Positives Zeichen im Handel Deutsche Exporte legen unerwartet zu
Überraschend sind die Exporte aus Deutschland im August gestiegen. Die Ausfuhren legten im Vergleich zum Juli um 1,3 Prozent zu. Dennoch warnen Experten weiterhin vor einer Rezession.
Deutsche Unternehmen haben im August überraschend mehr Waren ins Ausland exportiert. Die Ausfuhren stiegen saison- und kalenderbereinigt im Vergleich zum Juli um 1,3 Prozent auf 131,9 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Analysten hatten einen Dämpfer für die deutsche Exportwirtschaft und im Schnitt einen Rückgang um 1,0 Prozent erwartet.
Wirtschaftsexperten bleiben skeptisch
Bereits im Juli waren die Exporte um 1,7 Prozent gestiegen. Damit verhält sich der Exportmarkt gegenläufig zur restlichen deutschen Wirtschaft, die die Konjunkturflaute deutlich zu spüren bekommt. Insbesondere sticht ins Auge, dass 5,5 Prozent mehr Waren in die USA geliefert wurden als im Juli. In die EU-Länder und nach China wurden die Exporte ebenfalls erhöht.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht in den Ausfuhr-Zahlen einen Hoffnungsschimmer, aber keinen Grund zur Entwarnung. Die Exportwirtschaft stehe weiterhin unter Druck. "Hohe Kosten, beispielsweise für Energie, Steuern oder Personal, aber auch die überbordende Bürokratie nagen an der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
Die Exporte Deutschlands seien geografisch in der Breite gestiegen, erläuterte Chefökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank. Die starke Zunahme der Ausfuhren in die USA unterstreiche, dass es den Vereinigten Staaten konjunkturell deutlich besser gehe als Deutschland. Gleichzeitig sei festzustellen, dass die Auftragseingänge gemäß dem Einkaufsmanagerindex in den vergangenen Monaten beschleunigt gefallen seien: "Wir bleiben daher skeptisch, ob die Exporte nunmehr nachhaltig an Fahrt gewinnen."
Rückgang an Bestellungen könnte Rezession begünstigen
Die deutschen Exporte schlagen sich aus Expertensicht insgesamt in diesem Jahr allerdings besser als erwartet. Immerhin lagen die Ausfuhren in den ersten acht Monaten des Jahres fünf Mal im Plus: "Der noch immer hohe Auftragsbestand hilft der deutschen Exportwirtschaft. Die Industrie zehrt also von der Vergangenheit", analysierte Chefökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank.
Zuletzt hat der kriselnde Sektor allerdings spürbar an Neugeschäft eingebüßt. Nach zwei Anstiegen in Folge sanken die Bestellungen im August um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat und damit so stark wie seit Januar nicht mehr.
In dieses eher düstere Bild passt, dass sich das Geschäftsklima in der Chemie-Industrie im September eingetrübt hat. Laut dem Münchner ifo Institut fiel der Index auf minus 13,6 Punkte, nach minus 6,1 Punkten im August. Dabei fielen die Urteile zur aktuellen Geschäftslage deutlich auf minus 9,3 Punkte nach plus 0,3 Punkten im August. Die Geschäftserwartungen sackten sogar auf minus 17,8 Punkte ab. "In der deutschen Chemie-Industrie ist die Stimmung nicht gut", so das Fazit von ifo-Branchenexpertin Anna Wolf.
Konjunkturprognose für 2024 abgeschwächt
Die Zeichen in der deutschen Wirtschaft deuten laut Bundesbankchef Joachim Nagel auf eine Rezession hin. Das zweite Halbjahr scheine konjunkturell deutlich schwächer auszufallen, als noch vor einem halben Jahr gedacht. Das Wirtschaftsministerium in Berlin bestätigte bereits, dass die Bundesregierung die Konjunkturprognose für 2024 am Nachmittag nach unten korrigieren wird und darin mit einem zweiten Rezessionsjahr in Folge rechnet.
Die Hauptgeschäftsführerin des Industrieverbands BDI, Tanja Gönner, warnte, den erwarteten Rückgang des Wirtschaftswachstums als konjunkturelles Phänomen abzutun. Die hiesige Wirtschaft stagniere schon seit Jahren, die absehbare Erholung helfe nicht aus der Wachstumsschwäche heraus. "Insofern gilt der Satz: Wir verlieren auf dem Weltmarkt (…) Anteile und insofern müssen wir dringend an strukturelle Themen heran", sagte Gönner auf RTL/ntv. Es reiche nicht, nur über Konjunkturfragen zu sprechen.