CSU-Parteitag beginnt Das schwarz-grüne Dilemma
Schwarz-Grün ausgeschlossen? CSU-Chef Markus Söder wettert seit Wochen gegen eine mögliche Regierung mit den Grünen nach der Bundestagswahl. In der CDU sehen das einige anders.
Markus Söder ist klar, wenn es um die Grünen geht. Bei vielen Gelegenheiten formuliert der CSU-Chef für den Wähler unmissverständlich: "Mit mir geht Schwarz-Grün nicht, da kann sich ein jeder darauf verlassen." Das sagte Söder beispielsweise im ARD-Sommerinterview.
Und während er für seine CSU mehrfach die maximal formulierte Absage an die Grünen wiederholt, sieht das Bild in der Schwesterpartei CDU durchaus differenzierter aus.
Erst vor zwei Wochen haben Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen, Daniel Günther aus Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem Grünen Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg deutliche schwarz-grüne Signale gesendet. In allen drei Bundesländern arbeiten die Koalitionen geräuschlos miteinander. Im Bundesrat haben die Ministerpräsidenten ausgerechnet beim Thema Migration eine gemeinsame Initiative eingebracht.
Eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland hatte zudem ergeben, dass zwölf von 15 CDU-Landesverbänden sich dafür aussprechen, zumindest gesprächsfähig mit den Grünen zu bleiben.
Taktik auf beiden Seiten?
Und auch Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz will - bei aller Kritik an den Grünen - die Tür nicht völlig zuschlagen. Seine verbale Hilfskonstruktion der letzten Wochen: Er schließt nur zum "derzeitigen Zeitpunkt" eine Koalition mit den Grünen aus. Nach dem Motto, was nicht ist, kann ja noch werden.
Taktisch hofft Merz auf hessische Verhältnisse nach der Bundestagswahl. Denn dort konnte Boris Rhein als CDU-Wahlsieger zwischen SPD und Grünen als Koalitionspartner wählen. Seine Verhandlungsposition war dadurch ungleich besser.
Ex-CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet steht zwar nicht mehr in der ersten Reihe. Er kennt aber die taktischen Spielchen von CSU-Chef Markus Söder. Die Strategie bei einem Wahlsieg - auf jeden Fall eine Koalition mit der SPD einzugehen und eine Zusammenarbeit mit den Grünen kategorisch auszuschließen - ist für Laschet nicht sehr überzeugend: "Wenn man heute schon sagt, die schon mal auf gar keinen Fall, AfD auch auf gar keinen Fall - was richtig ist - BSW auf Bundesebenen auch auf gar keinen Fall, dann bleibt ja am Ende nur die SPD und sich auf die festzulegen, halte ich nicht für besonders klug."
Ähnlich sieht das der Politikwissenschaftler Thomas Biebricher von der Uni Frankfurt. Er befürchtet "auf absehbare Zeit eher Koalitionen, die das sind, was man früher lagerübergreifend genannt hätte". Und ob es beispielsweise für die frühere Große Koalition von Union und SPD allein noch mal reicht, um zu regieren, ist ein Jahr vor der Bundestagswahl längst nicht ausgemacht.
Die ungeliebten Grünen
Fragt man verschiedene Landesvorsitzende, dann sind die Grünen für die Unionsanhänger derzeit ein absolutes No-Go. Dazu beigetragen hat seit Habecks vermeintlichen "Heiz-Hammer" aber auch die Union und besonders die CSU selbst mit ständigem Grünen-Bashing. Grundtenor: Die Partei will nur "bevormunden" und ist an allem Möglichen schuld. Für CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sind die Grünen "eine linke, eine zutiefst ideologische Partei". Dass das CSU-regierte Bayern über die sogenannte "Südschiene" mit dem grün-regierten Baden-Württemberg zusammenarbeitet und gemeinsame Interessen vertritt, wird dabei gern vergessen.
Mit Blick auf Bayern und die CSU fühlt sich Markus Söder zudem von der Bundesregierung regelmäßig benachteiligt.
Insbesondere an Wirtschaftsminister Robert Habeck arbeitet sich Söder deshalb ab. Der hatte ihm auf offener Bühne - auch in Bayern - mehrfach argumentativ Paroli geboten. Söders Retourkutsche: Pünktlich zum CSU-Parteitag fordert er erneut Habecks sofortigen Rücktritt.
Strategische Gründe
Die besonders schrillen Töne der CSU haben einen weiteren Grund: Eine Öffnung der Union hin zu den Grünen könnte konservative Anhänger abschrecken. Denn Hubert Aiwanger und die Freien-Wähler könnten beim Grünen-Bashing in Bayern immer noch einen Drauf setzen. Kaum verwunderlich war deshalb, dass der CSU-Vize und Europapolitiker Manfred Weber von den Parteifreunden brüsk eingebremst wurde, als er Schwarz-Grün zumindest als Option offenlassen wollte. "Manfred Weber vertritt eine Mindermeinung", sagte CSU-Landesgruppenchef Dobrindt dazu.
Sich an den Grünen abzuarbeiten, um die Unionswähler zu mobilisieren - das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Biebricher. Denn je näher die Bundestagswahlen rücken, desto mehr wollen die Wähler auch mögliche Machtoptionen wissen.
Er vermutet bei der CSU deshalb noch eine andere Strategie: "Gleichzeitig fragt man sich natürlich, ob Markus Söder nicht auch ein Stück weit etwas im Schilde führt, um im Binnenverhältnis zwischen CSU und CDU die Preise relativ hochzutreiben." Das heißt Söder könnte - wenn nötig - einlenken und im Gegenzug bei einem Wahlsieg beispielsweise ein Superministerium für die CSU heraus handeln. Der scharfe Anti-Grünen-Kurs aus Bayern dürfte also erstmal noch weitergehen.