Leichte Gewinne Die Wall Street bleibt in Rekordlaune
Unter der Führung der Halbleiteraktien erreichte die Wall Street heute neue Bestmarken. Am Ende bröckelten dann zwar die Gewinne, trotzdem bleibt das Anlageumfeld attraktiv.
Unter der Führung der Chipaktien ging es heute in New York weiter nach oben. Zudem wurde der Markt von robusten Konsumdaten gestützt. Alle großen Aktien-Indizes konnten anfangs höhere Notierungen aber nicht halten, die Anleger strichen im Verlauf Gewinne ein.
Dabei markierten zunächst sowohl der Leitindex Dow Jones als auch der marktbreite S&P-500-Index jeweils neue Bestmarken bei 42.289 beziehungsweise 5.879 Punkten. Am Ende schloss der Dow bei 43.239 Zählern um 0,37 Prozent höher, der S&P 500 rutschte im späten Geschäft sogar noch minimal ins Minus bei 5,841 Zählern.
Auch an der Technologiebörse Nasdaq ging es zunächst weiter nach oben, eine neue Bestmarke wurde aber nicht aufgestellt. Der Schlussstand lag bei 18.373 Punkten, ein leichtes Plus von 0,1 Prozent. Gleiches galt für den Auswahlindex Nasdaq 100, der am Ende ebenfalls 0,1 Prozent vorrückte. Auch wenn die Indizes heute deutlich unter Tageshoch aus dem Handel gingen, rückten deren Bestmarken zuletzt ebenfalls immer näher.
Neben der erfolgreich angelaufenen Berichtssaison sorgte der aufgehellte Ausblick der Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) für gute Laune im Sektor. Der Nettogewinn stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um 54,2 Prozent auf 325,26 Milliarden Neue Taiwan-Dollar (9,31 Milliarden Euro), wie der Konzern mitteilte. Der Umsatz legte um 36 Prozent auf umgerechnet 21,65 Milliarden Euro zu. TSMC sieht eine weiterhin hohe Nachfrage nach Chips für Anwendungen rund um KI und gab für das vierte Quartal höher als von Analysten erwartete Geschäftsziele aus. Auch die Papiere von Applied Materials und AMD eröffneten mit Gewinnen.
Platzhirsch Nvidia schaffte bei 140,89 Dollar knapp ein neues Rekordhoch und ging am Ende bei 136,93 Dollar um 0,89 Prozent höher aus dem Handel. Der zunehmende Optimismus von TSMC dürfte die Sorgen um die weltweite Chipnachfrage und die Nachhaltigkeit des Booms bei Künstlicher Intelligenz mildern.
Stärkster Einzelwert im Dow Jones war aber mit dem Versicherer Travelers eine Aktie aus dem Finanzsektor, dessen Kurs um 9,0 Prozent deutlich anzog. Dank geringerer Ausgaben bei Privat- und Anleihenversicherungen sowie höherer Investmenterträge im dritten Quartal hat das Unternehmen einen Gewinnsprung hingelegt. Nach einem Überschuss von 404 Millionen Dollar ein Jahr zuvor häufte sich in den drei Monaten bis Ende September nun ein Gewinn von 1,26 Milliarden Dollar (1,16 Mrd. Euro) an, wie die Gesellschaft heute in New York mitteilte.
Unterstützt vom Erfolg der Krimiserie "The Perfect Couple" und des Films "Nobody Wants This" hat Netflix erneut überraschend viele Neukunden gewonnen. Der Streaming-Dienst gab Abend außerdem einen Quartalsgewinn über Markterwartungen bekannt.
Ausgewiesen wurden 5,40 Dollar je Aktie, die Schätzungen lagen im Schnitt bei 5,12 Dollar. Das Unternehmen prognostiziert im vierten Quartal einen Gewinn von 4,23 Dollar je Aktie, was ebenfalls über den Erwartungen von 3,90 Dollar liegt. "Wir haben unseren Plan, das Wachstum wieder zu beschleunigen, erfüllt und freuen uns darauf, das Jahr mit einem großartigen vierten Quartal abzuschließen."
