Wichtiger EU-Handelspartner Weniger China, weniger Risiko?
Für EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Außenministerin Baerbock ist klar: China ist ein Risiko - politisch wie wirtschaftlich. Sie plädieren für De-Risking - aber was bedeutet das?
Was Ursula von der Leyen dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping bei ihrem Besuch in Peking zu sagen hatte, war keine freundliche Grußbotschaft: Europäische Firmen hätten zu wenig vom Handel mit China, würden dort benachteiligt und gingen ein Sicherheitsrisiko ein, wenn sie chinesische Technologie einsetzten.
Risiken abbauen - anderswo investieren
"Ich glaube, wir müssen De-Risking betreiben", sagte die EU-Kommissionspräsidentin in der Pressekonferenz nach ihrem Treffen mit Xi. De-Risking hieße: Risiken abbauen, indem Europa anderswo investiert. Der Export von militärisch relevanten Gütern müsse kontrolliert und Investitionen geprüft werden. All das im Dialog mit China. Also: De-Risking durch Diplomatie.
China wichtiger Handelspartner
Doch wie kann das gelingen? China und die EU sind füreinander die wichtigsten Handelspartner, wobei die Chinesen deutlich mehr nach Europa verkaufen als umgekehrt. Wie teuer wäre da ein De-Risking?
Professor Christian Schmidkonz von der Munich Business School glaubt: "Das kann man seriös gar nicht kalkulieren, was das De-Risking betrifft. Natürlich ist es teurer, als wenn man gleich mit einer vernünftigen Risiko-Strategie nach China gegangen wäre. Aber da war einfach die Gier und das Versprechen auf einen riesigen Markt zu groß."
Zu lange naiver Umgang mit China
Zu lange seien Unternehmer und Politiker zu naiv mit China umgegangen, findet Schmidkonz. Doch das ändere sich nun. Der Ökonom registriert, dass europäische Mittelständler ihre Produktion in andere asiatische Länder verlagern. Gleichzeitig sind gerade Autobauer abhängig vom China-Geschäft - BASF will dort in den kommenden Jahren sogar massiv zulegen.
Der Chef des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, hält das nicht grundsätzlich für problematisch. Er erklärt: "Thema Telekommunikationsinfrastrukturen, Huawei, da müssen wir uns fragen, verstehen, was mit unserer eigenen Infrastruktur passiert."
Ein weiteres Beispiel sind für Fuest Hafenübernahmen: "Bei Häfen, da ist das gegeben, da finde ich es albern zu sagen, chinesische Unternehmen dürfen keine Häfen kaufen. Bei der Telekommunikationsinfrastruktur habe ich das Gefühl, haben wir es doch nicht so im Griff von staatlicher Seite, insofern ist das Risiko da vielleicht größer."
De-Risking nur mit der Politik möglich
Professor Xuewu Gu von der Uni Bonn ist überzeugt, dass De-Risking ohne die Politik nicht funktionieren wird. Von einer globalisierten Marktwirtschaft, wie wir sie in Europa schätzen, müssten wir uns möglicherweise verabschieden.
Es geht nur, wenn der Staat bereit ist, protektionistisch vorzugehen.
Xuewu Gu erklärt außerdem, die USA hätten es vorbildlich gemacht: "Donald Trump hat Steuererleichterungen eingeführt, reduzierte Unternehmenssteuer auf 25 Prozent. Das führte dazu, dass 1000 Unternehmen nach Hause gegangen sind."
Guter Zeitpunkt für De-Risking?
Xuewu Gu war im April in seiner früheren Heimat China. Sein Eindruck: "Eine neue Allianz Japan, USA, Südkorea. Das ist für die chinesische Führung sehr gefährlich. Sie glauben: Wir müssen nicht Verbündete, aber Sympathisanten finden - Richtung Europa."
Der Zeitpunkt könnte also günstig sein für ein De-Risking. Wobei Clemens Fuest vor Überreaktionen warnt: "Die Wirtschaftsbeziehungen mit China heute, eine Krise antizipieren, vorauszunehmen, das wirkt auf mich wie Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Man muss schon vorsichtig sein, aber man muss nicht wirtschaftlichen Selbstmord begehen."