Rauch steigt auf nach einem israelischen Artilleriebeschuss auf das libanesische Grenzdorf Aita al-Shaab nahe Israel.
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Krieg in Nahost ++ USA "besorgt" über Berichte zu Phosphor-Einsatz ++

Stand: 11.12.2023 23:29 Uhr

Die USA haben sich besorgt über einen Bericht gezeigt, wonach Israel im Libanon weiße Phosphormunition eingesetzt haben soll. Eine UN-Delegation hat sich am Grenzübergang Rafah über die humanitäre Lage informiert. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.

11.12.2023 • 23:29 Uhr

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Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich telefonisch mit Jordaniens König Abdullah II. über den Gaza-Krieg ausgetauscht. Scholz habe dabei unterstrichen, dass sich Deutschland "für den größtmöglichen Schutz von Zivilisten und eine substanzielle Verbesserung und Verstetigung der humanitären Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen einsetzt", teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Scholz und König Abdullah II. seien sich darüber einig gewesen, dass es gelte, an die Zukunft des Gazastreifens und der Westbank nach dem Ende der bewaffneten Auseinandersetzung zu denken. Eine nachhaltige Lösung, die Israelis und Palästinensern ein Leben in Frieden und Sicherheit ermöglicht, könne nur in einer Zwei-Staaten-Lösung liegen, so Hebestreit.

Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hat internationale Forderungen nach einem Ende des Militäreinsatzes im Gazastreifen zurückgewiesen. Die derzeitige Phase des Einsatzes gegen die militant-islamistische Hamas werde dauern, sagte er in einem Interview der Nachrichtenagentur AP.

Galant wollte sich nicht auf eine Frist für die militärische Offensive festlegen. Die aktuelle Phase mit heftigen Kämpfen am Boden und Luftangriffen könnte sich aber über mehrere Wochen hinziehen, gab er zu verstehen. Zudem könnte das israelische Militär demnach seinen Einsatz noch über Monate fortsetzen.

Israel hat angekündigt, den Gaza-Krieg so lange fortsetzen zu wollen, bis die Hamas von der Macht im Gazastreifen vertrieben sei, sie keine militärischen Fähigkeiten mehr habe und die von Extremisten entführten Geiseln wieder frei seien. Nach israelischen Angaben hält die Hamas noch 117 Geiseln fest.

Israel kündigt zusätzliche Sicherheitskontrollen an, um die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen zu beschleunigen. Am Grenzübergang Kerem Schalom würden Lastwagen mit Wasser, Lebensmitteln und medizinischen Gütern überprüft, teilt das israelische Militär mit. Anschließend würden sie nach Ägypten weiterfahren und von dort aus in den Gazastreifen. Ein direkter Grenzübertritt von Israel in das Palästinenser-Gebiet sei nicht vorgesehen.

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben im Gazastreifen im vergangenen Monat über 500 Mitglieder islamistischer Terrororganisationen gefangen genommen. 350 von ihnen gehörten der vor dem Krieg im Gazastreifen herrschenden Hamas an, 120 dem mit der Hamas verbündeten Islamischen Dschihad, teilte die Armeeführung mit. Die Militärabwehr und der Inlandsgeheimdienst Shin Bet würden die Gefangenen weiteren Verhören unterziehen.

140 Hamas- und Islamischer-Dschihad-Terrroristen sollen nach dem Ende der Feuerpause Anfang des Monats gefangen genommen worden sein. Einige von ihnen stellten sich von selbst den israelischen Streitkräften. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. 

Die Europäische Union bereitet mögliche Sanktionen gegen gewaltbereite israelische Siedler vor. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte nach einem Außenministertreffen in Brüssel, er werde den Mitgliedsländern einen Vorschlag nach US-Vorbild unterbreiten. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte für ein solches Vorgehen geworben.

