Bericht zum Klimawandel UN fordern "weniger heiße Luft"
Die weltweiten Treibhausgasemissionen sind laut einem UN-Bericht im vergangenen Jahr auf einen Höchststand gestiegen. Wenige Wochen vor dem Beginn der Weltklimakonferenz fordern die Vereinten Nationen mehr Anstrengung gegen den Klimawandel.
Laut einem Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) zufolge wurden 2023 weltweit Treibhausgase mit einer Klimawirkung von 57,1 Gigatonnen Kohlendioxid ausgestoßen - ein Höchststand. Bereits im vergangenen Jahr war für den Anstieg von 2021 auf 2022 ein Rekordwert an Emissionen mit einem Zuwachs um 1,2 Prozent verzeichnet worden. Nun sei der Wert von 2022 auf 2023 noch einmal um 1,3 Prozent gestiegen, heißt es im Emissions Gap Report.
Zum Vergleich: In der Dekade vor der Corona-Pandemie stiegen die weltweiten Treibhausgasemissionen noch jährlich durchschnittlich um 0,8 Prozent.
Energie und Verkehr mit größten Anteilen
Wie schon in den Vorjahren entstanden die meisten Emissionen mit einem Anteil von 26 Prozent im Energiesektor, etwa bei der Stromerzeugung, gefolgt vom Bereich Transport mit 15 Prozent sowie Landwirtschaft und Industrie mit einem Anteil von jeweils 11 Prozent.
In der alljährlichen Bestandsaufnahme, die wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz COP29 veröffentlicht wird, geht es um die Lücke zwischen den real zu erwartenden Emissionen von Treibhausgasen in den kommenden Jahren und den Werten, die für ein Erreichen der Pariser Klimaziele notwendig wären. Treibhausgase in der Atmosphäre, insbesondere Kohlendioxid, sind einer der wichtigsten Faktoren für den weltweiten Temperaturanstieg.
Wegen der Erderwärmung gibt es in vielen Regionen häufiger und öfter extremes Wetter, also Hitzewellen und Dürren, Stürme und Überflutungen. Dies kann ganze Regionen unbewohnbar machen, Ernten zerstören und damit Hungerkrisen verschärfen. Außerdem steigt der Meeresspiegel, was Küstenregionen und kleine Inselstaaten bedroht.
Mehr Anstrengungen gefordert
Die Vereinten Nationen fordern daher deutlich mehr Anstrengungen gegen den Klimawandel. Im Fokus sind laut UNEP vor allem die großen Industriestaaten, die den größten Beitrag zum Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre und damit zu globalen Temperaturanstieg leisten. "Im Wesentlichen bräuchten wir eine globale Mobilisierung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß und Tempo", fordert UNEP-Chefin Inger Andersen.
Dem Bericht zufolge drängt die Zeit: Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten sich die Staaten der Welt gemeinsam dazu verpflichten, die jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2030 um 42 Prozent und bis 2035 um 57 Prozent - im Vergleich zu 2019 - zu senken. Derzeit liegen die Zusagen weit darunter.
Auf Kurs zu mehr als drei Grad Erwärmung
Die bislang umgesetzten Maßnahmen der Länder zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen würden dagegen zu einer "katastrophalen" Erwärmung von 3,1 Grad Celsius in diesem Jahrhundert im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter führen, hieß es. Selbst bei einer Umsetzung aller bestehenden Zusagen zur Emissionssenkung würde die Temperatur demnach um 2,6 Grad über das vorindustrielle Niveau steigen.
Dies würde dem Bericht nach, der weniger als einen Monat vor der UN-Klimakonferenz COP29 in Aserbaidschan veröffentlicht wurde, zu einer Reihe von unumkehrbaren "Kipppunkten" führen: zu kollabierenden Eiskappen, einem unkontrollierbaren Anstieg der Meere und zur Zunahme extremer Wetterphänomene.
"Wir spielen mit dem Feuer, aber es gibt keine Zeit mehr zu verlieren", erklärte UN-Generalsekretär António Guterres. "Entweder schließen die Staats- und Regierungschefs die Emissionslücke, oder wir stürzen kopfüber in eine Klimakatastrophe, unter der die Ärmsten und Schwächsten am meisten leiden werden", fuhr er fort. "Überall auf der Welt zahlen die Menschen einen schrecklichen Preis."
"Schwerstarbeit" für G20-Staaten
Um die von UNEP geforderten globalen Reduktionsziele zu erreichen, müssten vor allem die G20-Staaten - mit Ausnahme der Afrikanischen Union - "Schwerstarbeit" leisten, sagte Andersen. Der Titel des UNEP-Berichts, "No more hot air, please" ("Bitte keine heiße Luft mehr") klingt doppeldeutig und mahnend zugleich: Die Erderwärmung solle gestoppt werden - und die Zeit für schöne Worte sei vorbei.
Der Bericht nimmt die G20-Staaten wenige Wochen vor der UN-Klimakonferenz im aserbaidschanischen Baku in die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen und zu investieren, um Emissionen zu senken: Denn die G20-Mitglieder ohne die Afrikanische Union waren den Angaben zufolge im Jahr 2023 für 77 Prozent der Emissionen verantwortlich. Die Aufnahme der Afrikanischen Union als ständiges G20-Mitglied erhöhe den Anteil nur um fünf Prozent auf 82 Prozent. Dies zeige die Notwendigkeit differenzierter Verantwortlichkeiten zwischen den Nationen.
Die Pro-Kopf-Emissionen in verschiedenen Ländern und Regionen machen die globalen Unterschiede deutlich: So betrug dem Bericht zufolge der Wert in Russland im vergangenen Jahr 19 Tonnen Kohlendioxidäquivalente pro Einwohner, in den USA 18 Tonnen, in China 11 Tonnen und in den EU-Staaten durchschnittlich 7,3 Tonnen. Die 55 Staaten der Afrikanischen Union dagegen erreichten einen gemeinsamen Pro-Kopf-Wert von 2,2 Tonnen und die 47 am wenigsten entwickelten Staaten gar nur 1,5 Tonnen.
Kohlendioxidäquivalent ist eine Maßeinheit, um die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase im Vergleich zu der von Kohlendioxid anzugeben.
WWF fordert Ausstieg aus fossilen Energien
"Wir müssen dringend den Ausstieg aus den fossilen Energien vorantreiben, sonst gelangen immer weitere gigantische Mengen an CO2 in unsere Atmosphäre und befeuern die Erderhitzung", sagte Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, zu dem UNEP-Bericht. "Alles, was wir jetzt nicht dafür investieren, müssen wir später doppelt und dreifach ausgeben."
Die Erkenntnisse müssten sich in der weltweiten Finanzierung niederschlagen genau wie im deutschen Haushalt. "Wir brauchen mindestens die zugesagten sechs Milliarden Euro aus Deutschland für den Klimaschutz weltweit, wir brauchen die zugesagten 100 Milliarden US-Dollar jährlich von den Staaten des Globalen Nordens bis 2025 und wir brauchen in Baku die Einigung auf ein höheres Finanzierungsziel ab 2026", forderte Raddatz.