Widerstand gegen "Sicherheitspaket" Mit Sicherheit viel Kritik
Nicht nur in der Union gibt es Kritik am "Sicherheitspaket" der Ampel. Auch bei SPD und Grünen ist mit Gegenstimmen zu rechnen. Kanzler Scholz mahnte zu Disziplin. Der Juso-Chef sieht darin einen Einschüchterungsversuch.
Der Innenausschuss des Bundestags befasst sich heute mit den Änderungen am sogenannten Sicherheitspaket der Bundesregierung. Die Koalitionsfraktionen hatten sich am Freitag auf Änderungen an den Gesetzentwürfen verständigt, die nun im Ausschuss abgestimmt werden sollen. Ende der Woche sollen dann Bundestag und Bundesrat das "Sicherheitspaket" verabschieden.
Nein-Stimmen in SPD-Fraktion
Doch dabei muss die Ampelkoalition mit zahlreichen Abweichlern in den eigenen Reihen rechnen: Bei einer Probeabstimmung der von Rolf Mützenich geführten SPD-Fraktion votierten etwa 20 bis 25 der 207 Abgeordneten dagegen, wie Teilnehmer danach am Dienstagabend berichteten. Die Mehrheit dürfte damit allein kaum gefährdet sein, allerdings gibt es auch beim grünen Koalitionspartner erhebliche Vorbehalte. Die Union als größte Oppositionspartei hat bereits angekündigt, geschlossen dagegen zu stimmen. Ihr gehen die Maßnahmen nicht weit genug.
Scholz ermahnt Kritiker
Die SPD versucht daher nun, die Reihen zu schließen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwies nach Teilnehmerangaben darauf, dass die Ampel eine Mehrheit brauche. Er ermahnte die eigenen Abgeordneten mit deutlichen Worten zur Zustimmung. In der Fraktionssitzung sagte er den Teilnehmern zufolge, dass er notfalls "von seinen Möglichkeiten Gebrauch machen" wird, wenn die eigene Mehrheit der Koalition in Gefahr gerät.
Das hatte Kritik unter anderem bei der SPD-Jugendorganisation hervorgerufen. Juso-Chef Philipp Türmer warf Scholz vor, seine Kritiker unter Druck zu setzen. "Ich hoffe, dass sich niemand, der gegen das Paket stimmen will, davon einschüchtern lässt und kann nur allen sagen: Lasst Euch nicht unterkriegen", sagte er dem Magazin Stern. Er rief dazu auf, gegen das Vorhaben zu stimmen.
Namentliche Abstimmung für mehr Zustimmung
Der designierte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wies die Interpretation zurück, wonach Scholz mit seiner Ankündigung in der Fraktion die Vertrauensfrage gemeint haben könnte - also seinen Verbleib im Amt mit der Zustimmung zum "Sicherheitspaket" verknüpft haben könnte. "Er hat nicht mit der Vertrauensfrage gedroht", sagte Miersch in der ARD-Talksendung Maischberger. Scholz habe eher an die Fraktionsregel erinnern wollen, dass man intern diskutiere und dann geschlossen abstimme für das, was die Mehrheit wolle.
Auch Miersch versuchte in der Sendung, seine eigene Fraktion zu mehr Zustimmung zu bewegen. Es sei eine "durchaus lebendige Diskussion" gewesen. Jetzt sei aber der "Appell an alle, dass die sogenannte Fraktionsdisziplin gilt". Das bedeutet, dass sich die Mitglieder einer Fraktion nach der Diskussion der Position der Parteispitze anschließen, auch wenn sie dem kritisch gegenüberstehen. Dies soll eine stabile Regierungsarbeit gewährleisten.
Zudem will die Ampelkoaltion offenbar noch mit einer anderen Maßnahme mehr Zustimmung erreichen. Sicherheitshalber wollen die Parteien im Plenum nun namentlich abstimmen lassen, wie das Portal "Table.Media" in seinem "Briefing" berichtet. Dies würde den Druck auf potenzielle Abweichler erhöhen, sich an die Fraktionsdisziplin zu halten.
Brantner hält Paket für "verfassungsfest"
Auch bei den Grünen gibt es erhebliche Vorbehalte gegenüber dem "Sicherheitspaket". Die Kandidatin für den Parteivorsitz, Franziska Brantner, warb in ihrer Partei für das Vorhaben. "Die jetzigen Schritte sind verfassungsfest", sagte Brantner den Zeitungen der "Mediengruppe Bayern". Es habe diesbezüglich "relevante Bedenken" gegeben. "Das Paket als Ganzes enthält starke Maßnahmen, die die Sicherheit verbessern", fuhr die Grünen-Politikerin fort.
Mit Blick auf die Unionsforderungen nach Zurückweisungen an den Grenzen sagte Brantner, es sei "entscheidend, dass wir uns an Europäisches Recht und Verfassung halten". Wenn sich Deutschland nicht an Recht und Gesetz halten würde, "dann kommt viel mehr ins Rutschen in Europa", sagte Brantner weiter.
Reaktion auf Mannheim und Solingen
Hintergrund des "Sicherheitspakets" sind die Ermordung eines Polizisten in Mannheim und der islamistische Anschlag von Solingen. Dort waren bei einem Messerangriff auf einem Stadtfest im August drei Menschen getötet und acht verletzt worden. Der tatverdächtige Syrer hätte 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte.
Mit dem Gesetzespaket würde ein allgemeines Verbot von Messern auf öffentlichen Veranstaltungen eingeführt. Ausreisepflichtigen Asylbewerbern sollen Leistungen gestrichen werden, wenn nach den sogenannten Dublin-Regeln ein anderes EU-Land für sie zuständig ist und einer Ausreise nichts entgegensteht. Bei Terror-Ermittlungen soll ein Abgleich biometrischer Daten im Internet möglich werden, wenn der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) dies von einem Gericht genehmigen lässt.