Die USA hatten vergangene Woche Visa-Sanktionen gegen extremistische jüdische Siedler verhängt, die Gewalt gegen palästinensische Zivilisten im besetzten Westjordanland ausüben. Die USA wollen demnach jedem die Einreise verweigern, der "den Frieden, die Sicherheit oder die Stabilität im Westjordanland untergräbt".

Deutschland, Frankreich und Italien setzen sich daneben für einen neuen EU-Sanktionsrahmen ein, um Strafmaßnahmen gegen einzelne Mitglieder der radikalislamischen Hamas und ihre Unterstützer zu verhängen. Borrell sagte, es habe bei dem Ministerrat "keinen Widerspruch" gegen den Vorstoß gegeben. Deshalb hoffe er auf einen baldigen Beschluss.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat die Situation im Gazastreifen als apokalyptisch bezeichnet. Die Zerstörung von Gebäuden durch die israelischen Angriffe entspreche der in deutschen Städten im Zweiten Weltkrieg oder sei sogar noch größer, sagte der Spanier nach einem EU-Außenministertreffen in Brüssel. 60 bis 70 Prozent der getöteten Menschen seien Zivilisten. Die Zahl ziviler Opfer sei unglaublich, kritisierte er.

Die US-Regierung hat sich besorgt über einen Bericht gezeigt, wonach Israel im Libanon von den USA gelieferte weiße Phosphormunition eingesetzt haben soll. "Wir haben die Berichte gesehen und sind darüber sehr besorgt. Wir werden Fragen stellen und versuchen, etwas mehr zu erfahren", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrat, John Kirby. Die "Washington Post" hatte zuvor berichtet, dass Israel bei einem Angriff im Oktober im Süden Libanons diese Munition eingesetzt habe. Kirby bestätigte den Bericht nicht und sagte unter anderem, dass es dafür derzeit noch zu früh sei.

Die auf den Granaten gefundenen Produktionscodes stimmen dem Bericht zufolge mit der Benennung überein, die vom US-Militär verwendet wird, um im Inland hergestellte Munition zu kategorisieren. Außerdem würden weitere Markierungen und Aufschriften auf weißen Phosphor hinweisen, hieß es weiter. Die Zeitung beruft sich auf eine eigene Analyse von Granatsplittern, die in einem kleinen Dorf im Libanon gefunden worden seien.

Weißer Phosphor ist hochentzündlich. Die giftige Substanz wird militärisch in Brandbomben, Signalmitteln, Leuchtspurmunition und Rauchbomben eingesetzt und kann schlimme Verbrennungen verursachen. Der Einsatz Weißen Phosphors gegen militärische Ziele ist umstritten, aber nicht verboten.

Die Vereinten Nationen (UN) haben nach eigenen Angaben Schwierigkeiten bei der Annahme von Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. "Die Fähigkeit der UN, eintreffende Hilfe anzunehmen, ist im Lauf der vergangenen Tage deutlich beeinträchtigt worden", teilte das UN-Nothilfebüro OCHA mit. Grund seien ein "Mangel an Lastwagen in Gaza, Telekommunikations-Ausfälle und die wachsende Zahl an Mitarbeitern, die wegen der Stärke von Kampfhandlungen nicht zum Grenzübergang Rafah reisen können". Rafah im Süden sei die einzige größere Gegend, wo noch Hilfsgüter verteilt würden, teilte OCHA mit. Im rest des Gazastreifens sei die Verteilung aufgrund der schweren Gefechte sowie Beschränkungen auf den Straßen gestppt worden.

Die israelische Cogat-Behörde, die zuständig ist für Kontakte mit den Palästinensern, kritisierte hingegen die UN. "Wir haben unsere Fähigkeiten erweitert, um Inspektionen der nach Gaza zu liefernden Hilfen durchzuführen." Die Lkw warteten aber weiter am Grenzübergang Rafah, teilte Cogat auf X mit, und stellte dazu ein Foto der vielen Lastwagen am Straßenrand vor der Grenze auf ägyptischer Seite. "Die UN muss besser werden - die Hilfe ist da, und die Menschen brauchen sie."

