Euroscheine liegen unter einem Kopfkissen.

Privatvermögen Die Deutschen investieren schlecht

Stand: 24.09.2024 16:00 Uhr

Weltweit wachsen die Privatvermögen. Das zeigt eine neue Allianz-Studie. Außenseiter ist Deutschland: Hier sparen die Menschen mit deutlich weniger Erfolg als anderswo.

Viele Menschen in Deutschland verpassen Chancen auf Wohlstand, weil sie falsch sparen. Ihre Geldanlagen sind nur gering verzinst und gewinnen damit nicht an Wert. Privatleute fallen damit hinter die Erfolge von Sparerinnen und Sparern im restlichen Westeuropa zurück, wie der neue "Global Wealth Report" des Münchner Versicherungskonzerns Allianz zeigt.

Durchschnittlich hat jeder Mensch in Deutschland knapp 70.000 Euro auf der hohen Kante. Dazu kommt Immobilieneigentum im Wert von 130.000 Euro. Diese Werte haben die Volkswirte der Allianz aus amtlichen Daten errechnet. Es sind Durchschnittsbeträge - nach Abzug von Schulden.

Viel Geld liegt nur herum

Deutschland hat nach Angaben der Weltbank die drittgrößte Volkswirtschaft. Die Bundesbürger liegen aber laut "Global Wealth Report" an Platz 15 der Vermögens-Rangliste.

Weltweit haben sich die privaten Geldvermögen 2023 nach Einschätzung der Allianz- Volkswirte verblüffend entwickelt. "Ein wirklich gutes Jahr für alle", heißt es im "Wealth Report". Für alle bis auf Westeuropa. Zu Deutschland ist gar von "vier verlorenen Jahren" die Rede. Die Kaufkraft des privaten Geldvermögens liegt in Deutschland noch immer unter dem Niveau, das vor der Corona-Pandemie erreicht war.

Weil deutsche Sparer schlecht investieren, verdienen sie wenig Geld aus den Ersparnissen heraus. Das Geld liegt nur herum. Andernorts sind Privatleute aktiver, kaufen Investmentfonds, Anleihen und Aktien.

In Westeuropa insgesamt kam während der vergangenen 20 Jahre ein Drittel des Vermögenswachstums aus Wertsteigerungen der Anlagen selbst. In Nordamerika waren es fast zwei Drittel. In Deutschland, schreiben die Allianz-Volkswirte, sei Vermögensaufbau fast nur durch weiteres Sparen zustande gekommen.

Bausparen und Sparkonten immer noch beliebt

Die Bundesbank organisiert alle paar Jahre eine "Vermögensbefragung" der Bevölkerung. Die jüngste fand 2021 statt; Ergebnisse wurden vergangenes Jahr veröffentlicht. Es zeigt sich: Selbst Menschen mit niedrigen Einkommen sparen eifrig. Gerade Niedrigverdiener stecken ihr Geld gern weitgehend in Bausparverträge, obwohl sie sich keinen Bau leisten können und die Verzinsung schlecht ist. Bausparen und ebenfalls schlecht verzinstes Sparen bei Banken gelten aber als solide und sicher.

Die Bundesbank-Umfrage zeigt, dass Aktien nach wie vor unbeliebt sind. Je höher das Einkommen und je höher das Vermögen von Menschen, desto mehr investieren sie in Aktien. Die Mittelschicht ist weitgehend abgehängt.

Menschen mit geringem Einkommen dürften am ehesten davor zurückschrecken, Aktien zu kaufen. Denn das investierte Geld muss langfristig angelegt sein und darf nicht in plötzlichen Notfällen oder für dringende Anschaffungen benötigt werden. Auch ist nicht jede Aktie erfolgreich; ein Mix ist nötig.

Das deutsche Aktien-Trauma

Vielen Deutschen stecken noch die schlechten Erfahrungen mit der Telekom-Aktie und dem "Neuen Markt" in den Knochen. 1996 machten der Staat, Börsen und Wirtschaftsjournalisten massiv Reklame für Aktien. Die privatisierte Deutsche Telekom wurde als "Volksaktie" unter die Leute gebracht. Tausende Privatleute kauften erstmals Aktien und mussten erleben, dass es mit einer Einzelaktie nicht automatisch nach oben gehen muss - auch wenn das Management des Unternehmens keine professionellen Investoren zu fürchten hat.

Kurze Zeit später startete die Frankfurter Börse den "Neuen Markt", an dem angeblich innovative Jungunternehmen ihre glänzende Zukunft verkauften. Nach drei Jahren war Schluss. Ungezählte arglose Kleinanleger standen mit leeren Händen und enttäuschten Hoffnungen da.

Immobilien als Wohlstandsfaktor

Für die, die es sich leisten können, sind Immobilien häufig wesentlicher Treiber des Wohlstands. Sie haben in den zwei Jahrzehnten nach der Finanzkrise 2007/2008 und dem darauffolgenden Einbruch der Weltwirtschaft rasant an Wert gewonnen. In Europa besteht Privatvermögen zu 55 Prozent aus Immobilien.

Im vergangenen Jahr haben Immobilien in Westeuropa wieder an Wert verloren. Der "Global Wealth Report" warnt in Deutschland deutlich vor weiteren Verlusten durch Klimarisiken. Verblüffenderweise sei die Wertentwicklung von Häusern in Überschwemmungsgebieten oder Siedlungen in Dürrezonen nicht eindeutig messbar, heißt es bei der Allianz. Bei schlecht isolierten Häusern ist der Fall klar: Sie können im Schnitt 32.000 Euro Wert verlieren.