Donald Trump auf der Bitcoin 2024 Konferenz.

Bitcoin über 90.000 Dollar Wie Trump den Bitcoin lieben lernte

Stand: 14.11.2024 06:58 Uhr

Seit dem Wahlsieg des selbsternannten "Bitcoin-Präsidenten" Trump jagt die Kryptowährung von Rekordhoch zu Rekordhoch. Hinter der Bitcoin-Liebe Trumps stecken auch persönliche finanzielle Interessen.

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Es herrscht Euphorie am Krypto-Markt. Seit der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten kennt der Bitcoin kein Halten mehr. Die Kryptowährung eilt von Rekord zu Rekord, am Morgen stellt sie bei 90.647 Dollar eine neue Bestmarke auf. Seit ihrem Jahrestief bei 38.505 Dollar am 23. Januar hat sich die wichtigste und älteste Cyberdevise damit mehr als verdoppelt.

Bitcoin-Rally ist ein klassischer "Trump Trade"

Die Kryptowährung nimmt nun Kurs auf die 100.000 Dollar, Bitcoin-Experten wie Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest gehen davon aus, dass die psychologisch wichtige Marke schon bald erreicht werden könnte.

Marktbeobachter sprechen mit Blick auf den steilen Kursanstieg des Bitcoin von einem klassischen "Trump-Trade" - der Kryptomarkt gilt als einer der ganz großen Profiteure des Trump-Siegs bei den US-Wahlen. "Die Zukunft für Krypto hat noch nie besser ausgesehen als heute", freut sich etwa Kris Marszalek, Chef der weltweit zweitgrößten Kryptobörse Crypto.com, auf X.

USA sollen "Krypto-Zentrum des Planeten" werden

Tatsächlich ist mit Trump nun ab Januar ein Präsident an der Macht, der erst vor Kurzem, dafür aber umso intensiver seine Liebe zu Digitalwährungen entdeckt hat. Im Sommer hatte sich der Republikaner auf einer nationalen Bitcoin-Konferenz selbst zum "Bitcoin-Präsidenten" gekürt und angekündigt, die USA zum "Krypto-Zentrum des Planeten" zu machen.

Dazu will Trump das regulatorische Umfeld für Kryptowährungen lockern: Bereits während der ersten 100 Tage seiner Amtszeit plant er, einen "Bitcoin- und Krypto-Beirat" ins Leben zu rufen. Dieser soll dann klare Richtlinien für die Regulierung der Branche entwickeln.

Auftritt für die "Crypto Mom"?

Zudem hatte Trump mehrfach erklärt, eine seiner ersten Amtshandlungen als US-Präsident werde es sein, den Chef der Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, wegen dessen "Kryptofeindlichkeit" zu feuern. Das ist zwar in der Praxis kaum machbar. Aber üblicherweise tritt der SEC-Chef in der Zeit vor der Amtseinführung eines neuen Präsidenten selbst zurück. Die Chancen stehen gut, dass dann Hester Pierce die Führung der Börsenaufsicht übernimmt.

Die bereits 2018 von Trump ernannte SEC-Kommissarin hat sich in der Branche einen Namen gemacht als starke Befürworterin eines flexibleren und innovationsfreudigeren Regulierungsansatzes bei Kryptowährungen. Nicht umsonst lautet ihr Spitzname "Crypto Mom".

Hester M. Peirce

Hester Peirce hat gute Chancen, die neue Chefin der US-Börsenaufsicht SEC zu werden.

Eine "nationale Bitcoin-Reserve" für Krisenzeiten?

Doch damit nicht genug: Trump kündigte überdies an, eine "nationale Reserve" in Bitcoin anzulegen und damit "einen nationalen Wert zu schaffen, von dem alle Amerikaner profitieren". Mit dem Begriff "nationale Reserve" spielt Trump dabei ganz bewusst auf die bereits bestehenden staatlichen strategischen Reserven in Gold und Öl an; der Begriff soll Stabilität in möglichen Krisenzeiten suggerieren.

Sollte die Trump-Regierung tatsächlich eine nationale Bitcoin-Reserve schaffen, so dürfte dies "für die amerikanische Geldpolitik ein Tag für die Geschichtsbücher werden, an dem auch die letzten Zweifel an der Nachhaltigkeit von Bitcoin verflogen sind", prognostiziert Marktanalyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets.

Doch wie sinnvoll ist es für einen stabilen Industriestaat wie den USA, eine Bitcoin-Reserve aufzubauen? Die große Mehrheit der Ökonomen hält das für eine absurde Idee. Zumal die Vereinigten Staaten bereits Heimat der Weltreservewährung sind: die des Dollar.

Bitcoin-Reserve wäre Konkurrenz für den Dollar

Dabei liegen die Nachteile des Bitcoin als zusätzliche strategische Reserve auf der Hand: Die Cyberdevise ist deutlich weniger liquide als der Dollar und als Tauschmittel nicht allgemein anerkannt. Noch dazu schwanken die Bitcoin-Kurse extrem stark. Als Wertspeicher taugt Bitcoin daher kaum - im Gegensatz zum Dollar, aber auch zu Gold.

"Es wäre aus Sicht der US-Regierung unsinnig, Bitcoin als zweite Währungsreserve neben dem US-Dollar aufzubauen", unterstreicht denn auch Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest. "In schwierigen Situationen ist die Gewährleistung von Dollar-Liquidität durch die Fed für andere Zentralbanken wichtig", so der Marktexperte. Protektionismus bedeute aus US-Sicht auch, den US-Dollar als Weltreservewährung zu erhalten.