Nach dem Scheitern einer Waffenstillstands-Resolution für den Gaza-Krieg im Weltsicherheitsrat will sich heute (ab 21.00 Uhr MEZ) die UN-Vollversammlung mit einem ähnlichen Entwurf beschäftigen. Der von Ägypten eingebrachte Resolutionstext fordert unter anderem einen humanitären Waffenstillstand. Eine Verabschiedung gilt als sehr wahrscheinlich.

Resolutionen der UN-Vollversammlung sind allerdings nicht bindend, sondern lediglich symbolisch. Bereits Ende Oktober hatte die UN-Vollversammlung eine Resolution zur Verbesserung der humanitären Situation und für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen verabschiedet. Der mächtigere UN-Sicherheitsrat, dessen Resolutionen bindend sind, hatte vor einigen Wochen auch eine Gaza-Resolution verabschiedet, war aber auch bereits zweimal damit gescheitert. Am Wochenende legten die USA ihr Veto bei einem von den Vereinigten Arabischen Emiraten eingebrachten Resolutionsentwurf für einen sofortigen humanitären Waffenstillstand ein.

Bei Angriffen an der Grenze zwischen dem Libanon und Israel ist nach libanesischen Informationen am Montag ein Zivilist ums Leben gekommen. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete, dass der Bürgermeister des libanesischen Grenzortes Taibe ums Leben gekommen sei, nachdem das israelische Militär den Außenbezirk des Ortes unter Beschuss genommen hatte.

Israels Armee teilte mit, als Reaktion auf Angriffe einen Stützpunkt der Schiitenmiliz Hisbollah attackiert zu haben. Zudem seien mehrere Raketenabschüsse aus dem Nachbarland registriert worden. Das Militär habe auf die Orte gefeuert, aus denen der Beschuss gekommen sei. Am Morgen seien nach dem Angriff mehrerer Raketen auf Israel bereits Ziele im Libanon attackiert worden. Den Angaben nach fing Israels Raketenabwehrsystem sechs Geschosse aus dem Libanon ab.

Die vom Iran unterstützte Hisbollah im Libanon erklärte am Nachmittag, mehrere Orte im Grenzbereich angegriffen zu haben. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass es heftigen Beschuss des israelischen Militärs auf verschiedene Grenzorte im Libanon gegeben habe.

Seit Beginn der Bodenoffensive im Gazastreifen sind nach Angaben der israelischen Streitkräfte 104 Soldaten ums Leben gekommen. Zuvor wurde die Zahl 101 genannt. Insgesamt kamen in dem Krieg, der am 7. Oktober begann, 432 israelische Soldaten ums Leben. Die Zahl schließt die militärischen Opfer des Massakers der militant-islamistischen Hamas zu Kriegsbeginn ein.

Bei dem Terrorüberfall aus dem Gazastreifen heraus auf Wohngebiete im angrenzenden Südisrael wurden insgesamt 1.200 Menschen ermordet. Die Opferbilanz der Armee berücksichtigt auch die israelischen Soldaten, die bei Kämpfen mit der Hisbollah-Miliz im Libanon an Israels Nordgrenze gefallen sind sowie die Opfer von Unfällen im Einsatz. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums auf 18.205 gestiegen. Fast 50.000 weitere Menschen seien verletzt worden, sagte der Sprecher der Behörde, Aschraf al-Kudra. Die Zahl der Toten lag zuletzt bei 17.700.

Die Angaben lassen sich gegenwärtig nicht prüfen. Die UN und andere Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Botschafter der im UN-Sicherheitsrat vertretenen Staaten sind nach Ägypten gereist, um den Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen zu besuchen und sich über die humanitäre Krise zu informieren. Rund zwölf Gesandte nahmen auf Einladung der Vereinten Arabischen Emirate und Ägyptens an dem eintägigen Besuch in der Region teil, darunter Botschafter aus Großbritannien und Russland. Vertreter der Veto-Mächte USA und Frankreich waren nicht unter den Teilnehmern.

