Elektromobilität Wie das Batterie-Recycling vorankommt
Auch E-Autos kommen in die Jahre, womit das Recycling der Batterien immer wichtiger wird. Experten schätzen, dass sich das Geschäft ab 2030 lohnen könnte. Ein ressourcenschonendes Verfahren testet Mercedes in einer Pilotanlage.
Vielleicht wäre auch der Vizekanzler heute gern ins baden-württembergische Kuppenheim gereist. Schließlich fördert sein Ministerium das Vorzeigeprojekt, das Mercedes-Benz beim Batterie-Recycling nach vorne bringen soll. Aber vermutlich auch, weil gute Nachrichten aus der Autoindustrie derzeit eher rar und damit umso wertvoller sind, zeigt sich der Kanzler höchstpersönlich im Südwesten, um die neue Pilotanlage von Mercedes einzuweihen.
Derzeit rollen laut Kraftfahrtbundesamt mehr als 1,5 Millionen reine Elektrofahrzeuge und knapp eine Millionen Plug-in-Hybrid-Wagen durch die Republik. Und damit auch jede Menge Batterien - das teuerste Bauteil eines E-Autos und das Herzstück der Antriebswende.
Die Batterie ist aber auch die größte Herausforderung der Elektromobilität. Von ihr hängt ab, wie "grün" ein solches Auto tatsächlich ist. Der Materialbedarf ist hoch, kiloweise werden wertvolle Metalle wie Lithium, Nickel oder Kobalt gebraucht. Die Abhängigkeit von ausländischen, teils problematischen Quellen in Asien, Südamerika oder Afrika ist hoch. Allein schon deshalb halten es für viele Fachleute sinnvoll, auf das Recycling gebrauchter Batterien zu setzen.
Ein Kreislauf ist das Ziel
Dafür werden verschiedene Verfahren genutzt. Bereits massentauglich im Einsatz sind sogenannte pyrometallurgische Ansätze: Die Batterien werden bei sehr hohen Temperaturen eingeschmolzen. Das ist allerdings energieintensiv, zudem gibt es relevante Materialverluste und giftige Abgase. Große Hoffnungen setzen Experten aber auch auf hydrometallurgische Verfahren. Dabei werden Metalle und andere Stoffe durch Wasser und Chemikalien ausgelöst. Dafür braucht man deutlich weniger Energie und kann mehr Materialien zurückgewinnen.
Die neue Batterie-Recyclingfabrik von Mercedes in einer Computer-Visualisierung.
Darauf setzt auch Mercedes in der neuen Anlage in Kuppenheim. Bis zu 96 Prozent Rückgewinnung erhofft sich das Unternehmen in der Zukunft. Das Entscheidende der Pilotanlage ist aber, erklärt Helmut Ehrenberg vom Karlsruher Institut für Technologie, dass man einen Kreislauf anschiebt: Die Inhaltstoffe werden aus einer Altbatterie nicht nur herausgeholt und irgendwo anders weiter verwertet, sondern qualitativ so hochwertig aufbereitet, dass sie im besten Fall wieder für E-Fahrzeug-Batterien genutzt werden können. Im Labor habe das schon geklappt, berichtet der Experte, der mit seinem Team die Mercedes-Anlage wissenschaftlich begleitet. Nun soll der Prozess im industriellen und damit viel größeren Stil ausprobiert werden.
"100 Prozent Recycling nicht sinnvoll"
"Wir müssen zu einem geschlossenen Kreislauf kommen, wenn wir nachhaltig arbeiten wollen", sagt Ehrenberg. "Das ist dringend notwendig auch für die Elektrifizierung der Lkw-Flotten, weil der Rohstoffverbrauch da noch viel höher ist als beim Pkw" Der Batterieforscher betont allerdings: "100 Prozent Recycling ist nicht sinnvoll", auch wenn es rein technisch wohl ginge. Dann aber wäre der Prozess wahrscheinlich "so energieaufwändig und teuer, dass das Ganze wirtschaftlich wie auch ökologisch nicht mehr vertretbar ist".
Für Ehrenberg ist die Gesamtbilanz ausschlaggebend. Heißt: die reine Wiedergewinnung der Materialien ist das eine - das andere, wie viele Ressourcen in die Aufbereitung gesteckt werden müssen und wie hochwertig die Stoffe sind, die am Ende rauskommen. Im Fall der Autobatterien entstehe eine echte Kreislaufwirtschaft eben nur dann, wenn damit wieder entsprechende Batteriezellen gebaut werden können. In Kuppenheim investiert Mercedes-Benz nach eigenen Angaben eine zweistellige Millionensumme und will jährlich mehr als 50.000 neue Batteriemodule für vollelektrische Autos generieren.
Thema für die ganze Branche
An der Optimierung des Recyclings arbeiten auch andere Firmen - etwa Duesenfeld in Niedersachsen, Accurec in Nordrhein-Westfalen oder BASF mit einem Werk in Brandenburg. Auch VW hat seit 2021 eine Pilotanlage. Die Rückgewinnung wird in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. 30 Prozent des Lithiums, Nickels und Kobalts in den Batterien könnte bis 2035 aus recyceltem Material kommen, schätzt eine Studie der RWTH Aachen und des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers.
Bis 2040 könnte der Anteil sogar auf bis zu 60 Prozent steigen, erklärt Achim Kampker von der RWTH Aachen, einer der Studienautoren. Er rechnet damit, dass das Recycling-Geschäft ab 2030 in Europa rentabel werden könnte - auch weil dann genug Altbatterien im Umlauf sind, damit sich der Aufwand lohnt. Noch gibt es hierzulande relativ wenige Rückläufer, weil eine E-Auto-Batterie zehn Jahre und mehr hält.
Man müsse aber schon jetzt in Recycling-Anlagen investieren, um vorbereitet zu sein, sagt Kampker. Zumal auch in diesem Bereich China aktuell die Nase vorne habe. Die Batterie-Verordnung der EU, die seit diesem Jahr gilt, sei eine hilfreiche Grundlage. Wichtig sei aber auch, betont der RWTH-Wissenschaftler, dass die Politik gute Rahmenbedingungen für die Logistik des Recyclings schaffe - etwa für den Transport der Altbatterien, die potenziell ein Gefahrgut darstellen.