Der 7. Oktober und die Folgen Die scheinbar unbeeindruckte Reaktion der Märkte
Der Krieg in Nahost schafft unmenschliches Leid. Scheinbar unbeeindruckt reagierten zunächst die Märkte. Warum zeigen sich die wirtschaftlichen Folgen des Konflikts erst nach und nach?
Der 7. Oktober 2023 war ein Samstag. Die Marktteilnehmer hatten ein Wochenende Zeit, die Ereignisse sacken zu lassen. Und am Montag, am Handelstag eins nach dem schrecklichen Geschehen, passierte an den Börsen - wenig. Der DAX stieg sogar zunächst, am Ende waren es ein paar Punkte unter dem Schlusskurs der Vorwoche.
Das war vor einem Jahr. Und seitdem ging es fast nur noch bergauf. Robert Halver von der Bader Bank meint, die Märkte reagieren so unsensibel, weil niemand an die ganz große Eskalation glaubt. "Es gibt noch einen Trumpf: Saudi-Arabien. Die Saudis haben kein Interesse an einer Unruhe im Nahen Osten", erklärt der Ökonom. "Die wollen einen Industriestandort aufbauen von Weltgeltung. Da braucht man klare und saubere Verhältnisse, ruhige Verhältnisse, das heißt, die bremsen dann den Druck, der von Iran und Israel aufgebaut wird."
Die Fäden der Weltmächte sind reißfest
Saudi-Arabien ist in der Tat eine der ganz großen Mächte der Region, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch - und mit einer bemerkenswerten Zurückhaltung. Halver glaubt, dass zum Beispiel auch ein ruinöser Ölpreis, der eine Folge des Krieges sein könnte - etwa nach einer Zerstörung von iranischen Ölfeldern - durch eine vermehrte Ölproduktion der Saudis verhindert werden könnte.
Fäden zögen bei diesem Krieg auch die ganz Großen dieser Welt, und diese Fäden seien ziemlich reißfest. Das mache die Märkte stark. "Die Börsen sind so krisenerprobt in den letzten Jahren - wenn nicht Jahrzehnten -, dass man sagt, wir kriegen das hin", so Halver. "Es ist schlimm genug, was da unten passiert, aber es gibt eben nicht diesen massiven Flächenbrand, der dann die Weltwirtschaft massiv stört." Zumal auch die Amerikaner und die Chinesen kein Interesse daran hätten: "Die Chinesen haben eine schwierige Wirtschaft im Moment, die brauchen keine Unsicherheit."
Eine Eskalation des Krieges könnte auch Handelsrouten lahmlegen. Daran hat, so Michael Hüther vom Deutschen Institut der Wirtschaft, vor allem der Iran überhaupt kein Interesse. "Die Länder im Nahen Osten, vor allem der Iran, sind allein nicht handlungsfähig. Der Iran ist mittlerweile sehr viel stärker abhängig von Asien", erklärt Hüther. "Ein Großteil der Erdölexporte geht Richtung Asien, in Richtung China." Das spreche dafür, dass man keine großen Risiken eingehen werde, die zum Beispiel dazu führen könnten, dass die wichtige Wasserstraße von Hormus geschlossen wird.
Wirtschaftliche Folgen auch für deutsche Firmen
Natürlich bleibt dieser Krieg im Nahen Osten nicht ohne wirtschaftliche Folgen - gerade auch für deutsche Firmen, die eine enge Kooperation mit Israel pflegen und dort auch Standorte unterhalten. "Wir haben keine Delegationen, die zu uns kommen - aufgrund der Reisewarnungen", bestätigt Charme Rykower von der Deutsch-Israelischen Auslandshandelskammer in Tel Aviv. "Das ist für uns auch ein starker Einschnitt."
Der Handel sei jedoch nicht komplett zum Erliegen gekommen, es gebe laufende Projekte. "Wir machen auch weiterhin Standort-Marketing für die deutsche Bundesrepublik und vereinzelte Wirtschaftsregionen", sagt Rykower. "Alles in allem würde ich sagen, dass wir uns hier im Zentrum von Tel Aviv um 'business as usual' bemühen - allerdings mit wesentlich weniger eingehenden Aufträgen."
So oder so: Wirtschaftlich ist es ein harter Schnitt für beide Länder, denn Deutschland ist nach den USA und China der drittgrößte Handelspartner Israels mit einem Volumen von fast sieben Milliarden Euro - vor dem Krieg.