Springer Nature Warum ein Fachverlag an die Börse geht
Ob "Nature" oder die "Ärztezeitung" - Springer Nature gehört mit seinen Publikationen zu den größten Wissenschaftsfachverlagen der Welt. Nun ist das Unternehmen an der Börse. Was will es dort?
Springer Nature hat eine lange und erfolgreiche Geschichte. Die Gründung des Verlags geht auf das Jahr 1842 zurück. Inzwischen hat sich das Unternehmen mit Hauptsitz in Berlin und mehr als 9.000 Beschäftigten zu einem der weltweit größten Verlage für wissenschaftliche Publikationen gemausert. Zu ihm gehört etwa die renommierte Wissenschaftszeitung "Nature", die "Ärztezeitung" oder "Palgrave MacMillan" - auch kein Student kommt an dem Verlag vorbei.
Nun hat das Unternehmen nun seinen Börsengang am Frankfurter Parkett hingelegt. Und das nach ersten Einschätzungen sehr erfolgreich. Auf der Anzeigetafel auf dem Frankfurter Paket schien heute Morgen in großen Lettern die Zahl 24 Euro als erster Kurs - deutlich über dem Ausgabepreis von 22,50 Euro.
Ausgabepreis übertroffen
Beobachter sprachen da in Teilen sogar von einem "fulminanten Börsengang". Generell war der Ausgabepreis bereits eher hoch für ein deutsches Unternehmen angesiedelt, betonten Analysten.
Doch was will der Fachverlag an der Börse? Alexandra Dambeck, Chief Financial Officer bei Deutschlands größten Wissenschaftsverlag Springer Nature, sieht gute Wachstumschancen: "Über die vergangenen 20 Jahre ist der Markt, auf dem wir uns bewegen, kontinuierlich gewachsen." Dambeck glaubt zudem: "Es wird immer mehr in Forschung und Entwicklung investiert. Und wenn es mehr Wissenschaftler gibt, dann wird es auch eine größere Nachfrage nach Wissenschaftsverlagen geben."
Mehr als 500 Millionen Euro Gewinn 2023
Tatsächlich hat Springer Nature ordentliche Zahlen vorlegen können. So erzielte das Unternehmen im Jahr 2023 einen Umsatz von 1,85 Milliarden Euro - ein Plus von 5,2 Prozent. Der bereinigte Gewinn lag bei mehr als 500 Millionen Euro.
Nur: Anders als bei anderen Börsengängen geht es bei Springer Nature nicht um Expansion oder neue Felder, die erschlossen werden sollen, sagt der Kapitalmarkstatege Stefan Riße von Acatis Investment. "Das Unternehmen will seine Verschuldung abbauen, weil die als zu hoch empfunden wird."
Börsengang auch wegen Private-Equity-Firma
Der Schuldenstand von Springer Nature lag laut Riße vorm IPO beim 2,7-fachen des bereinigten Gewinns. Der Schuldenberg soll durch den Börsengang nun auf das 2,4-Fache abgeschmolzen werden. Es gibt aber noch einen weiteren Grund: "Einer der Eigentümer, die Private-Equity-Firma BC Partners, will ihre Anteile loswerden", sagt Riße.
Entsprechend erwartet Riße auch keine besonders große Kursrallye, wie sie zuletzt etwa viele Tech-Werte hingelegt haben: "Das ist Wissenschaftsverlag, da gibt es kein Riesenwachstum." Gleichzeitig findet er: "Es ist ein solides Geschäftsmodell, das eben nicht so sehr von Zeitgeist getrieben wird." Viele Menschen kämen irgendwann an einen Punkt in ihrem Berufsleben, wo TikTok und Wikipedia nicht mehr ausreichen, wo sie dann eine Fachzeitung oder ein Buch brauchen, um weiterzukommen.
Übrigens: Zum Axel Springer Verlag gehört das Unternehmen nicht, beziehungsweise nicht mehr, auch wenn der Name das vermuten lässt.
Bis zu 9.500 Euro für eine schnelle Veröffentlichung
Allerdings: Auf ungeteiltes Lob dürfte der Börsengang nicht stoßen. Die großen Wissenschaftsverlage stehen in der Kritik, ihre Margen auf Kosten der Wissenschaft und der öffentlichen Hand hochzutreiben.
So verlangen sie mitunter viel Geld von Autoren, damit sie ihre Artikel bei ihnen publizieren können. Für eine schnelle Open-Access-Veröffentlichung in der renommierten Zeitung "Nature" oder 32 anderen Fachmagazinen verlangte das Unternehmen Springer Nature 2021 etwa bis zu 9.500 Euro.
Open-Access-Texte sind ohne Abo zugänglich. Statt für den Zugang bei Universitäten oder Forschungseinrichtungen Geld einzutreiben, werden sie über Gebühren für die Autorinnen und Autoren - beziehungsweise deren Institute - finanziert. Die Wissenschaftler sind auf Veröffentlichungen in Fachzeitungen angewiesen. Je mehr und je renommierter das Journal, desto besser für die Karriere.
Publizieren ist notwendig für die Karriere
Experten sehen die verlangten Preise jedoch nicht annähernd durch die tatsächlichen Kosten gerechtfertigt - etwa für den in den meisten Fällen ohnehin ehrenamtlichen Peer-Review-Prozess, Vermarktung, Layout oder Verwaltung. Gerade jüngere Wissenschaftler hätten keine Chance, hier mitzuhalten, lautet die Kritik.
Der Druck auf Springer Nature, nun weiter Profit zu machen, wird mit dem Börsengang nicht kleiner geworden sein: "Als Unternehmen habe ich eine ganz andere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Es gibt plötzlich Aktionäre, Kleinaktionäre, institutionelle Anleger. Die wollen wissen, was ist mit meinem Unternehmen los", sagt Stefan Riße von Acatis.