De-Risking China besorgt wegen Entkopplung von Lieferketten
In China sorgt man sich vor Protektionismus: Die politische Führung will eine Entkopplung von Lieferketten durch andere Länder stoppen. Deshalb sollen jetzt ausländische Investitionen angelockt werden.
Chinas Ministerpräsident Li Qiang will eine Entkopplung von Lieferketten durch andere Länder stoppen. "Wir sind bereit, engere Partnerschaften in den Bereichen Produktion und industrielle Lieferkette mit allen Ländern aufzubauen", sagte Li auf der ersten China International Supply Chain Expo (CISCE).
Li unterstrich, dass die internationale Gemeinschaft "vorsichtiger gegenüber den Herausforderungen und Risiken sein muss, die durch Protektionismus und unkontrollierte Globalisierung entstehen". China werde weiterhin ein internationales und rechtsstaatliches Geschäftsumfeld schaffen.
China will ausländische Investitionen anlocken
Hintergrund ist, dass die ausländischen Investitionen in China zuletzt auf einen historischen Tiefstand gesunken waren. Die Messe ist ein Versuch Pekings, internationale Investitionen anzulocken. Denn die Europäische Union und USA hatten angekündigt, strategisch wichtige Lieferketten von China auf andere Länder umlenken, um ökonomische und politische Risiken zu minimieren, die sich aus den engen Verflechtungen ergeben können.
Geopolitische Krisen wie Russlands Krieg in der Ukraine, die Befürchtungen einer chinesischen Invasion Taiwans, aber auch die ökonomischen Erfahrungen der Corona-Krise haben dazu geführt, dass die Verbindungen zu China neu überdacht werden. Viele Unternehmen entscheiden sich deshalb gegen den Ausbau der Lieferketten in China und wenden sich anderen zu. Diese Strategie nennt sich China-plus-one.
"Systemischer Rivale"
In Deutschland hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Unternehmen wiederholt aufgerufen, sich bei Lieferketten breiter aufzustellen und beim Ex- und Import etwa mehr mit anderen asiatischen Ländern zusammenzuarbeiten.
Die Bundesregierung pocht gegenüber der Wirtschaft auf ein De-Risking beim Geschäft mit China, dem wichtigsten Handelspartner Deutschlands. So sollen Abhängigkeiten in Schlüsselindustrien vermieden werden. In der China-Strategie heißt es dazu, Deutschland halte an der wirtschaftlichen Verflechtung und den engen Handelsbeziehungen mit China fest.
Künftig werde es aber darum gehen, die ökonomische Resilienz zu erhöhen und Risiken zu mindern. Deshalb will die Bundesregierung in kritischen Bereichen Abhängigkeiten verringern und die Wirtschaftsbeziehungen insgesamt diversifizieren. Ziel sei, ausgewogene Partnerschaften in Asien auf- und auszubauen, ohne sich gegenüber China zu verschließen.
EZB-Umfrage: Unternehmen sehen Risiken
Auch viele Unternehmen sehen die Abhängigkeit von China mit Sorge, wie eine aktuelle Umfrage der EZB zeigt: Zwei Drittel der befragten Firmen nannten in der Erhebung China als Land, das für die Lieferketten in ihrer Branche ein Risiko berge. Rund 40 Prozent bezogen laut der Erhebung unverzichtbare Vorleistungsgüter aus dem Reich der Mitte und bewerteten dies als ein erhöhtes Risiko.
"Die meisten Unternehmen setzten jedoch Strategien zur Verringerung ihres Engagements in dem betreffenden Land oder den betreffenden Ländern um", erklärte die EZB. Rund 40 Prozent gaben laut Umfrage an, sie versuchten, die gleichen Vorleistungen aus anderen Ländern außerhalb der EU zu beziehen. 20 Prozent gaben an, sie verfolgten eine Strategie, solche Produkte hauptsächlich aus EU-Ländern zu beziehen.