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Bundestagswahl 2025 ++ AfD in allen Ost-Flächenländern stärkste Kraft ++
Die AfD ist in allen fünf Ost-Flächenländern die stärkste Kraft. Die Linkspartei liegt in Berlin sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen vorn.
Die wichtigsten Entwicklungen:
Das Wahlergebnis für die SPD "tut am Morgen danach noch genauso weh wie gestern Abend", sagt Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlands und stellvertretende SPD-Chefin im ARD Morgenmagazin. Die SPD werde, wenn es eine gute Grundlage gebe, zu Gesprächen mit der Union bereit sein. "Am Ende des Tages müssen wir handlungsfähig sein", so Rehlinger. Da könne man nicht nur Wunden lecken. "Eine Flucht in die Regierung ist auch nicht ohne weiteres das Sinnvolle. Es braucht eine gute, verlässliche Basis."
Cosima Gill über die SPD-Wahlparty
Bei der Prognose gab es fassungslose Gesichter in der SPD-Parteizentrale, berichtet ARD-Korrespondentin Cosima Gill. "Man konnte wirklich merken, dass es ein Schock war für die Genossen."
Insgesamt habe die Union bei der Bundestagswahl nicht das Ergebnis erreicht, dass sie gerne gesehen hätte, sagt der Politologe Stefan Marschall im ARD-Morgenmagazin. Das liege auch an Erblasten beim Thema Migration. Bei der SPD sieht er einen Teil der Verantwortung für das Ergebnis beim Kanzlerkandidaten. Man könne nicht behaupten, dass Olaf Scholz ein Zugpferd für die SPD gewesen sei, so Marschall. "Insofern war es vielleicht keine optimale Entscheidung, ihn zum Kanzlerkandidaten zu machen."
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig von der SPD erwartet in ihrer Partei eine Entscheidung der Basis über eine mögliche Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten. "Wenn Koalitionsgespräche zu Ergebnissen führen, dann glaube ich, würde am Ende ein Mitgliederentscheid stehen", sagte Schwesig dem Portal Politico. Aus ihrer Sicht sei es "total offen", ob die SPD mit der Union unter CDU-Chef Friedrich Merz koalieren werde.
"Zunächst braucht es Gespräche", stellte Schwesig klar. "Dann muss man sondieren, ob man überhaupt in Koalitionsgespräche geht." Klar sei jedoch: "Der Regierungsauftrag liegt jetzt bei Friedrich Merz." Dieser müsse sich jetzt Gedanken darüber machen, "mit wem und wie er eine stabile Regierung für Deutschland bilden will." Das Vertrauen in Merz sei "nicht groß", sagte Schwesig auch. "Das sehen viele so in der SPD und deswegen, glaube ich, braucht man erstmal Gespräche, um überhaupt auszuloten: Wie will man regieren?" Letztlich müssten Demokraten in der Lage sein, sich thematisch bei allem zu einigen. Dabei gelte aber auch: "Wichtig ist eine Vertrauensbasis."
ZdK: Brauchen Kanzler, der eint
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gratulierte CDU-Chef Friedrich Merz zum Wahlsieg. "In Zeiten einer besorgniserregenden Fragmentierung der Gesellschaft brauchen wir in Deutschland jetzt einen Kanzler, der eint. Der europäisch denkt. Und der einem vielfältigen Land mit großen Herausforderungen Hoffnung gibt", sagte die Präsidentin des Laien-Dachverbands, Irme Stetter-Karp, auf Anfrage. Zugleich betonte sie: "Wer Zukunft will, darf in dieser Situation nicht zurück in die Vergangenheit. Nicht bei der Klimapolitik. Nicht bei der Wirtschafts- und auch nicht bei der Sozialpolitik."
