Börsengang von Springer Nature "Wir öffnen Türen für Entdeckungen"
Der Wissenschaftsverlag Springer Nature hat ein erfolgreiches Börsendedebüt hingelegt. Es war der drittgrößte Börsengang in Deutschland in diesem Jahr. Finanzchefin Alexandra Dambeck spricht von einem "großartigen Tag".
Es war ein Highlight für die Frankfurter Börse. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 4,5 Milliarden Euro war der heutige Börsengang des Wissenschaftsverlags Springer Nature der dritte größere Börsengang in Deutschland in diesem Jahr. Zu Jahresbeginn hatten der Panzergetriebehersteller Renk und die Parfümeriekette Douglas den Sprung an den Aktienmarkt geschafft. Die Emission spülte 600 Millionen Euro in die Kassen des Verlags, 400 Millionen davon gehen an den Finanzinvestor BC Partners, der seine Beteiligung von 47 auf 36 Prozent abschmelzen lässt.
Deutschlands größter Verlag aus Berlin ist in mehr als 30 Ländern aktiv, veröffentlich wissenschaftliche Zeitschriften und Bücher. Das Unternehmen steckt zum Beispiel hinter der weltweit bekanntesten Fachzeitung für Naturwissenschaften "Nature" und zahlreichen anderen Titeln.
tagesschau.de: Herzlichen Glückwunsch zum Börsengang, Frau Dambeck. Der erste Preis steht mit 24 Euro über dem Ausgabepreis von 22,5 Euro. Wie zufrieden sind Sie?
Alexandra Dambeck: Vielen Dank. Es ist ein großartiger Tag. Wir haben gerade die Glocke geläutet. Es ist ein toller Tag für Springer Nature, und ich muss sagen, ich bin unglaublich stolz, was wir hier als Team erreicht haben.
tagesschau.de: So ein Börsengang ist ja immer begleitet von sehr viel Vorarbeit. Was ist das für ein Gefühl, jetzt hier zu stehen und das Ganze feiern zu können?
Dambeck: Es ist ein unglaublicher Moment. Das ist eine sehr intensive Zeit in der Vorbereitung. Ein erfolgreicher Börsengang ist jetzt einfach eine schöne Anerkennung für das, was wir die letzten Monate und auch was das Unternehmen, insbesondere die letzten Jahre, geleistet hat.
Schuldenabbau als Grund für Börsengang
tagesschau.de: Sie haben ja eine ziemlich hohe Schuldenlast. Ein gewisser teil des eingenommenen Kapitals wird in den Schuldenabbau gesteckt. Was heißt das jetzt für zukünftige Investitionen?
Dambeck: Mit dem Börsengang haben wir einen kleinen Teil als Kapitalerhöhung, den wir nutzen, um unseren Schuldenstand zu reduzieren. Was man aber klar sehen muss: Wir hatten in den letzten Jahren eine unglaubliche Erfolgsstory darin, unseren Schuldenstand zu reduzieren. Und das ist jetzt noch mal ein weiterer Beitrag.
tagesschau.de: Wissenschaft spielt gesellschaftlich und medial eine immer größere Rolle. Spätestens seit Corona merken wir das. Wie gefragt ist das Thema Wissenschaft bei Publikationen. Merken Sie da eine Veränderung in den vergangenen Jahren?
Dambeck: Robust überprüfte Wissenschaft ist natürlich wirklich im Fokus von ganz vielen, das merkt man natürlich auch seit Corona. Der Markt, in dem wir operieren, ist etwas, wo wir wirklich über die letzten 20 Jahre ein kontinuierliches Wachstum gesehen haben. Man sieht immer höhere Ausgaben in Forschung und Entwicklung. Das heißt natürlich auch für uns, dass es mehr Wissenschaftler in den Bereichen geben wird. Es gibt mehr Artikel, aber natürlich ist auch das Interesse daran ungebrochen und wird, wie sie sagen, immer größer.
Zeitschriften im digitalen Zeitalter eine Herausforderung?
tagesschau.de: Sie sprechen von kontinuierlichem Wachstum. Trotzdem könnten wissenschaftliche Zeitschriften gerade im digitalen Zeitalter doch ein schwieriges Pflaster sein. Was sehen Sie da für Herausforderungen in der Zukunft?
Dambeck: Man muss klar sagen: Diese von mir angesprochene robust überprüfte Wissenschaft ist ein klarer Bedarf. Und auch in den digitalen Zeiten ist dieser Bedarf daran ungebrochen.
tagesschau.de: Sie sind jetzt kein ganz klassisches Unternehmen. Es geht um Wissenschaft und Forschung. Was können denn Aktionäre erwarten, die in erster Linie gar nicht auf Profit aus sind, sondern die sich eine gesellschaftliche Veränderungen wünschen?
Dambeck: Wir haben im Kern all unseres Tuns unsere Mission, dass wir sozusagen die Türen öffnen für Entdeckungen und damit auch schnellere Lösung anbieten für die Herausforderung in der Welt. Und das ist wirklich in jedem Mitarbeiter in der DNA verankert. In der gleichen Zeit sind wir aber auch gerade für Investoren interessant, aktiv in einem Wachstumsmarkt, der sich als sehr robust gezeigt hat. Wir sind unglaublich gut positioniert darin und haben auch über die letzten Jahre sehr gute finanzielle Ergebnisse gezeigt, wo wir unsere eigenen Erwartungen übertroffen haben, aber auch die Wettbewerber.
Umgang mit digitaler Transformation
tagesschau.de: Wie gehen Sie denn insgesamt mit der digitalen Transformation um, auch mit künstlicher Intelligenz oder AR und VR, also Brillen, mit denen man in eine ganz anderen Welt eintauchen kann? Sehen Sie da auch Potenzial für Unternehmen? Oder sehen Sie sich eher so im klassischen Wissenschaftsliteraturbereich?
Dambeck: Ich glaube, von der Vorstellung eines Verlags sollten wir vielleicht so ein bisschen die die verstaubte Vorstellung wegnehmen. Das ist überhaupt nicht der Fall bei uns. Für uns spielt künstliche Intelligenz eine ganz große Rolle, insbesondere bei der Optimierung unserer Prozesse, unserer Workflows ist es natürlich für uns ein Thema, aber auch in der Art und Weise, wie wir unsere Informationen zur Verfügung stellen, wie unsere Suchmaschinen optimiert werden können. Es ist einfach die Kombination aus Wissenschaft und ein ganz wichtiger Aspekt ist einfach die Technologieentwicklung in unserem Verlag.
tagesschau.de: Das verstaubte Image ist ein Missverständnis, sagen Sie. Wo sehen Sie denn wichtige Trends in der Wissenschaft und in der Verlagsbranche?
Dambeck: Wir sind ein Wissenschaftsverlag, der auch sehr breit aufgestellt ist. Wenn Sie sich unser Nature Journal ansehen, merken sie, dass wir in einer großen Breite publizieren. Das ist einfach unsere Stärke und auch eines der Wachstumspotenziale, die wir einfach haben, dass wir wissenschaftlich so breit aufgestellt sind.
tagesschau.de: Sie sind ein Berliner Unternehmen, aber in mehr als 30 Ländern aktiv. In welchen Regionen sehen Sie denn so das größte Wachstum?
Dambeck: Wir sind sehr stark aufgestellt in Europa und auch in Amerika. Aber das Wachstum, dass man über die letzten Jahre auch klar sieht, kommt noch einmal sehr stark auch aus dem asiatisch-pazifischen Bereich.
Das Intervie führte Emal Atif, ARD-Finanzredaktion.