Netflix gewann den Angaben zufolge in den vergangenen Monaten fünf Millionen Nutzer hinzu, eine Million mehr als von Analysten vorhergesagt. Allerdings ist der Boom der vorangegangenen Quartale abgeflaut. Dank des Kampfes gegen die illegale Weitergabe von Zugangsdaten und dank der Einführung günstigerer, werbefinanzierter Abonnements war damals teilweise ein Vielfaches an Neukunden hinzugekommen. Die Aktie legt nachbörslich knapp vier Prozent zu nachdem sie im regulären Handel an der Nasdaq noch 2,04 Prozent verloren hatte.
Zur guten Börsenstimmung trugen heute auch neue Konsumdaten bei. Denn die Umsätze des US-Einzelhandels sind im September etwas stärker gestiegen als erwartet. Die Erlöse kletterten im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent, wie das Handelsministerium in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Anstieg um 0,3 Prozent gerechnet. Ohne die volatilen Umsätze mit Autoverkäufen stiegen die Einzelhandelserlöse im September sogar um 0,5 Prozent. Erwartet worden war hier nur ein Zuwachs von 0,1 Prozent.
"Die guten Einzelhandelsumsätze zeigen weiterhin, wie widerstandsfähig der US-Verbraucher ist, wenn man bedenkt, dass der US-Verbraucher uns in den letzten Jahren quasi aus einer Rezession geführt hat", sagte Keith Buchanan, leitender Portfoliomanager bei GLOBALT Investments.
Die wöchentlichen Arbeitslosenzahlen gingen indes unerwartet zurück. Die Datenlage untermauerte das Bild eines gesunden Wachstums in der größten Volkswirtschaft der Welt, während die Wetten auf eine Zinssenkung um 25 Basispunkte bei der nächsten Sitzung der US-Notenbank Fed mit 89,4 Prozent weitgehend unverändert blieben.
Es ist eine brisante Mischung, die derzeit die Aktienkurse an der Börse stetig antreibt. Sinkende Zinsen bei gleichzeitig stabilen Unternehmensergebnissen ermutigen die Anleger, bei Aktien zuzugreifen. Ein Szenario, das genau so auch auf die Weltleitbörse in New York zutrifft, die ebenfalls auf Rekordkurs ist und von der der deutsche Leitindex DAX kräftig profitiert.
Konkret ist das, was sich schon heute am Vormittag abzeichnete, nach der wie erwartet ausgefallenen Zinssenkung der Europäischen Zentralbank um einen Viertelpunkt eingetreten. Der DAX markierte im weiteren Verlauf bei 19.674 Punkten ein neues Rekordhoch, die alte Bestmarke hatte bei 19.633 Zählern gelegen. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 19.583 Punkten um 0,77 Prozent höher und leicht unter seiner neuen Bestmarke. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen stieg moderat um 0,36 Prozent.
Es war heute, wie von fast allen Marktteilnehmern erwartet, die zweite Zinssenkung der EZB innerhalb von nur fünf Wochen. So etwas hat es seit 13 Jahren nicht mehr gegeben. Der maßgebliche Einlagensatz fällt damit von 3,5 auf 3,25 Prozent. Auf ihrer Pressekonferenz erklärte Zentralbankchefin Christine Lagarde, die Inflationsrisiken seien mehr abwärts als aufwärts gerichtet. Gleichzeitig betonte sie, das Vorgehen der Notenbank werde weiterhin datengetrieben bleiben, man werde "von Sitzung zu Sitzung" entscheiden.
"Die EZB drückt leicht aufs Tempo bei den Zinssenkungen. Sie zollt damit der enttäuschenden Konjunkturentwicklung im Euroraum und in Deutschland Tribut. Es handelt sich aber eher um einen vorsorglichen Schritt als um eine dringende Notwendigkeit", kommentierte Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank.
Zuvor gab es für die EZB gute Nachrichten im Kampf gegen die Inflation: Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im September im Euroraum nur noch um durchschnittlich 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Die Energiepreise sanken um 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und sorgten mit dafür, dass die Teuerungsrate auf den niedrigsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren gedrückt wurde.
Unter den Einzelwerten im DAX ragte die Vorzugsaktie des Göttinger Pharma- und Laborzulieferers Sartorius mit einem Kurssprung von über 16 Prozent heraus. Das Unternehmen sieht nach einer Prognosesenkung zum Halbjahr Anzeichen der Besserung.
In den ersten neun Monaten sei der Umsatz um 2,8 Prozent auf 2,47 Milliarden Euro gesunken, das operative Ergebnis (Ebitda) ging im aktuellen Berichtszeitraum um 6,4 Prozent auf 686 Millionen Euro zurück. Der Auftragseingang stieg Unternehmensangaben zufolge aber deutlich um 5,7 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro.