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, ruft nach der Bundestagswahl zu Zusammenhalt auf. "Die Tage und Wochen vor der Wahl waren geprägt von stark emotionalisierten Debatten, die die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt und polarisiert haben. Jetzt nach der Wahl stehen die Parteien der demokratischen Mitte vor der anspruchsvollen Aufgabe, mit diesem Wahlergebnis konstruktiv und verantwortungsvoll umzugehen", sagte die Hamburger Bischöfin am Sonntagabend. Sie hoffe, dass eine neue Regierung die politischen Rahmenbedingungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein weltoffenes Deutschland stärkt, in dem Menschenwürde und wechselseitiger Respekt zählen.
Fehrs erklärte weiter: "Die hohe Wahlbeteiligung zeigt: Viele Menschen wissen, wie wichtig es gerade in diesen unsicheren Zeiten ist, sich politisch zu beteiligen." Zugleich sei sie sehr besorgt darüber, dass extremistische Positionen größere Zustimmung gefunden haben als bei vorhergehenden Wahlen. Völkische Parolen und menschenverachtende Haltungen seien mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert nach der Niederlage ihrer Partei bei der Bundestagswahl eine Neuorientierung. "Ich glaube, dass wir uns thematisch breiter aufstellen müssen, nachdem wir uns im Wahlkampf thematisch so verengt haben - und auch die Bürgerrechte wieder mehr ins Zentrum stellen müssen", sagte Strack-Zimmermann der Nachrichtenagentur dpa. Die FDP hat den Wiedereinzug in den Bundestag verpasst.
Strack-Zimmermann sagt dazu: "Die außerparlamentarische Opposition ist ganz hart. Ich habe das schon mal miterleben müssen, allerdings in einer völlig anderen Weltlage." Sie machte deutlich, dass sie weiter fest an eine Zukunft der FDP glaube. "Ich bin zutiefst überzeugt, dass einige große Augen machen werden, was jetzt in den nächsten Wochen passiert. Die große Wende wird definitiv nicht kommen", sagte Strack-Zimmermann. "Das bedeutet, dass wir den Menschen in Deutschland klar machen müssen, dass der organisierte Liberalismus von entscheidender Bedeutung ist."
Parteien beraten über nächste Schritte
Die Spitzengremien der Parteien beraten heute über das Ergebnis der Bundestagswahl. Wahlsieger Friedrich Merz will am Vormittag mit CDU-Präsidium und -Vorstand das weitere Vorgehen auf dem Weg zur angestrebten Regierungsbildung abstecken. Gegen 13.30 Uhr will er vor die Presse treten. Auch die SPD des abgewählten Kanzlers Olaf Scholz kommt am Vormittag zu Beratungen zusammen. Dabei dürfte es unter anderem um die personelle Neuaufstellung gehen, die Parteichef Lars Klingbeil am Wahlabend ankündigte. Scholz, Klingbeil und Ko-Parteichefin Saskia Esken luden für 13.00 Uhr zu einer Pressekonferenz.
Um personelle Konsequenzen dürfte es auch bei der FDP gehen, nachdem Parteichef Christian Lindner für den Fall eines Nichteinzugs in den Bundestag seinen Abschied aus der Politik ankündigte. Die Partei hat für 14 Uhr eine Pressekonferenz angesetzt. Auch die Spitzen der weiteren Parteien stellen sich im Lauf des Vormittags den Fragen der Medien.
Greenpeace hat Wahlsieger Friedrich Merz aufgefordert, als wahrscheinlich nächster Bundeskanzler am Heizungsgesetz und einem günstigen Deutschlandticket festzuhalten. "Elementar wird es für sie sein, sich für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen - auch und gerade für zukünftige Generationen - einzusetzen", schreibt Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser in einem Brief an den CDU-Chef und Kanzlerkandidaten der Union.
Die Organisation sendete ihn noch am Wahlabend ab. Das Gebäudeenergiegesetz sowie der Kompromiss, ab 2035 keine neuen Verbrenner in der EU zuzulassen, "geben der Wirtschaft langfristige Planungssicherheit, sind erreichbar und dürfen nicht gekippt oder aufgeweicht werden", schreibt Kaiser. Auch am Ziel Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden, müsse Merz festhalten.