World Liberty Financial - Trumps Krypto-Projekt

Doch ob Trump bei seinen Entscheidungen überhaupt die Interessen der USA in den Fokus stellen wird, ist ohnehin fraglich. Fakt ist: Der Milliardär hat ein ganz persönliches Interesse daran, das Marktumfeld für Kryptowährungen zu verbessern; würde er damit doch nicht nur seinen Unterstützern aus der Krypto-Community etwas zurückgeben, die seinen Wahlkampf immerhin mit über 140 Millionen Dollar mitfinanzierten: Der Geschäftsmann Trump selbst verfolgt darüber hinaus auch eigene finanzielle Interessen.

Hatte Trump vor drei Jahren den Bitcoin noch als "Betrug" bezeichnet, so hat er seither eine 180-Grad-Kehre vollzogen, die sich auch in seinen Geschäften niederschlägt. Erst im Oktober ging World Liberty Financial an den Start - ein Krypto-Projekt "inspired by Donald Trump". Bislang besteht dieses in erster Linie aus einer simplen Webseite, dem Verkauf eines gleichnamigen Token mit der Abkürzung WLFI und einer Handvoll Versprechen.

Eine Darstellung der Kryptowährung Bitcoin als goldene Münze.
Trump und die Wahlkampf-Spenden der Krypto-Industrie

Laut der Website Open Secrets haben Krypto-Unternehmer den Trump'schen Wahlkampf massiv mitfinanziert. Die sogenannten Krypto-Triade - die drei Plattformen Coinbase, Ripple und Jump Crypto - steuerte mit etwa 93 Millionen Dollar den Löwenanteil bei. Der Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz spendete weitere 45 Millionen Dollar. Die Zwillingsbrüder Cameron und Tyler Winklevoss, Gründer der Krypto-Börse Gemini, die sich selbst einst als die ersten Bitcoin-Milliardäre der Welt bezeichnet hatten, gaben fünf Millionen Dollar.

Trump als "Chef Krypto-Anwalt"

Laut der Webseite bekleiden Trumps Söhne Eric Trump, Barron Trump und Donald Trump Jr. alle den Posten eines "Web3-Botschafters" - was auch immer das sein mag. Genauso undurchsichtig wie die Jobs der Trump-Söhne ist der ihres Vaters: Donald Trump ist nämlich "Chief Crypto Advocate". Ob der Posten eines "Chef-Krypto-Anwalts" mit dem des US-Präsidenten kompatibel ist, sei einmal dahingestellt.

In der Fachwelt zerreißen sich die Experten jedenfalls die Mäuler über das Krypto-Projekt des Präsidenten. Denn man kann das WLFI-Token zwar bereits kaufen, aber nicht handeln. Es ist nämlich "nicht übertragbar". De facto kommt der Kauf des Token somit einer Spende gleich; Käufer bekommen im Gegenzug lediglich ein nicht näher definiertes "Mitspracherecht" bei der Ausrichtung von World Liberty Financial.

Screenshot der Website World Liberty Financial.

Das Team von World Liberty Financial hat einen hohen Trump-Anteil.

Token-Einnahmen sollen an "Inner Circle" gehen

Tatsächlich ist der WLFI-Token bislang ein echter Rohrkrepierer. Laut der Webseite wurden bisher lediglich 1,09 Milliarden Token verkauft und damit nur ein Bruchteil der angestrebten 20 Milliarden. Der Wert der verkauften Token beläuft sich auf rund 16 Millionen Dollar - 450 Millionen Dollar sollen es einmal werden.

Doch was passiert mit dem Geld, sollte WLFI wider Erwarten doch noch ein Erfolg werden und alle Token verkaufen können? Wer das wissen möchte, muss ins Kleingedruckte schauen, das bei WLFI Gold Paper heißt. Danach sollen 30 Millionen Dollar für die laufenden Ausgaben von WLFI verwendet werden. Der Rest - also rund 420 Millionen Dollar - wird unter einem "inneren Kreis" der "ersten Unterstützer" aufgeteilt.

Screenshot der Website World Liberty Financial.

Trump umgarnt die Krypto-Community auf der Website von World Liberty Financial.

Trump-Kritiker: WLFI ist ein "durchschaubarer Betrug"

Größter Profiteur davon wäre natürlich - Trump: 75 Prozent der Einnahmen sollen einem Unternehmen namens DT Marks DEFI LLC zufließen, das sich im Besitz des künftigen US-Präsidenten befindet. Der Hedgefonds-Manager Anthony Scaramucci spricht daher im Interview mit CoinDesk auch ganz klar von "Betrug". Scaramucci war in der ersten Amtszeit Trumps nur kurzzeitig Kommunikationschef im Weißen Haus und gehört seit jener Zeit zu den größten Kritikern Trumps.

Ich meine, es ist ein durchschaubarer Betrug, und Sie sollten ihn um jeden Preis vermeiden.
Anthony Scaramucci

Trump selbst hat den WLFI-Token in einem Statement auf X als "Ihre Chance" bezeichnet, "die Zukunft des Finanzwesens mitzugestalten". Womöglich ist World Liberty Financial aber in erster Linie "Ihre Chance", die Zukunft von Donald Trumps Finanzen mitzugestalten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. November 2024 um 13:54 Uhr.