Analystin Delphine Le Louet vom US-Analysehaus Bernstein Research urteilte: "Die Geschäfte von Sartorius haben sich im dritten Quartal stabilisiert. Und das ist, was wir von dem Unternehmen sehen wollten."
Auch die Papiere des Darmstädter Merck-Konzerns legten kräftig um über sieben Prozent zu. Gleichzeitig profitierten sie dabei nach Händlerangaben auch von den Sartorius-Ergebnissen.
Mit Blick auf Merck ziehe neben den eher positiven Signalen seitens Sartorius wohl das Stichwort "Künstliche Intelligenz" (KI), sagte der Händler weiter. Dass Merck nach zwei Studienflops mit wichtigen Medikamenten seine mittelfristigen Wachstumsambitionen für die Pharmasparte eindampfte, war laut den Experten des Analysehauses Jefferies zudem keine Überraschung.
Dagegen äußerte sich das Merck-Management beim Kapitalmarkttag zuversichtlich, mittelfristig wieder zu nachhaltigem Wachstum zurückkehren zu können. Dabei dürfte Merck eigenen Angaben zufolge dank des Booms von KI-Anwendungen von einer beschleunigten Entwicklung in seiner Elektronik-Sparte mit Halbleitermaterialien profitieren. Für diesen Bereich hob Merck seine Mittelfristziele denn auch an. Dies sei angesichts des zuvor konservativen Ansatzes der Unternehmensleitung verständlich, schrieb Analyst Matthew Weston von der Schweizer Großbank UBS.
Der Euro ist heute nach der Leitzinssenkung der EZB unter Druck geraten. Die Gemeinschaftswährung kostete zuletzt im US-Handel 1,0826 Dollar. Zeitweise erreichte der Euro mit 1,0811 Dollar den niedrigsten Stand seit Anfang August. Zum Zeitpunkt der Entscheidung am Nachmittag hatte der Euro noch bei 1,0874 Dollar notiert. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,0866 (Mittwoch: 1,0897) Dollar fest.
"Angesichts sinkender Inflation und schwacher Konjunktur, insbesondere in Deutschland, aber auch im Euroraum insgesamt, ist die Senkung des Leitzinses der EZB gut begründet", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Es gebe jedoch auch Aufwärtsrisiken für die Inflation bei den Dienstleistern. "Deshalb ist es richtig, sich nicht auf weitere Zinssenkungen festzulegen", schreibt Fuest.
Der Dollar profitierte auch von robusten US-Wirtschaftsdaten. So waren die Einzelhandelsumsätze im September etwas stärker gestiegen als erwartet. Zudem sanken die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe deutlich. Etwas enttäuscht hatte die Industrieproduktion. Sie fiel im September etwas stärker als erwartet.
Das Auftragspolster der deutschen Industrie ist im August wegen der schwierigen Lage der Autobranche wieder dünner geworden. Die noch offenen Bestellungen fielen um 1,0 Prozent geringer aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Gemessen am Vorjahresmonat nahm der Auftragsbestand inflationsbereinigt um 4,7 Prozent ab, im Juli hatte es wegen Großaufträgen einen Zuwachs gegeben.
"Der Zuwachs im Vormonat war nur eine Eintagsfliege", kommentierte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger, die Entwicklung. "Die Auftragslage ist schwierig und die Stimmung mies. Kein Wunder, dass sich der Bestand nach Süden entwickelt." Ein Ende dieses negativen Trends sei kaum absehbar.
Nach dem jüngsten Rückgang haben sich die Preise am Ölmarkt heute kaum verändert. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee tendierte zuletzt ebenso unverändert wie US-Öl der Sorte WTI. Für schlechte Stimmung hatte jüngst die OPEC gesorgt, als sie vor allem wegen der schwächelnden Konjunktur in China ihre Bedarfsprognosen für 2024 und 2025 erneut gesenkt hatte.
Der Scheinwerfer-Hersteller Hella hat in einem schwierigen Marktumfeld die Erlöse stabil gehalten. In den ersten neun Monaten des Jahres stagnierten die Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 5,9 Milliarden Euro, wie das im MDAX notierte Unternehmen heute auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Währungsbereinigt stiegen die Erlöse um 0,8 Prozent auf sechs Milliarden Euro.