"Es gibt keine Rechtfertigung dafür, die Augen vor dem Schmerz und dem Leid der palästinensischen Bevölkerung in Gaza zu verschließen", sagte ein Vertreter des ägyptischen Außenministeriums nach der Ankunft der Botschafter.

Der Leiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, informierte die Gesandten über die humanitäre Situation im Gazastreifen. Er äußerte seine "tiefe Frustration" und eine "gewisse Empörung" darüber, "dass wir uns nicht einmal auf eine Feuerpause einigen können". Die Lage der Palästinenser sei verzweifelt, immer mehr Menschen hätten seit Tagen nichts zu essen bekommen, sagte Lazzarini. Am Freitag war eine Resolution im UN-Sicherheitsrat für eine humanitäre Feuerpause im Gazastreifen am Veto der USA gescheitert.

Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist nach Berichten von Anwohnern ein Wohnhaus im Flüchtlingslager Maghasi zerstört worden. Demnach befanden sich zuvor etwa 80 Menschen in dem Gebäude.

Ahmed al-Karah, ein Nachbar, der in den Trümmern nach Überlebenden suchte, sagte, er wisse nur von sechs Menschen, die es hinausgeschafft hätten. "Der Rest liegt unter dem Gebäude", sagte er. Mehrere der Toten wurden in eine nahe gelegenes Krankenhaus gebracht. Dort versammelten sich Angehörige zu Trauergebeten.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihre Amtskollegen in Paris und Rom setzen sich für eine schnelle Umsetzung neuer EU-Sanktionen gegen die Hamas ein. Baerbock, Italiens Außenminister Antonio Tajani und die französische Außenministerin Catherine Colonna begründeten dies mit den "grausamen und willkürlichen Terrorattacken" auf Israel am 7. Oktober.

"Die rasche Verabschiedung dieses Sanktionsregimes wird es uns ermöglichen, eine starke politische Botschaft über das Engagement der Europäischen Union gegen die Hamas und unsere Solidarität mit Israel auszusenden", schrieben die drei Ministerinnen und Minister an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Die möglichen Sanktionen werden in dem Schreiben nicht einzeln aufgeführt. Es ist jedoch die Rede davon, dass gezielte Maßnahmen gegen Hamas-Mitglieder, mit der Terrororganisation verbundene Gruppen und Unterstützer ermöglicht werden sollten. Die Minister erklärten, sie unterstützten einen Handlungsrahmen, den Borrell in der vergangenen Woche vorgestellt hatte.

Am Freitag hatte die EU Gelder und andere Vermögenswerte des Kommandeurs des bewaffneten Arms der Hamas, Mohammed Deif, und seines Stellvertreters Marwan Issa eingefroren.

Ein Sieg gegen die Hamas sei noch in weiter Ferne, sagt ARD-Korrespondent Jan-Christoph Kitzler. Das zeige sich an heftigen Kämpfen im Gazastreifen und Raketenbeschuss auf Israel. Zudem seien Führungsfiguren wie Hamas-Anführer Jahia Sinwar noch am Leben.

Es befänden sich noch mehr als 130 Geiseln in der Gewalt der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, teilte ein Sprecher der Kassam-Brigaden mit, des militärischen Arms der Hamas. Die Angehörigen hatten in den vergangenen Tagen nochmal den Druck auf die israelische Regierung erhöht, alles für die Freilassung der Geiseln zu tun. Angesichts der Kämpfe seien aber neue Verhandlungen aktuell unwahrscheinlich, so Kitzler.

Hilfsorganisationen bezeichnen die Lage für die mehr als 1,9 Millionen Binnenvertriebenen als katastrophal. Viele wissen nicht mehr, wohin. Nach Angaben der UN hungert mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Gazastreifen.

Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv, tagesschau, 11.12.2023 12:00 Uhr

Israels Armee hat in den vergangenen Tagen nach eigenen Angaben mehrere Tonnen Ausrüstung für Soldaten über dem Gazastreifen abgeworfen. Darunter seien etwa sieben Tonnen Wasser für die Einsatzkräfte im südlichen Teil des Küstengebiets gewesen, teilte das Militär mit.

Es sei der erste Abwurf aus der Luft für israelische Truppen seit dem zweiten Libanonkrieg 2006. Die Ausrüstung ist den Angaben nach per Fallschirm an die Bodentruppen gelangt. Die Technik werde verwendet, wenn ein Zugang zu den Soldaten über den Landweg nicht möglich sei, hieß es weiter.

Israel setzt Angriffe im Gazastreifen fort

Julia Brestrich, ARD Tel Aviv, tagesschau, 11.12.2023 12:00 Uhr

Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai hat ein Netzwerk von Umweltorganisationen den Negativpreis "Fossil des Tages" an Israel vergeben - mit drastischen Formulierungen zum laufenden Militäreinsatz im Gaza-Krieg. "Das Handeln Israels zielt darauf ab, das palästinensische Volk durch den sich entfaltenden Völkermord und ethnische Säuberung zu eliminieren", erklärte das "Climate Action Network".

Ihm gehören nach eigenen Angaben mehr als 1.900 zivilgesellschaftliche Organisationen in mehr als 130 Staaten und auf internationaler Ebene an - darunter Greenpeace, Oxfam und Germanwatch. In einer Pressemitteilung heißt es, der "Konflikt" habe bereits das Leben von 7.000 palästinensischen Kindern gekostet. Israel habe in den vergangenen zwei Tagen Kliniken bombardiert und dabei umliegende Zelte von Flüchtlingen verbrannt, inklusive deren Bewohnern.

Die islamistische Hamas, die den Krieg mit einem Überfall auf Israel am 7. Oktober ausgelöst hatte, wird in der Mitteilung nicht erwähnt. Weiter heißt es: "Für die Absicht des Völkermords verleihen wir Israel das Fossil des Tages." Am Schluss fordert das Netzwerk einen sofortigen Waffenstillstand.

Bei Kämpfen im Süden des Gazastreifens sind nach Angaben des israelischen Militärs fünf Soldaten getötet worden. Palästinensische Extremisten hätten am Sonntag von einer Schule aus auf die Soldaten gefeuert und einen Sprengsatz zur Explosion gebracht, teilte das Militär mit. Mit Unterstützung von Flugzeugen und Panzern hätten die Soldaten das Feuer erwidert und die Extremisten getötet, hieß es.

Unabhängig konnte diese Darstellung nicht bestätigt werden. Weiter teilte das Militär mit, in der Nähe einer Schule in Dschabaliya im Norden des Gazastreifens sei ein Lastwagen voller Raketen gefunden worden. In einem Haus habe man zudem ein Gewehr, zwei Raketenwerfer und Sprengstoff entdeckt.

Laut Auswärtigem Amt sind bislang etwa 440 Deutsche oder deren Familienangehörige aus dem Gazastreifen ausgereist. Es sei nur noch eine niedrige Zahl an Deutschen vor Ort, meldete das Ministerium.

11.12.2023 • 12:21 Uhr

Borrell: Israel ignoriert Aufrufe

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wirft Israel vor, Aufrufe von Partnern wie der Europäischen Union zu ignorieren. "Wir haben unter anderem bei den G7-Treffen gesagt, dass Israel im Süden von Gaza nicht die gleiche Taktik anwenden sollte, die es im Norden angewendet hat", sagte der Spanier am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel mit Blick auf Gespräche in der G7-Gruppe führender demokratischer Industriestaaten.

