Erwartungen des Einzelhandels Maue Aussichten zu Weihnachten
Schwierige gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, sinkende Kauflaune, unzufriedene Einzelhändler: Die Vorhersagen für das Weihnachtsgeschäft sind düster. Laut einer Umfrage planen die Verbraucher 295 Euro für Weihnachtsgeschenke ein.
Glühwein, Bratwurst, Lichterketten: Bis zum Fest sind es noch fast sechs Wochen, aber die ersten Weihnachtsmärkte haben schon geöffnet. Mehr Zeit zum Bummeln und Einkaufen bringt auch mehr Umsatz, das hoffen zumindest die Standbetreiber. Und auch im Einzelhandel nimmt das Weihnachtsgeschäft Fahrt auf - wenn auch nur stotternd: Die Konsumlaune der Kunden ist im Keller, die Händler bangen um ihre Gewinne. Das Geschenkegeschäft als Umsatzgarantie - funktioniert das noch?
Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet nicht mit einem größeren positiven Schub für den Einzelhandel. Seine Prognose für November und Dezember: ein nominales Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Preisbereinigt, also unter Berücksichtigung etwa höherer Ladenmieten und Strompreise, bedeutet das aber ein Minus von vier Prozent für das Weihnachtsgeschäft.
"Noch nicht auf Vor-Corona-Niveau"
Eine deutschlandweit repräsentative Umfrage, die der HDE in Auftrag gegeben hat, ergab: Im Schnitt planen die Verbraucher 295 Euro für Weihnachtsgeschenke ein. Dabei will mehr als die Hälfte der Befragten ihr Budget stabil halten oder sogar ausbauen - besonders gefragt sind auch in diesem Jahr Geschenkgutscheine, Spielwaren und Bücher.
"Wir sind noch lange noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau. Und Fakt ist, dass die teureren Artikel eher im Regal bleiben. Es wird nicht weniger, aber etwas preisgünstiger gekauft", beobachtet Friedrich Demmler, Seniorchef des Spielwarengeschäfts Wirth in Mainz. Auf fünf Etagen gibt es hier Spielzeug, Kleidung und Möbel rund ums Kind. "Unseren Kunden ist Qualität wichtig, auch das Thema Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle. Spielzeug wird dann auch mal weitergegeben, wenn die Kinder rausgewachsen sind."
Rebuy und Resale im Trend
Weitergeben oder weiterverkaufen: ein Trend, den Konsumforscher seit längerem registrieren. Second Hand hat schon lange das Geschmäckle verloren, das ihm einst anhaftete. Neben der Nachhaltigkeit spielt auch die Teuerung den Gebrauchtwarenhändlern in die Karten. Im Jahr 2022 gaben Verbraucher allein im Onlinehandel 7,5 Milliarden Euro für gebrauchte Kleidung, Elektroartikel und Bücher aus - eine Steigerung um 67 Prozent gegenüber 2020 laut Handelsverband Deutschland, der eine aktuelle Hochrechnung für dieses Jahr Anfang Dezember veröffentlichen will.
Hinzu kommt der stationäre Second-Hand-Handel: Die Kette Resales betreibt bundesweit 53 Stores und ist damit nach eigenen Angaben der größte Anbieter im Bereich Kleidung. Luxus-Second-Hand-Mode wird auch über Kanäle wie Momox, Rebelle, Vite en vogue oder Preloved Bazaar gehandelt - eine zunehmende Konkurrenz für die klassischen Anbieter vor Ort, die Neuware verkaufen. Allerdings nicht unbedingt im Weihnachtsgeschäft: Für den Händler Resales sei das nicht relevant, erklärt Geschäftsführer Thomas Böschen.
Selbstgebasteltes wird beliebter
Ein weiterer Trend: Selbermachen. Unzählige Do-it-yourself-Kanäle im Netz wollen Lust aufs Selberbasteln machen. Baumärkte und Bastelläden bieten alles, was das Bastlerherz begehrt. Auch große Unternehmen wie Bosch setzen auf den Wunsch nach Nachhaltigkeit, passend zum Werkzeug gibt es eine eigene "Do-it-Yourself-App", auf der Website stehen Bauanleitungen vom Puppenhaus bis zur TV-Wand. Allerdings: Auch Baumaterial gibt es im Normalfall nicht kostenlos. Die enormen Preissteigerungen etwa für Holz, Kunststoff und Papier machen Selbstgebautes nicht automatisch zum Schnäppchen.
Für Spielwarenhändler Demmler seien Second Hand und DIY keine echte Konkurrenz, beobachtet er: "Die Kluft zwischen uns und anderen Angebotsformen spreizt sich immer weiter. Aber bei den Geschenken für Kinder sparen die Leute als letztes." Trotzdem sei der Andrang in seinem Laden "noch sehr angenehm". Heißt, es dürfte ruhig ein bisschen belebter sein? "Abwarten."
Online-Budget steigt
Auch das Beratungsunternehmen Ernst & Young (EY) hat sich mit dem anstehenden Weihnachtsgeschäft befasst und dazu eine Umfrage in Auftrag gegeben. Dabei kam unter anderem heraus, dass nur noch für 39 Prozent der Befragten das vorweihnachtliche Shoppingerlebnis in den Innenstädten wichtig ist. Vor Corona im Jahr 2019 habe der Anteil bei 59 Prozent gelegen.
Insgesamt werde inzwischen fast jeder zweite Euro bei Online-Händlern ausgegeben. Und hier steige das Geschenkbudget ganz gegen den Trend: von 111 auf 117 Euro. Der Online-Marktanteil wachse damit von 44 auf 47 Prozent. Der große Verlierer ist laut EY das Kaufhaus, respektive das Einkaufszentrum: Im Durchschnitt wollen die Bundesbürger laut der Umfrage nur noch 44 Euro in diesen Vertriebskanälen ausgeben. Im Vorjahr waren es noch 53 Euro.
Hoffen auf die "Black Week"
Auch in diesem Jahr dürften laut der Umfrage am häufigsten Geschenkgutscheine und Bargeld unter dem Weihnachtsbaum liegen. Es folgen Spielwaren, Lebensmittel und Süßwaren, Kleidung und Bücher. Der Erfolg des Weihnachtsgeschäfts hängt laut EY wie immer auch vom Wetter ab. "Fest steht jedenfalls, dass der Handel sich enorm anstrengen muss, die Menschen zum Geldausgeben zu animieren", sagt der Handelsexperte des Beratungsunternehmens, Michael Renz. Er geht nach eigener Aussage davon aus, dass die Branche versuchen dürfte, mit Preissenkungen und Rabattaktionen entgegenzusteuern - Stichwort: "Black Week". Das gehe aber auf die Marge und sei letztlich kein nachhaltiges Erfolgsmodell.
Ungeachtet dessen hoffen viele Einzelhändler auf die Aktionstage "Black Friday" und "Cyber Monday" Ende November. Denn dann möchten so viele Verbraucher wie nie zuvor gerade auch Weihnachtsgeschenke shoppen, das hat eine Umfrage im Auftrag von BlackFriday.de zusammen mit dem Marktforschungsunternehmen Appinio ergeben: 81 Prozent planen, dann auf Schnäppchenjagd zu gehen. Ein Hoffnungsschimmer für die Unternehmen - vielleicht wird es ja doch noch was mit dem Endspurt für die Umsätze und den klingelnden Kassen.