Pflegereport der AOK Viele Heimbewohner dauerhaft sediert
Bundesweit bekommen fast acht Prozent aller Pflegeheimbewohner dauerhaft Beruhigungs- oder Schlafmittel. Das zeigt der Pflegereport der AOK. Dabei gibt es große regionale Unterschiede.
Druckgeschwüre, problematische Arzneimittelgaben oder Krankenhauseinweisungen: Bei der Versorgung von Menschen in Pflegeheimen gibt es regional erhebliche Unterschiede. Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts des Bundesverbands der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK).
Heimbewohner lange sediert
Ein wichtiger Punkt ist die Verordnung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Dem Pflegereport zufolge lag der Anteil der Pflegebedürftigen in Heimen, die 2021 eine Dauerverordnung erhielten, im Durchschnitt bei 7,6 Prozent. Im Viertel der Regionen mit den besten Ergebnissen bei maximal 4,7 Prozent, während im Viertel der Regionen mit den schlechtesten Ergebnissen knapp 10 Prozent betroffen waren.
Besonders häufig ist die starke Verwendung von Beruhigungsmitteln den Daten zufolge in Nordrhein-Westfalen und im Saarland, wo 45 der 53 kreisfreien Städte und Landkreise auffällige Ergebnisse haben. Vorsichtiger werden die Mittel in fast ganz Ostdeutschland eingesetzt. Gründe für die unterschiedliche Anwendung von Medikamenten konnten die Wissenschaftler nicht nennen.
"Eigentlich sollten pflegebedürftige Menschen maximal vier Wochen mit den untersuchten Schlaf- und Beruhigungsmitteln behandelt werden", erklärte Antje Schwinger vom Wissenschaftlichen Institut der AOK. Bei Dauereinnahme drohten unter anderem Abhängigkeit, erhöhte Sturzgefahr und die Entstehung von Angstgefühlen, Depressionen und Aggressionen.
Unterschiede auch bei anderen Themen
Deutliche regionale Unterschiede zeigten sich auch bei weiteren analysierten Themen: So hatten bundesweit knapp 4 Prozent aller an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen 2021 einen Krankenhausaufenthalt wegen unzureichender Flüssigkeitszufuhr. In den 20 Kreisen mit den auffälligsten Werten waren es dagegen zwischen 7,5 und 12,5 Prozent. Auffällige Kreise finden sich in Bayern, Niedersachsen, im Süden von Rheinland-Pfalz sowie in NRW.
Für den Report wurden Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2021 aus zahlreichen Regionen untersucht. In die Untersuchung flossen laut AOK die Daten von 350.000 Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern ab 60 Jahren ein. Das entspricht rund der Hälfte der stationär versorgten Pflegebedürftigen in Deutschland. Die Ergebnisse wurden in einem neuen Qualitätsatlas Pflege veröffentlicht, der Entwicklungen in der Pflege kleinräumig sichtbar machen soll.
Weniger Menschen im Krankenhaus am Lebensende
Positive Entwicklungen sieht die Studie etwa bei vielfach unnötigen Krankenhaus-Aufenthalten von Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern am Lebensende. So sank der Anteil der Menschen, die in ihren letzten 30 Lebenstagen in einem Krankenhaus lagen, von bundesweit 47 Prozent 2017 auf 42 Prozent 2021. Auch bei diesem Thema waren große regionale Unterschiede zu verzeichnen. Spitzenreiter bei den Krankenhauseinweisungen am Lebensende ist das Saarland mit einem Anteil von 49,5 Prozent im Jahr 2021 (2017: 55 Prozent), am anderen Ende der Skala liegt Sachsen mit 36 Prozent (2017: 43 Prozent).
Aus Sicht des Deutschen Pflegerats zeigen die Daten erneut, dass eine bessere Zusammenarbeit zwischen Pflegenden, Ärzten und anderen Heilberufen notwendig ist. "Die Zusammenarbeit zwischen der Profession Pflege, den Ärzten und Kliniken muss auf Augenhöhe neu strukturiert werden", forderte Pflegerats-Präsidentin Christine Vogler.