Die Bombardierung gehe nun aber mit außerordentlicher Intensität weiter. "Es ist das Gleiche, wenn nicht sogar noch schlimmer", sagte er. Kritik übte der Borrell auch an den USA, die zuletzt im UN-Sicherheitsrat einen Aufruf zu einer neuen humanitären Feuerpause für den Gazastreifen mit einem Veto blockiert hatten. Der EU-Chefdiplomat bezeichnete die Entscheidung als bedauerlich.

Die Terrororganisation Hamas hat auch heute Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Ortschaften abgefeuert. Im Grenzgebiet sowie dem Großraum Tel Aviv heulten mehrfach die Warnsirenen.

In Holon südlich der Küstenstadt wurde Sanitätern zufolge ein 45-Jähriger durch Raketensplitter verletzt. Auf Fotos von vor Ort waren eine beschädigte Straße sowie mehrere kaputte Autos zu sehen. Berichte über weitere größere Schäden gibt es bislang nicht.

Frankreich erwägt Sanktionen gegen israelische Siedler im Westjordanland. Die Lage dort sei besorgniserregend, sagte die französische Außenministerin Catherine Colonna vor dem EU-Außenministertreffen in Brüssel. "Insbesondere wegen der zu vielen Fälle von Gewalt von extremen Siedlern." Frankreich hat das Thema bereits vor Wochen aufgebracht, bislang aber keine Einigung in der EU erreichen können.

Der Leiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) vermutet hinter dem Vorgehen Israels im Gazastreifen einen Versuch, die palästinensische Bevölkerung aus dem Territorium zu verdrängen. Mit Blick auf die israelische Militäroffensive und damit einhergehende Evakuierungsaufrufe an die Bevölkerung erklärte Philippe Lazzarini: "Die Vereinten Nationen und mehrere Mitgliedstaaten, darunter auch die USA, haben eine Zwangsumsiedlung der Gaza-Bewohner aus dem Gaza-Streifen entschieden abgelehnt. Die Entwicklungen, die wir beobachten, deuten jedoch darauf hin, dass versucht wird, die Palästinenser nach Ägypten umzusiedeln, unabhängig davon, ob sie dort bleiben oder anderswo angesiedelt werden" schrieb er in einem Meinungsbeitrag für die Zeitung "Los Angeles Times".

Am Sonntag hatte der jordanische Außenminister Ayman Safadi Israel ebenfalls beschuldigt "entschlossen" zu sein, die Palästinenser aus dem Gazastreifen zu drängen. Eylon Lewy, ein Sprecher der israelischen Regierung, nannte die Anschuldigungen "empörend und falsch".

Die Streitkräfte Israels haben im Krieg gegen die militant-islamistische Hamas laut der Hilfsorganisation Handicap International mehr als 12.000 Bomben auf Wohngebiete im Gazastreifen abgeworfen. Bei dem Bombardement seien mehr als 16.000 Menschen getötet worden, teilte Handicap in München mit. Mehr als 46.000 Menschen hätten Verletzungen erlitten, heißt es in einem Bericht. Viele Verletzte, darunter Amputierte, benötigen langfristige Versorgung und Reha-Maßnahmen.

Die Zerstörung und Beschädigung wichtiger Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Schulen habe massive Auswirkungen, da diese wichtigen Dienstleistungen nach Ende der Gewalt für einen langen Zeitraum nicht mehr zur Verfügung stehen würden. In dem verwüsteten Gebiet lauerten Blindgänger und nicht explodierte Bombenreste, hieß es. Ohne eine aufwendige Räumung sei eine Rückkehr der Menschen oder ein Wiederaufbau der Gebäude unmöglich.

Italien, Frankreich und Deutschland haben sich für Sanktionen der EU gegen die Hamas und ihre Unterstützer ausgesprochen. In einem gemeinsamen Brief an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell schrieben die Außenminister der drei Länder, man unterstütze den Vorschlag, ein System von Ad-hoc-Sanktionen gegen die Hamas und ihre Unterstützer einzuführen, "voll und ganz." Damit könne die Europäische Union ein starkes politisches Signal bezüglich ihrer Haltung gegen die Hamas und ihre Solidarität für Israel senden.

11.12.2023 • 09:59 Uhr

Generalstreik im Westjordanland

Aus Protest gegen den Gaza-Krieg sind im besetzten Westjordanland Geschäfte und öffentliche Einrichtungen geschlossen geblieben. Schulen, Universitäten, Banken beteiligten sich Berichten zufolge an dem Generalstreik in dem palästinensischen Gebiet. Er ist Teil eines weltweiten Streikaufrufs, um einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen. Die humanitäre Lage in dem abgeriegelten Gebiet ist laut UN-Angaben verheerend.

An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon ist es erneut zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Nach dem Abschuss mehrerer Raketen auf Israel seien Ziele im Libanon angegriffen worden, teilte die israelische Armee mit. Den Angaben nach fing Israels Raketenabwehrsystem sechs Geschosse aus dem Libanon ab.

Der von der pro-iranischen Hisbollah-Miliz geführte libanesische Fernsehsender Al-Manar meldete, dass Dörfer im Grenzgebiet von israelischem Beschuss getroffen wurden. Der Fernsehsender Al-Majadin berichtete von Artilleriebeschuss durch Israels Armee in Nähe der libanesischen Küstenstadt Nakura. Die Hisbollah äußerte sich nicht zu den Angriffen.

Konfliktparteien als Quelle

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Die Vertreterin des UN-Nothilfebüros OCHA für die Palästinensergebiete, Lynn Hastings, hat die Verstöße gegen die Menschenrechte durch Israelis und Palästinenser scharf kritisiert. "Es ist, als hätten wir in den vergangenen 75 Jahren nichts gelernt", teilte Hastings am Abend mit. Sie bezog sich dabei auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die am Sonntag vor 75 Jahren verabschiedet wurde und die erstmals den Schutz grundlegender Menschenrechte wie das Recht auf Leben und Freiheit festlegte.

Die Tötungen, sexuelle Gewalt und Entführungen durch Terroristen der militant-islamistischen Hamas am 7. Oktober in Israel hätten "eine gesamte Nation traumatisiert", so Hastings. Auch nichtstaatliche Akteure hätten Verpflichtungen nach internationalem Recht. Alle Geiseln in ihrer Gewalt müssten bedingungslos freigelassen werden. Die Angriffe Israels im Gazastreifen als Reaktion bezeichnete Hastings als "unverhältnismäßig". Luftangriffe gegen Zivilisten und zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser, Schulen und UN-Einrichtungen seien nicht zu rechtfertigen, wie auch Israels "Belagerung" in Gaza und der Entzug von Essen, Wasser, Arzneimitteln und Hygiene.

Nach Empörung über Aufnahmen von nur mit Unterhosen bekleideten palästinensischen Gefangenen im Gazastreifen will Israel eine weitere Verbreitung dieser Bilder unterbinden. Der Nationale Sicherheitsberater Zachi Hanegbi sagte laut der Zeitung "The Times of Israel", Verdächtige müssten durchsucht werden, um sicherzustellen, dass sie keine Waffen oder Sprengstoff bei sich tragen. Die Bilder von ihnen in Unterhosen würden jedoch "niemandem dienen". Er erwarte, dass die Verbreitung eingestellt werde. Die Bilder hätten Besorgnis über Israels Festnahmeverfahren im Gazastreifen ausgelöst und Fragen über mögliche Rechtsverletzungen oder erniedrigende Behandlung aufgeworfen, schrieb die "Times of Israel".

