Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Vor US-Inflationsdaten Kräftige Kursgewinne

Stand: 09.10.2024 22:14 Uhr

Vor den wichtigen Verbraucherpreisdaten aus den USA nahmen die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks wieder Fahrt auf. Damit beweisen die Investoren eine hohe Risikobereitschaft.

Trotz der am Donnerstag anstehenden Inflationsdaten kam es an der Wall Street im Verlauf zu deutlichen Kursgewinnen. Während der marktbreite S&P-500-Index einen neuen Höchststand erreichte, baute der Dow Jones sein Kursplus auf 1,0 Prozent auf 42.512 Punkte aus und näherte sich wieder seinem Rekordstand bei 42.628 Punkten von Ende September.

Auch die Technologiewerte waren wieder gefragt. Der Nasdaq 100 gewann 0,8 Prozent auf 20.286 Punkte.

Damit hat die Risikobereitschaft vor den morgen anstehenden US-Inflationsdaten für September wieder zugenommen. "Eine böse Überraschung sollte nach Möglichkeit vermieden werden", betonte IG-Analyst Christian Henke. "Fallen die Verbraucherpreise höher aus als erwartet, könnte die Fed im November die Füße stillhalten und nicht an der Zinsschraube drehen." Zuletzt hatte ein starker US-Arbeitsmarktbericht die Zinshoffnungen der Anleger gedämpft.

Das am Abend veröffentlichte Protokoll der letzten geldpolitischen Sitzung der US-Notenbank bestätigte aber im Wesentlichen die Erwartungen des Marktes, der von zwei weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr ausgeht. Die Währungshüter waren sich laut Protokoll aber sehr einig darin, dass mit dem großen Zinsschritt im September keine Festlegung auf ein bestimmtes Tempo bei den Zinssenkungen verbunden ist. Die Federal Reserve (Fed) hatte vorigen Monat mit der Zinswende den geldpolitischen Schlüsselsatz auf die Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent nach unten gesetzt.

Die Zuversicht an der Wall Street riss am Nachmittag auch den deutschen Markt aus seiner Lethargie. Der DAX gewann ein Prozent auf 19.254 Punkte. Am Morgen hatte der Leitindex mit einem Tagestief von 19.011 Zählern die Unterstützung bei 19.000 Punkten getestet.

Der erfolgreiche Test lässt nun auch die Chancen steigen, dass der DAX wieder Anlauf auf sein bisheriges Rekordhoch bei 19.492 Punkten nimmt. Die technisch günstige Lage könnte allerdings etwa bei einer weiteren Eskalation des Konflikts zwischen Israel und dem Iran konterkariert werden.

Am Morgen hatten Kurseinbrüche an den chinesischen Börsen noch für Verunsicherung gesorgt: Dort wuchs die Sorge, dass die für die jüngste Kursrally verantwortlichen Konjunkturimpulse nicht ausreichen könnten, um die Anleger von einer nachhaltigen Erholung des Aktienmarktes zu überzeugen. Der Leitindex CSI 300 mit den wichtigsten chinesischen Festlandwerten verlor mehr als sieben Prozent.

Der Kurs des Euro hat den tiefsten Stand seit Mitte August erreicht. Am Abend wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,0936 Dollar gehandelt. Die trüben Wirtschaftsaussichten in Europa und stärkere Wirtschaftsdaten aus den Vereinigten Staaten haben zuletzt den Dollar gestärkt.

Die Feinunze Gold notierte am späten Abend 0,5 Prozent tiefer bei 2.608 Dollar. Das gelbe Edelmetall entfernt sich damit immer weiter von seinem Rekordhoch bei 2.685 Dollar.

Die Ölpreise gerieten im Verlauf unter Druck. Am späten Abend wurde das Barrel (159 Liter) Brent-Öl aus der Nordsee 0,8 Prozent tiefer bei 76,82 Dollar gehandelt. In den USA sind die Ölreserven in der vergangenen Woche deutlich stärker als erwartet gestiegen. Die Bestände an Rohöl legten um 5,8 Millionen auf 422,7 Millionen Barrel zu.

Am Dienstag waren die Ölpreise noch zeitweise mehr als drei Dollar je Barrel gefallen. Erneute Sorgen um die chinesische Wirtschaft hatten die Preise belastet.

