Wohnhäuser in einem Neubaugebiet
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Immobilienfinanzierung Kein Eigenkapital fürs Eigenheim?

Stand: 22.05.2024 09:03 Uhr

Viele träumen vom Leben in einem Eigenheim. Doch oft scheitert der Kauf am fehlenden Eigenkapital. Immobilienberater geben Tipps, wie es trotzdem klappen kann.

Von Anne-Catherine Beck, ARD-Finanzredaktion

Beim Kauf einer eigenen Immobilie gilt das Prinzip: je höher die Eigenkapitalquote, desto niedriger ist die Kreditsumme, die aufgenommen werden muss - und desto eher senken die Banken die Kreditzinsen. Doch vielen Immobilien-Interessenten fehlt das nötige Eigenkapital.

Das stellt auch Andreas Bendel, Immobilienberater beim Fertighausanbieter Bien-Zenker, fest: "Ich bin jetzt schon über 35 Jahre in der Branche und habe schon viele Höhen und Tiefen kennengelernt. Im Moment sind wir absolut auf einem Tiefpunkt, was viele Ursachen hat. Einen wesentlichen Grund sehe ich darin, dass insbesondere für junge Familien das Eigenkapital in der Regel fehlt, um eine Finanzierung zu stemmen."

Dirk Eilinghoff, Finaztipp, zum Eigenanteil beim Immobilienerwerb

tagesschau24, 15.05.2024 09:00 Uhr

Minimum: 20 Prozent Eigenanteil

Etwa 20 Prozent des Kaufpreises sollten in der Regel an Eigenkapital aufgebracht werden. Bei einem Fertighaus, das in der Standard-Ausstattung und bei einer Größe von 150 Quadratmetern etwa 400.000 Euro kostet, wären demzufolge mindestens 80.000 Euro an Eigenkapital fällig.

"Und dazu kommen natürlich noch die Nebenkosten für die Grunderwerbsteuer, das Grundbuchamt sowie den Notar hinzu. Und dann ist sehr häufig auch noch ein Makler dabei. Dafür müssen nochmal zehn Prozent einkalkuliert werden", erklärt Dirk Eilinghoff, Experte für Baufinanzierungen bei Finanztip. Insgesamt wären also 120.000 Euro an Eigenkapital nötig.

Nebenkosten unterschiedlich hoch

Allerdings hängt die Höhe der Nebenkosten stark davon ab, in welcher Region die Immobilie gekauft wird. Denn die Höhe der Grunderwerbsteuer unterscheidet sich zwischen den Bundesländern enorm. So liegt die Steuer in Schleswig-Holstein, Hessen, Nordrhein-Westfalen zum Beispiel bei 6,5 Prozent, in Bayern und Sachsen hingegen nur bei 3,5 Prozent. Bei einer Immobilie im Wert von 400.000 Euro macht das einen Unterschied von 12.000 Euro aus. 

Außerdem würden immer mehr Banken bereits Zugeständnisse machen und sich mit weniger Eigenkapital zufriedengeben, so Eilinghoff. "Zumindest die Nebenkosten müssen im Regelfall aufgebracht werden. Die absolute Untergrenze liegt hier also etwa bei 40.000 bis 60.000 Euro."

Eigene Finanzverträge durchforsten

Das ist immer noch eine beträchtliche Summe, die viele Bauinteressenten und Kaufinteressenten nicht aufbringen können. Eilinghoff rät deshalb dazu, auf Geldsuche zu gehen und eigene Finanzverträge zu durchforsten. "Man muss all das checken, was man so in den letzten Jahren abgeschlossen hat, also Bausparverträge, Wertpapierdepot, Festgeld, Tagesgeld."

Vor allem die Riester-Rente biete da Potenzial. Denn Geld, das bisher in Sparpläne oder die Riester-Rentenversicherung eingezahlt wurde, könne auch zur Baufinanzierung genutzt werden. Das Guthaben könne sogar vollständig dem Eigenkapital hinzugerechnet werden. Allerdings müssen dabei Fristen eingehalten werden, betont Eilinghoff: "Sechs Monate, bevor der Antrag gestellt wird - beziehungsweise zwölf Monate nach der Auszahlung des Geldes - muss das Immobilienprojekt auch umgesetzt werden."

In jedem Fall sei das Gespräch mit der Bank und einem Berater durchaus sinnvoll. Schließlich seien viele Faktoren zu beachten. "Ob ich jetzt in München suche oder in einer eher ländlichen Gegend, da ist die Leistbarkeit sehr unterschiedlich", so Eilinghoff.

Raus aufs Land kann Geld sparen

Tatsächlich variieren die Preise je nach Region stark. Beim Kauf einer Immobilie auf dem Land statt in der Stadt sparen Verbraucher einer Studie zufolge im Schnitt fast ein Drittel des Kaufpreises. In den Städten liegt der durchschnittliche Preis bei 4.180 Euro pro Quadratmeter, auf dem Land bei 2.806 Euro. Das geht aus einer Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft und des Allensbach-Instituts hervor.

Auch Bendel hält es für sinnvoll, bei der Region über Alternativen nachzudenken. "Ein Grundstück in einer Region wie Frankfurt ist fast unerschwinglich. Da kosten Haus und Grundstück nicht selten eine Million Euro." Der ländliche Raum lasse beim Preis mehr Spielraum zu. Auch in puncto Attraktivität habe das Land einiges zu bieten, berichtet Bendel aus eigener Erfahrung: "Ich wohne auf dem Land, und dort gibt es Grundstücke zu einem akzeptablen Preis, es gibt Glasfaserverbindung und sogar eine kostenfreie Kinderbetreuung ab sechs Monaten."

Geht es auch kleiner?

Eine weitere Möglichkeit, die Summe an nötigem Eigenkapital zu senken, sieht Bendel darin, die eigenen Ansprüche zu reduzieren. So sollten Kaufinteressenten in Erwägung ziehen, kleiner zu bauen oder auch bei der Ausstattung Abstriche zu machen. "Auch Hausautomation - also eine Licht-Steuerung oder Technik-Steuerung über die App oder das Handy - macht nicht in jedem Fall Sinn", so der Experte.

Der Kauf einer eigenen Immobilie sei letztlich eine ziemlich persönliche und auch individuelle Angelegenheit. Aber bei einigen Interessenten könne der Traum vom Eigenheim vielleicht durchaus gelingen, auch wenn es erstmal nicht so scheine.