Greenpeace fordert Merz außerdem auf, "ein dauerhaft günstiges Deutschlandticket und ein verlässliches Mindestangebot an Bus und Bahn, damit auch abgelegene Regionen wieder Anschluss finden", sicherzustellen. Zur Finanzierung der Transformation sei es notwendig, die Schuldenbremse zu reformieren und sehr hohe Vermögen sozial gerechter zu besteuern.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist bei der Bundestagswahl nach Auszählung aller Wahlkreise an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Mit 4,972 Prozent verpasste die Partei den Einzug in den Bundestag, wie aus dem auf der Internetseite der Bundeswahlleiterin veröffentlichten Zwischenergebnis hervorgeht. Demnach fehlten der Partei etwa 13.000 Stimmen. Damit hätte eine mögliche Zweier-Koalition aus den Unionsparteien und der SPD eine Mehrheit im Bundestag.
Welche Parteien haben sich in den sozialen Medien besonders gut geschlagen? Amelie Marie Weber aus der Social-Media-Redaktion blickt zurück.
Klimawandel, Wirtschaft, Sicherheitspolitik: Es warten schwierige Aufgaben auf die neue Bundesregierung. Marc Feuser über die Probleme, für die sie Lösungen finden muss.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat im Wahlkreis Leverkusen - Köln IV die meisten Stimmen geholt. Nach vorläufiger Auszählung entfielen auf ihn 33,9 Prozent der Erststimmen. Ob er allerdings tatsächlich ins Parlament einzieht, hängt nach dem erstmals angewendeten neuen Wahlrecht von den Zweitstimmen seiner Partei ab und entscheidet sich daher erst mit dem am Abend noch ausstehenden vorläufigen amtlichen Ergebnis.
Die AfD ist bei der Bundestagswahl in allen fünf ostdeutschen Flächenländern stärkste Kraft geworden. Das geht nach Auszählung aller Wahlbezirke aus Daten der Landeswahlleiter in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen hervor.
CDU stärkste Kraft in Niedersachsen
Die CDU ist bei der Bundestagswahl in Niedersachsen mit 28,1 Prozent der Zweitstimmen klar stärkste Kraft geworden. Auf Rang zwei folgt dem vorläufigen Ergebnis zufolge die SPD mit 23,0 Prozent, auf Platz drei die AfD mit 17,8 Prozent und dahinter die Grünen (11,5 Prozent), Linke (8,1 Prozent), FDP (4,1 Prozent) und BSW (3,8 Prozent).
Bayern: CSU gewinnt klar vor AfD
Die CSU ist bei der Bundestagswahl in Bayern mit großen Stimmengewinnen stärkste Kraft geworden und hat damit ihren jahrelangen Abwärtstrend beenden können. Nach Auszählung aller 47 Wahlkreise liegen die Christsozialen unter ihrem Parteichef Markus Söder nach Angaben des Landeswahlleiters auf dessen Internetseite bei 37,2 Prozent - das sind mehr als fünf Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. 2021 war die CSU mit 31,7 Prozent auf ein historisch schlechtes Ergebnis abgestürzt.
Am rechten Rand konnte die AfD laut Landeswahlleiter ihren Stimmanteil auf 19,0 Prozent mehr als verdoppeln. Einmal mehr enttäuscht in seinem bundespolitischen Ehrgeiz wurde Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: Laut Landeswahlleiter verloren die Freien Wähler mit 4,3 Prozent deutlich.
Einschätzungen aus der Wirtschaft
Wie blickt die Wirtschaft auf die Wahlergebnisse? Ein Gespräch mit der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi und den Vorsitzenden des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft, Christoph Ahlhaus.
Die AfD ist in Mecklenburg-Vorpommern erstmals bei einer Bundestagswahl stärkste Kraft geworden und hat auch alle sechs Wahlkreise für sich entschieden. Dem vorläufigen Endergebnis zufolge erreichte die Partei im Nordosten 35,0 Prozent der Stimmen. Sie verdoppelte damit ihr Ergebnis von 2021 und verdrängte im Land die SPD, die herbe Verluste erlitt, vom Spitzenplatz.