An der Nasdaq stand die Alphabet-Aktie mit einem deutlichen Abschlag im Fokus. Die US-Regierung erwägt, vor Gericht die Zerschlagung von Google zu fordern. Das US-Justizministerium erwähnte in einem Zwischenbericht zu seinen Überlegungen mögliche "strukturelle Maßnahmen" - also eine erzwungene Trennung von Unternehmensteilen. Die US-Regierung muss bis zum 20. November über ihre Empfehlung in einem seit Jahren laufenden Wettbewerbsverfahren entscheiden.

Die Continental-Aktie war mit einem Kurssprung von fast sieben Prozent der größte Gewinner im DAX. Der Autozulieferer ermutigte die Anleger mit einem zuversichtlicheren Blick auf die Geschäftsentwicklung im Autogeschäft. Wie das Unternehmen in einer Telefonkonferenz mitteilte, werde die Profitabilität in der Autosparte im dritten Quartal höher sein als im zweiten Quartal, obwohl der Umsatz geringer ausfalle.

Die "rote Laterne" im DAX übernahm dagegen Bayer. Der Kurs des Chemie- und Pharmakonzerns sackte um fast sieben Prozent ab und näherte sich damit seinem September-Tief. Börsianer verwiesen auf die Belastung durch anhaltende Rechtsrisiken wegen der Klagen, die es in den USA rund um den Unkrautvernichter Glyphosat und die Chemikalie PCB gibt.

Der Sportwagenbauer Porsche übernimmt wie geplant die Mehrheit an der Varta-Tochter V4Drive Battery. Der Volkswagen-Tochter Porsche geht es dabei vor allem um den Zugriff auf großformatige Lithium-Ionen-Zellen, wie sie etwa im Hybrid-Antrieb des 911 Carrera GTS zum Einsatz kommen. Technisch soll der Einstieg über eine Kapitalerhöhung bei V4Drive erfolgen.

Bei der Commerzbank schwelt weiter die Übernahmefantasie. Am Markt herumgereicht wurde ein Pressebericht, in dem die Rede davon ist, dass die Deutsche Bank die Beauftragung von Beratern erwäge, um sich im Gerangel um den Konkurrenten zu positionieren.

Im MDAX zogen die Papiere von Nordex um 4,5 Prozent an. Der Windturbinenbauer hat im dritten Quartal ein geringeres Neugeschäft verzeichnet, jedoch zu merklich höheren Preisen: Im dritten Quartal lag der durchschnittliche Verkaufspreis pro Megawatt Leistung bei 0,92 Millionen Euro nach 0,79 Millionen im Vorjahreszeitraum.

Der Wiener Baukonzern Strabag hofft durch eine Klage seiner österreichischen Kernaktionäre den russischen Anteilseigner MKAO Rasperia loszuwerden. Vor einem Schiedsgericht in Amsterdam sei eine Klage hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Vorkaufsrechte eingebracht worden, teilte Strabag mit. Aufgrund der Sanktionen gegen Russland sind die Strabag-Aktien der Rasperia eingefroren. Im Frühjahr wurde allerdings bekannt, dass diese Anteile an die russische Firma Iliadis übertragen wurden. Die Kernaktionäre wollen nun gerichtlich klären lassen, ob Rasperia nicht verpflichtet gewesen wäre, ihr Aktienpaket von rund 24 Prozent den Kernaktionären anzudienen.

Der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp hat laut einem Medienbericht mit der Bundesregierung vereinbart, staatliche Gelder an seine Stahltochter für die Umstellung auf "grünen" Stahl zurückzuzahlen, sollte das Projekt nicht realisiert werden. Dies berichtete das "Handelsblatt" unter Verweis auf Unternehmens- und Regierungskreise. Hintergrund der Abmachung ist der anstehende Verkauf des Tochterunternehmens.

Der US-Flugzeugbauer Boeing hat im Tarifstreit mit Mitarbeitern sein aufgebessertes Angebot zurückgenommen und die Verhandlungen abgebrochen. "Leider hat die Gewerkschaft unsere Vorschläge nicht ernsthaft in Betracht gezogen", teilte Stephanie Pope, Leiterin von Boeing Commercial Airplanes, mit. Sie bezeichnete die Forderungen der Gewerkschaft als "nicht verhandelbar".

Der Bergbaukonzern Rio Tinto hat sich mit dem Lithiumproduzenten Arcadium Lithium aus Australien auf eine Übernahme geeinigt. Pro Arcadium-Aktie sollen 5,85 Dollar bar gezahlt werden, teilte Rio Tinto mit. Der Preis entspreche einer Prämie von 90 Prozent zum Schlusskurs vom 4. Oktober. Arcadium Lithium wird damit mit rund 6,7 Milliarden Dollar bewertet.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 09. Oktober 2024 um 15:34 Uhr.