Die Zeitung "Haaretz" hatte unter Berufung auf namentlich nicht genannte Vertreter der Sicherheitskräfte berichtet, dass unter den bislang mehreren 100 festgenommenen Palästinensern nur rund zehn bis 15 Prozent waren, die der Hamas oder mit ihr verbundenen Organisationen angehörten. Die israelische Armee verwies darauf, dass die Festnahmen im Einklang mit internationalem Recht erfolgten. Es würden nur jene festgenommen, gegen die ein konkreter Terrorverdacht bestehe.

Seit dem Beginn der Bodenoffensive gegen die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen sind nach Armeeangaben mehr als 100 israelische Soldaten getötet worden. Nach dem Tod von drei weiteren Soldaten habe sich die Zahl der Todesopfer in den Reihen der Streitkräfte auf 101 erhöht, teilte die Armee mit.

Tim Aßmann, ARD Tel Aviv, zu den schweren Kämpfe im Gazastreifen

tagesschau24, 11.12.2023 09:00 Uhr

Wie die israelische Nachrichtenseite Ynet in der Nacht berichtet, will der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, Ende dieser Woche Israel besuchen. Sullivan werde in Jerusalem mit ranghohen Beamten zusammentreffen, um unter anderem über die Aufstockung der humanitären Hilfe für Gaza zu sprechen.

Die israelische Armee hat ihre Militäroffensive im Gazastreifen trotz neuer Drohungen der Hamas mit unverminderter Härte fortgesetzt. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete in der Nacht zum Montag von massiven Luftangriffen auf die Stadt Chan Yunis im Süden des Palästinensergebiets. Die militante Palästinensergruppe Islamischer Dschihad meldete heftige Kämpfen in der Stadt Gaza. Die Hamas warnte, dass die von ihr festgehaltenen Geiseln den Gazastreifen nur dann lebend verlassen könnten, wenn Israel einem Gefangenenaustausch und Verhandlungen zustimme.

Die EU-Außenminister befassen sich in Brüssel erneut mit dem Nahost-Krieg. Ein Gesprächsthema sollen mögliche Sanktionen gegen gewaltbereite israelische Siedler sein. Im Gespräch sind Einreisebeschränkungen in die EU. Vorbild sind die USA: Sie hatten diese Woche Visa-Sanktionen gegen extremistische jüdische Siedler verhängt, die Gewalt gegen palästinensische Zivilisten im besetzten Westjordanland ausüben. 

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor gut zwei Monaten mehr als 22.000 Ziele angegriffen. Das von Israel abgeriegelte Küstengebiet am Mittelmeer ist flächenmäßig nur etwas größer als die Stadt München. Wie die israelische Armee am Sonntagabend weiter mitteilte, seien mehrere Kommandeure von zwei nördlichen Hamas-Brigaden, denen rund 14.500 Mann unterstünden, getötet worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die UN-Vollversammlung soll diese Woche über einen Resolutionsentwurf für einen sofortigen humanitären Waffenstillstand im Nahost-Krieg abstimmen. Für Dienstag sei eine Dringlichkeitssitzung mit einem Votum anberaumt, teilte der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur am Sonntag der Nachrichtenagentur AP mit.

Der Entwurf ähnele einer im Weltsicherheitsrat gescheiterten Vorlage, gegen die die USA erst am Freitag ihr Veto eingelegt hatten. Resolutionen der UN-Vollversammlung sind - anders als die des Sicherheitsrates - nicht rechtlich bindend. Doch dürfte das Votum ein Stimmungsbild in der Weltgemeinschaft zu den aktuellen Entwicklungen im Nahost-Krieg liefern, der durch das Massaker der Hamas und anderer Extremistengruppen am 7. Oktober in Israel ausgelöst wurde.

Israels Premier Netanyahu hat die Terroristen der Hamas aufgerufen, sich zu ergeben. Die radikalislamistische Hisbollah-Miliz hat neue Formen des Angriffs gegen Israel angekündigt. Alle Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 11. Dezember 2023 um 09:00 Uhr.