Der Diagnostikspezialist Stratec hat gut zwei Monate nach seiner bestätigten Jahresprognose beim Erlös einen Rückzieher gemacht. Auf währungsbereinigter Basis werde das Erlösvolumen stabil bis leicht rückläufig sein, teilte das Unternehmen am Abend mit. Bisher hatte Stratec hier ein stabiles bis leicht steigendes Volumen angepeilt. Das Ziel einer adjustierten Ebit-Marge (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von zehn bis zwölf Prozent bestätigte das Unternehmen hingegen.
Die Umsatzentwicklung sei im dritten Quartal hinter den Erwartungen zurückgeblieben, hieß es weiter. Ursächlich hierfür seien im Wesentlichen ins vierte Quartal 2024 beziehungsweise ins Geschäftsjahr 2025 verschobene Auslieferungen. Anleger reagierten reserviert. Die Stratec-Aktie gab im nachbörslichen Geschäft auf der Handelsplattform Tradegate um gut zwei Prozent nach.
Dank strikter Kostenkontrolle und besserer Geschäfte in ertragsstarken Märkten hat Nokia ein überraschend starkes Gewinnplus bekanntgegeben. Das Unternehmen steigerte das operative Ergebnis um neun Prozent auf 454 Millionen Euro, obwohl der Umsatz um acht Prozent auf 4,33 Milliarden Euro schrumpfte.
In China hat das finnische Unternehmen nach Angaben von Insidern derweil rund 2.000 Mitarbeiter entlassen, ein Fünftel der Belegschaft. In Europa wolle der finnische Telekom-Ausrüster weitere 350 Stellen abbauen. Dies bestätigte der Konzern: Gespräche über den Stellenabbau in Europa hätten begonnen. Eine Stellungnahme zu China lehnte Nokia jedoch ab. Die Kürzungen stehen nach Angaben der Insider im Zusammenhang mit den im vergangenen Jahr angekündigten Sparmaßnahmen.
Die skandinavische Bank Nordea hat nach einem etwas besser als erwartet ausgefallenen dritten Quartal die Prognose für das laufende Jahr erhöht. Bei der Eigenkapitalrendite werde jetzt ein Wert von mehr als 16 Prozent erwartet, teilte die im europäischen Auswahlindex EuroStoxx 50 notierte Bank heute in Helsinki mit. Bisher hatte Nordea eine Eigenkapitalrendite von mehr als 15 Prozent angepeilt. Die neue Prognose der Bank liegt über den bisherigen durchschnittlichen Analystenerwartungen von 15,8 Prozent. Nordea-Aktie standen an der Indexspitze.
Im Streit um Schummel-Software für Spielkonsolen kassiert der Playstation-Hersteller Sony eine Niederlage vor Europas höchstem Gericht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied in Luxemburg, dass sogenannte Cheat-Software nicht grundsätzlich gegen Urheberrecht verstoße, solange sie lediglich vorübergehend Daten im Arbeitsspeicher einer Konsole verändere.
Im konkreten Fall geht es um ein Autorennspiel für eine inzwischen nicht mehr produzierte mobile Spielkonsole. Dank der zusätzlichen Funktionen durch Cheat-Software war es Spielern hier zum Beispiel möglich, den "Turbo" unbeschränkt zu nutzen oder von Anfang an Fahrer auszuwählen, die eigentlich erst ab einem höheren Punktestand zur Verfügung stehen sollten. Der Playstation-Hersteller Sony forderte deswegen von den Entwicklern und Verkäufern der Cheat-Software Schadenersatz wegen einer Verletzung von Urheberrechten.
Der Nahrungsmittelriese Nestle schraubt seine Prognose erneut zurück. Der Hersteller von Nespresso, Maggi und KitKat peilt für das laufende Geschäftsjahr nun ein organisches Wachstum von rund zwei Prozent an, wie Nestle heute mitteilte. Im Juli hatte der Schweizer Konzern die Prognose bereits auf mindestens drei (zuvor vier) Prozent eingedampft. In den ersten neun Monaten 2024 erwirtschaftete Nestle einen Umsatz von 67,2 Milliarden Franken. Analysten hatten einer vom Unternehmen selbst erhobenen Umfrage zufolge einen Umsatz von 67,6 Milliarden Franken geschätzt.