Debatte über Steuerflucht Auslaufmodell Steuerparadies
Das Geschäftsmodell "Steuerparadies" steht vor dem Aus: Einstige Zufluchtsziele wie Luxemburg und Österreich rütteln am Bankgeheimnis, auch auf den Kaimaninseln und den Bermudas sind Konto-Inhaber nicht mehr sicher. Die SPD nennt der Schweiz ihre Bedingungen.
Der politische Druck auf Länder mit Geschäftsmodell "Steuerparadies" zeigt immer mehr Wirkung: Luxemburg und Österreich wollen ihr Bankgeheimnis lüften, und auch britische Überseegebiete sollen künftig Informationen über Inhaber von Bankkonten preisgeben.
Wie das britische Finanzministerium mitteilte, unterzeichnete die Regierung in London mit den Bermudas und den Jungferninseln sowie mit den Gebieten Anguilla, Montserrat und den Turks- und Caicosinseln ein entsprechendes Abkommen. Damit übermitteln die Überseegebiete Großbritannien künftig automatisch Daten von Kontoinhabern wie Name, Adresse und Geburtsdatum sowie Kontonummer, Kontostand und Geldtransfers.
Steuerschlupfwinkel beseitigen
Die Informationen sollen auch Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien zugänglich gemacht werden. Das Abkommen erlaubt es nach Angaben des Ministeriums auch, Besitzer von Fonds in den Überseegebieten ausfindig zu machen. Der britische Finanzminister George Osborne bezeichnete die Übereinkunft als "entscheidenden Schritt", um gegen unerlaubte Finanzgeschäfte vorzugehen und rief andere Länder auf, ebenfalls derlei Steuerschlupfwinkel zu beseitigen.
Großbritannien reagiert damit auf großen Druck, vor allem aus Österreich. Die Regierung in Wien hatte Großbritannien wegen der Steueroasen in den britischen Überseegebieten zuletzt heftig kritisiert. Im vergangenen Juni hatten sich die EU-Länder darauf verständigt, im Kampf gegen Steuerhinterziehung enger zusammenzuarbeiten.
SPD nennt Bedingungen für Schweizer Abkommen
Die Schweiz will offenbar auch nicht den Eindruck erwecken, Steuerhinterzieher zu schützen. Außenminister Didier Burkhalter hatte sich im Gespräch mit seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle offen gezeigt für neue Gespräche über ein Steuerabkommen. Damit vollzieht die Regierung in Bern eine Kehrtwende, denn Neu-Verhandlungen nach dem gescheiterten Abkommen hatte sie bislang immer abgelehnt.
In Deutschland stieß die neue Schweizer Gesprächsbereitschaft auf Wohlwollen. Die SPD, die das erste Abkommen im Bundesrat blockiert hatte, formulierte inzwischen Bedingungen. Eine wichtige Voraussetzung sei erfüllt, "wenn das nach den Prinzipien des Rechtsstaates geht, wenn klar wird, dass wir fortbestehende Anonymität bei Steuerkriminalität für nicht richtig halten", sagte Joachim Poß, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, im NDR. Zudem dürfe "eine europäische Regelung zum automatischen Informationsaustausch nicht länger blockiert werden".
Es dürfe kein Abkommen geben, "das die Interessen der Steuerhinterzieher und der Schweizer Banken vertritt", machte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF klar. Ein Abkommen müsse vielmehr dafür sorgen, "dass Steuern, die bezahlt werden müssen, auch bezahlt werden". Es gehe nicht nur darum, dass die Zinsen versteuert werden, sondern auch darum, dass kein unversteuertes Geld in die Schweiz gebracht werden könne. Dazu sei ein automatischer Informationsaustausch wichtig, sagte der SPD-Minister.