Der Grünen-Bundeschef Felix Banaszak hat bei der Bundestagswahl in seinem Heimat-Wahlkreis im Duisburger Norden die Mehrheit und damit die Chance auf ein Direktmandat verpasst. Der 35-Jährige erreichte 7,0 Prozent der Stimmen. Bei der vergangenen Wahl 2021 war er auf 10,9 Prozent der Erststimmen gekommen.
SPD-Chef Lars Klingbeil hat als Direktkandidat im Wahlkreis Rotenburg I - Heidekreis mit Abstand die meisten Stimmen erhalten. Der Parteivorsitzende bekam nach Angaben der Landeswahlleitung 42,1 Prozent der Erststimmen. Damit landete er klar vor der CDU-Kandidatin Vivian Tauschwitz mit 27,3 Prozent.
Das sind die Gewinner des Wahlabends
Unions-Kanzlerkandidat Merz hatte sich mehr erhofft. Seine Partei ist dennoch klare Gewinnerin der Wahl. Die AfD feiert ihr Ergebnis - und streckt der Union die Hand aus. Die Linke jubelt über einen unerwarteten Erfolg.
Die AfD hat bei der Bundestagswahl in Sachsen-Anhalt mit Abstand die meisten Stimmen bekommen. Die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei kommt nach Auszählung aller Stimmen auf 37,1 Prozent, wie aus Daten des Landeswahlleiters hervorgeht.
Analyse: Wer wählte was - und warum?
Wem hat die AfD ihren Erfolg zu verdanken? Und hätte die SPD mit Pistorius mehr erreicht? Eine Analyse von Holger Schwesinger:
AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel hat ihren Erststimmen-Anteil in ihrem Wahlkreis am Bodensee auf 20,4 (2021: 9,2) Prozent mehr als verdoppelt. Trotzdem unterlag sie dem CDU-Wahlkreisabgeordneten Volker Mayer-Lay (40,0 Prozent) deutlich. Über die baden-württembergische Landesliste, wo sie auf Platz eins steht, dürfte sie aber den Einzug in den Bundestag schaffen. Weidel hat ihren deutschen Wohnsitz in Überlingen am Bodensee.
Die Linke hat die Bundestagswahl in Berlin gewonnen. Sie wurde stärkste Partei vor CDU, Grünen, AfD, SPD und BSW, wie aus der Internetpräsentation der Landeswahlleitung hervorgeht.
Nach Auszählung aller Wahlgebiete kam die Linke auf 19,9 Prozent der Zweitstimmen. Sie ist damit fast doppelt so stark wie bei der Wahl 2021 inklusive der Teilwiederholung 2024. Gewonnen hat sie bei Bundestagswahlen in Berlin noch nie, zuletzt lag sie auf Platz vier. Mit knappen Abständen folgen CDU, Grüne, AfD und SPD.
Besonders bitter ist das Ergebnis für die SPD, die die letzte Wahl noch gewonnen hatte: 15,1 Prozent bedeuten nur Platz fünf und das schlechteste Ergebnis bei Bundestagswahlen in Berlin seit 1990.
Der britische Premierminister Keir Starmer hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) zum Sieg bei der Bundestagswahl gratuliert. Er freue sich darauf, mit der neuen Bundesregierung zusammenzuarbeiten, "um unsere bereits engen Beziehungen zu vertiefen, unsere gemeinsame Sicherheit zu verbessern und für beide Länder Wachstum zu schaffen", schrieb Starmer am Sonntagabend im Onlinedienst X.
Komplizierte Koalitionen, der Kandidatenfaktor und ein Überraschungserfolg - welche Lehren lassen sich aus der Bundestagswahl ziehen?
Hauptgründe für das Wahlergebnis
Welche Themen waren wichtig? Welche Rolle spielten die Spitzenkandidaten? Und welche Koalition bevorzugen die Menschen? Antworten geben die Grafiken von infratest dimap.
Analyse: Wie die Wählenden wanderten
Die Grafiken zur vorläufigen Wählerwanderung: