Grünen-Kandidat Banaszak "Weg von den Bullshit-Debatten der Union"
Schwarz-Grün im Bund? Niemals, sagt CSU-Chef Söder. Beim womöglich neuen Grünen-Chef stößt diese Haltung auf Kopfschütteln. Zugleich kritisierte Banaszak so manche Themenwahl der Union. Der FDP-Chef orakelte unterdessen erneut über ein Ampel-Aus.
Es ist zwar noch ein Jahr bis zum regulärem Termin für die Bundestagswahl, aber sollte die Ampel doch eher platzen, will man vorbereitet sein. Die oppositionelle Union klingt bereits seit Wochen schwer nach Wahlkampf, und auch bei den mitregierenden Grünen ist nach dem Rücktritt der Parteispitze nicht nur Stühlerücken sondern auch Profilschärfung angesagt.
"Das ist der Raum für uns Grüne"
Der Kandidat für den Grünen-Vorsitz, Felix Banaszak, will seine Partei als Problemlöser-Partei positionieren. "Wenn der Oppositionsführer die Probleme theatralisch beschreibt und der Bundeskanzler sie in aller Ruhe bestaunt, braucht es auch jemanden, der sie löst", sagte Banaszak den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das ist der Raum für uns Grüne."
Es gebe eine große Sehnsucht danach, dass eine politische Partei glaubwürdig den Eindruck vermittele, dass sie "das Ganze über das Kleine stellt - und zugleich für die Werte eintritt, die sie hat: Solidarität, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit", fuhr Banaszak fort. "Wir müssen weg von den Bullshit-Debatten der Union, ob Grillen weiter erlaubt sein soll oder nicht - als gäbe es da zwei Meinungen. Für so einen Quatsch stehe ich nicht zur Verfügung."
Banaszak, Brantner - und Habeck
Banaszak, der dem linken Parteiflügel zugerechnet wird, will auf dem Parteitag Mitte November zusammen mit Franziska Brantner als neue Grünen-Vorsitzende gewählt werden. Brantner ist parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, also bei Robert Habeck. Sie gilt als dessen Vertraute. Habeck wiederum dürfte als Spitzenkandidat oder Kanzlerkandidat für die Partei in den Bundestagswahlkampf gehen. Banaszak hatte als Co-Landeschef in Nordrhein-Westfalen 2022 die Verhandlungen zur Bildung der schwarz-grünen Landesregierung mitgestaltet.
Also Kurs Schwarz-Grün im Bund? Nicht, wenn es nach CSU-Chef Markus Söder geht. Der hatte eine Koalition mit den Grünen auf Bundesebene klar ausgeschlossen, der designierte Kanzlerkandidat Friedrich Merz von der CDU klang zuletzt bei aller Grünen-Abneigung etwas weniger kategorisch.
"Dann können wir einpacken in diesem Land"
Der womögliche neue Grünen-Chef Banaszak kritisierte die Position der Union scharf: "Wenn das der Geist ist, können wir einpacken in diesem Land. Parteien im demokratischen Spektrum müssen miteinander koalitionsfähig sein, so anstrengend die Gesprächspartner sein mögen", sagte er in Richtung Bayern und CSU-Chef Söder. "Wer die Grünen verteufelt, während Faschisten und Putin-Fans auf dem Vormarsch sind, sollte Politik anderen überlassen."
Ein Bündnis mit der Union nach der Bundestagswahl dürfte für die Grünen eine realistische und einigermaßen attraktive Machtoption sein. Die Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein stehen hier als erfolgreiche Blaupause - und werben auch für dieses Modell.
SPD sieht Panik bei den Grünen
Bei der Kanzlerpartei sieht man das alles mit einem gewissen Argwohn - und zugleich demonstrativer Gelassenheit. Die Grünen richteten "alles auf Robert Habeck aus und bieten sich stark der CDU an", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil der Rheinischen Post. Dies geschehe trotz oder vielleicht auch gerade wegen der permanenten Ablehnung einer Zusammenarbeit durch CSU-Chef Söder. "Man nutzt jetzt etwas panisch alle Hebel in Richtung Parteitag und Wahlkampf, um Schwarz-Grün als Wunschkonstellation zu manifestieren", so der SPD-Vorsitzende über die strategische Neuausrichtung des Noch-Koalitionspartners.
FDP-Chef Lindner schließt Ampel-Aus nicht aus
Absetzbewegungen kamen auch erneut vom kleinsten Regierungspartner, der FDP. Parteichef und Finanzminister Christian Lindner schloss ein vorzeitiges Scheitern der Ampelkoalition weiterhin nicht aus. "Stabilität für Deutschland ist von überragender Wichtigkeit. Aber irgendwann kann eine Regierung auch selbst Teil des Problems sein", sagte Lindner im Podcast des Nachrichtenportals Table.Briefings. "Eine Regierung muss sich immer die Frage stellen, ob sie den Anforderungen der Zeit genügt." Ähnlich hatte sich der FDP-Chef schon nach dem Desaster seiner Partei bei den jüngsten Landtagswahlen geäußert.
Einen Grund zum Rücktritt an der Parteispitze sieht Lindner nicht. Die schlechten Umfragewerte für die FDP hätten mit der Ampelkoalition zu tun, nicht mit eigenen Fehlern. "Unsere Wähler sagen mir: Ihr macht zu viel Rot-Grün."
SPD-Chefin Esken hat wenig Hoffnung
Seit Monaten wirken die Ampelpartner zunehmend genervt von sich selbst, der Dauerstreit ist zermürbend, das Ansehen der Drei-Parteien-Regierung im Keller. Hoffnung auf Besserung hat man offenbar auch bei der Kanzlerpartei nicht mehr - und zeigt mit dem Finger Richtung Lindner-Partei. Die FDP provoziere, weil sie "verzweifelt" versuche, sich zu profilieren, sagte SPD-Chefin Saskia Esken kürzlich der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Ich habe wenig Hoffnung, dass sich daran noch etwas ändert. Appelle scheinen nicht zu greifen", ergänzte sie.
Die SPD will übrigens mit Kanzler Olaf Scholz in den Wahlkampf gehen. "Olaf Scholz ist unser Kanzler, und er ist unser Kanzlerkandidat, mit dem wir in die Wahl gehen. Da gibt es in der Partei eine große Geschlossenheit", so Esken.