ja auch."
Dutzende Flüchtlinge haben sich auf dem Gelände der Skybar eine notdürftige Unterkunft eingerichtet.
Club ist eigentlich Feindbild eifernder Geistlicher
Gyal - dezent tätowiert, das schwarze Haar nach hinten gebunden - würde in jedem Berliner Club für Aufsehen sorgen. Bis vor kurzem war sie Medienmanagerin für die Skybar, jetzt kümmert sie sich um Vertriebene.
Eine schwarz verschleierte Frau kommt auf sie zu, greift ihren Arm, und sagt ungefragt ins Mikrofon: "Die geben uns alles hier, Essen, Schutz, Strom, ein Dach über dem Kopf. Wir haben Duschen, saubere Toiletten. Das sind einfach gute Menschen, denen wir dankbar sein müssen."
Dabei stand die Skybar für alles, was eifernde Geistliche in Hisbollah-Moscheen verdammen: Alkohol, aufreizend gekleidete Frauen, große Anmache und Ekstase. Der Teufel ist immer als Dritter dabei - das predigen sie.
Aber es ist Krieg und die Hölle befindet sich dieser Tage nicht in der Skybar: "Wir tragen hier als Frauen den Schleier", sagt Mariam, "und natürlich wissen wir, was hier vorher war. Aber das ist kein Problem. Wir danken Gott für diesen Ort, wir bitten ihn, dass er die Leute von der Skybar beschützt."